Comicschau
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Ausschnitt/Zitat des Comics

R.I.P., Pat McGreal

Nachruf auf einen der prägendsten Autoren des Lustigen Taschenbuchs


Vor Kurzem erreichte uns die traurige Nachricht, dass Patrick “Pat” McGreal am 30. Mai gestorben ist. Der 1953 geborene Autor war für das Lustige Taschenbuch sozusagen Egmonts Pendant zu Carlo Panaro – ein ungemein fleißiger Vielschreiber. Seit 1996 war Pat McGreal so gut wie immer als Autorenteam mit seiner Frau Carol aktiv. Auch wenn dabei längst nicht alles Gold war: Über die Jahre gab es immer wieder mal ein Highlight. Die letzte zu Pats Lebzeiten im LTB veröffentlichte Geschichte ist ErzfEInde! aus LTB 536. Im aktuellen Micky-Maus-Magazin sind sogar gleich zwei Comics des Paares enthalten: “Ein krummes Ding im All” und der Nachdruck “Geburtstagsschock“.

Hier findet ihr ein Interview von 2011. Und hier haben sich die Disney-Autoren Rob Klein und David Gerstein nach der traurigen Nachricht geäußert – empfehlenswert für alle, die einen Eindruck bekommen wollen, was Pat McGreal im direkten Umgang für ein Mensch war.

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(© Egmont Ehapa)

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um auf einige meiner Lieblingsgeschichten hinzuweisen. Da mir die LTB-Comics deutlich mehr im Gedächtnis präsent sind als die Heftcomics, werde ich mich hier auf Dreireiher beschränken – für Top-Geschichten im größeren Format einfach den Inducks konsultieren.


Sehr typisch für das Werk der McGreals war die starke, oft geradezu “normale” Präsenz von übersinnlichen Elementen: Elfen, Kobolde, Geister, mythische Sagenwesen, Zauberer, Feen (und natürlich gerne mal eine Hexe namens Gundel)…

Ein weiteres wiederkehrendes Element ist eine gewisse interne Kontinuität. Einige von McGreals Storys sind Fortsetzungen zu früheren Geschichten (“Eiskalt erwischt” / “Unter Schneemännern” oder “Reise ins Ich” / “Der etwas andere Geburtstag”), und mit Porto Gordo hat man sogar einen Ort geschaffen, der immer mal wieder eingebaut wird. Schließlich haben die McGreals auch mehrfach Ideen von LTB-Chefredakteur Peter Höpfner umgesetzt – der Zweiteiler “Reif für die Insel” (Teil 1 als Rahmengeschichte, Teil 2 als reguläre Story), die “Farben”-Trilogie und “Die Ducks auf Kreuzfahrt”.

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(© Egmont Ehapa)

Ähnlich wie bei einigen anderen Egmont-Autoren zeigen auch hier die im Inducks angegebenen englischen Originaltitel einen Humor, der in den Übersetzungen nicht immer erkennbar ist. Beispiele sind “Shadow of a Drought“, “Call Of The Mild” oder das eigentlich nicht wirklich Disney-kompatible Wortspiel “The Master Baiter”. Und die Geschichte “Frisbee aus dem All” heißt im Original “Saucerful of Secrets”, wie das zweite Pink-Floyd-Album!


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Der Schatz der Inselgötter (LTB 216): Ein Frühwerk von Pat McGreal und von dem damals noch durchgängig sympathisch zeichnenden Flemming Andersen zeichnerisch herrlich umgesetzt. Die Fabel rund um auseinanderfallende Schiffe, Wachdrachen und Vulkane vergisst man nicht so schnell. Mit Abenteuer auf Hawaii sollte es in LTB 271 noch eine Fortsetzung geben.

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Aus “Der Schatz der Inselgötter”

Der Schatz der Geisterberge (LTB 244): Hier tobten sich McGreal und Andersen mit einer komplexen Geistergeschichte rund um eine alte Goldmine aus. Dagobert ist hier unterwegs mit dem bürokratischen Stefan Stenzel, eine von vielen Schöpfungen des Autors, die einen zweiten Auftritt feiern durfte.

Der Regenmacher (LTB 245): Eine wilde, geradezu bewusstseinserweiterte Geschichte mit Donald als Kokopello, der für die Indios eine Art Mittler zwischen der Welt der Menschen und der Götter war. Großartig!


Käptn Wirrbarts Münze (LTB 287): Noch ein Ergebnis der Zusammenarbeit mit Flemming Andersen und eine geradezu klassische, actiongeladene Geschichte rund um Dagobert und Gundel, die womöglich einen perfekten Ersatz für Dagoberts Nummer Eins gefunden hat.(Auffällig hier, dass in ein und derselben Rezension diese Geschichte gelobt und die vom selben Autorenduo geschrieben Micky-Geschichte heruntergeputzt wird. Aber gut, liegt wohl v.a. an den Zeichnungen.)

Das Feld der Elfen (LTB 288): Von Massimo Fecchi umgesetzte “magische” Geschichte rund um Elfen in England, die Donald und Daisy verkleinern, weil sie Donald für einen Umweltzerstörer halten. Die Geschichte liefert auch eine schöne Interpretation des “Kornkreise”-Motivs.

Der mächtige Samurai / Die Rückkehr des Irriwadschi (LTB 293): Noch eine sehr mythenlastige Geschichte, diesmal in Japan spielend. Auch hier wird nicht an Drama gespart.


Der Glücksstern (LTB 293): Erneut waren in einem Band gleich zwei Geschichten desselben Autorenpaares, und erneut kann die zweite zeichnerisch nicht mit der ersten mithalten. Doch jenseits von Xavis etwas fahlen Zeichnungen ist der Comic dramatisch und tiefsinnig – ein gutes Beispiel dafür, dass die McGreals besonders gut mit Gustav Gans umgehen konnten.

Spiegelverkehrte Doppelgänger (LTB 320): Eine der wenigen Egmont-Geschichten mit Micky im LTB, die nicht von Byron Erickson stammen und trotzdem lesbar sind. Auch hierzu gab es noch eine (etwas schwächere) Fortsetzung. Wie schon bei “Reingelegt!” sind hier die etwas leeren Zeichnungen von Joaquín ein Negativpunkt.

Der Wert des Geldes (LTB 324): Wieder eine wilde Geschichte mit Flemming Andersen als Zeichner. Dagoberts Geldspeicher löst sich vor dessen Augen in nichts auf und wird zur gleichen Zeit von Archäologen ausgegraben – wohlgemerkt leer. Die Antwort auf die Fragen scheint wohl eine Zeitreise zu sein, aber da geht noch einiges schief.


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Das goldene Vlies (LTB 325): Und noch eine Maus-Geschichte, wieder von Joaquín umgesetzt (dessen Zeichnungen zwar oftmals leer wirken und einige eher unschön aggressive Gesichtsausdrücke transportieren, handwerklich aber mehr Qualität aufweisen als jene von Maximino oder Xavi). Mit einem guten Antagonisten und historischem Hintergrund sicher eine der besten Geschichten in einer Ära, in der Egmonts Maus-Comics im LTB generell nicht wirklich Anlass zur Freude waren (im nächsten Band war mit “Unwiderstehliche Gaumenfreuden” ein echter Tiefpunkt enthalten).

Der verhexte Glückspilz (LTB 321): Rekordverdächtige vier Mal in meiner Sammlung! Der Comic wurde nämlich nicht nur im (leicht vereinfachten) englischen Original im ersten LTB English Edition gedruckt, sondern als Teaser für diese Reihe auch als Bonus zu LTB 391 hinzugefügt, während die deutsche Version in Enten-Edition 60 nachgedruckt wurde. Im Inducks ist das hier die am höchsten bewertete dreireihige Geschichte von Pat & Carol McGreal. Besonders wichtig war diese Geschichte für die sympathische Sarah Jolley (um die es hier bald wieder gehen wird), welche von der Romanze zwischen Gustav Gans und Gundel Gaukeley so beeindruckt war, dass sie eine ganze Reihe an Fortsetzungen schrieb und zeichnete, welche peu à peu im Bertel-Express erscheinen (ganz frisch auf Deutsch übersetzt “Ein Zeichen für Glück” in BE 41).

Das Gespenst von Ganderville (LTB 398): Geschichte in Schottland rund um echte und falsche Gespenster (angelehnt an Oscar Wildes “Gespenst von Canterville”), die sich schön viel Zeit nimmt und ebenso schön von Massimo Fecchi umgesetzt wurde.


Mit Charme & Schnauze (LTB 475): Eine wunderbare Hommage an einen anderen Comic-Klassiker.

Bemerkenswert war außerdem die (aus dem MM-M stammende) Crossover-Serie “Die Insel der Mythen”, welche in Micky-Maus-Edition 6 leider nicht komplett nachgedruckt wurde (ich habe auf Nachfrage noch eine kopierte Ausgabe der vergessenen Pilotepisode bekommen).

Was bleibt, ist ein wahrlich umfangreiches Werk, das sicher auch in Zukunft oft nachgedruckt wird. Ob Carol McGreal ihre Arbeit für Egmont alleine fortsetzen will, wird die Zeit zeigen. Jetzt wünschen wir ihr und anderen Familienangehörigen nur, dass sie diesen Verlust gut überstehen.


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(© Egmont Ehapa)

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Spectaculus

Ich lese Comics, seit ich denken kann - oder vielleicht sogar noch länger.
Ansonsten bin ich ein großer Musikfan und mache mir ständig Gedanken über alles und jeden.

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