21.05.2019, 6,50 €, 250 S.
Das Cover ist nicht mein Fall. Durch den Motivausschnitt ist Donald ja kaum noch erkennbar, und man sieht auch jeden Wackler im Tuschestrich (wie wäre es mit digital nachziehen gewesen?!). Ehrlich gesagt, hätte mir das Motiv der beigelegten Postkarte besser als Cover gefallen… schön nur die Glanzfolie, ich mag Glitzercovers.
Der etwas andere Geburtstag
*grmpf*
Ächz, stöhn, grummel, grumpf. Warum dürfen die McGreals in letzter Zeit so viele Geburtstagsgeschichten schreiben? Kaum eine davon hatte Hand und Fuß, und so ist es auch mit dieser. Eigentlich ist es nur eine arg bemühte Fortsetzung von “Reise ins Ich” (LTB 416). Das war damals eine innovative Geschichte, bei der besonders Zeichner Massimo Fecchi glänzen durfte und verschiedene Zeichenstile einbringen konnte. Zwar habe ich es öfters gelobt, dass Pat & Carol McGreal einen Sinn für Kontinuität haben und ihre eigenen Geschichten gerne mal fortsetzen. Aber hier ist schon mal die Konstruktion sehr wackelig (wie der Memoflott bei der Fernsehsendung landet, ist schon ziemlich haarsträubend, und die “Farben”-Trilogie hatte eine ähnliche Wendung). Einige der aufgeschlagenen Erinnerungen sind, wie in der ersten Memoflott-Geschichte, klar an Klassiker von Carl Barks angelehnt, andere aber eher emotionale Entgleisungen, die man so v.a. von Egmont kennt. Apropos: Was bitte erlauben sich die Eheleute McGreal eigentlich, mit Donalds Freunden und Verwandten so umzugehen? Seit wann trampeln die denn dermaßen gleichgültig auf Donalds Gefühlen herum? Unglaublich und völlig “out-of-character”!
Der Epilog (bzw. die Überleitung ins nächste LTB) ist zwar recht nett gemacht und auch logisch, aber auf der vorletzten Seite findet sich ein richtiger Affront gegen alle Fans der italienischen Disney-Geschichte. Ich sage wenig dazu. Einfach anschauen, den Kopf schütteln und sich blau und grün ärgern. Unfassbar.
Schlussendlich enttäuscht auch Giorgio Cavazzano. Seine Umsetzungen dänischer Geschichten waren immer von wechselvoller Qualität. Nach einer grandiosen Leistung in LTB 516 scheint er hier genauso wenig von der Handlung gehalten zu haben wie ich, denn seine Zeichnungen wirken blass, uninspiriert und teilweise sogar mit kleinen Zeichenfehlern. Anders als Fecchi scheint er auch wenig Spaß daran gehabt zu haben, Barks’ Zeichenstil bei den Erinnerungen zu imitieren. MITTELMÄßIG-
DoppelDuck (*): Notlösung
Einseiter sind immer Notlösungen. *ähem* Die Reducktion scheint es mit DoppelDuck wirklich ernst zu meinen – neben fünf Kurzgeschichten, von denen in LTB 521 die dritte erscheinen wird, sind eben auch zwei Einseiter “abzuarbeiten”, bevor es mit “Reboot” weiter gehen kann. Das hier ist der erste und er ist zumindest für einen Schmunzler gut.
(Der zweite Einseiter hätte übrigens auch wunderbar in LTB 521 gepasst. Aber nein…)
Zauberhafte Auszeit
Von den vier bislang auf Deutsch veröffentlichten Comics der Serie “Topolino chë risate” (die keinen deutschen Titel hat), bei der italienische Künstler moderne Comic-Remakes von alten Disney-Trickfilmen angefertigt haben, ist das hier der mit Abstand lustigste. Es ist außerdem die erste von insgesamt vier Crossover-Geschichten in diesem Band – in drei davon tritt das klassische Trickfilm-Trio Donald/Micky/Goofy auf. Für diesem Kniff der Reducktion kann es nur Lob geben.
Jedenfalls wollen Donald, Micky und Goofy ein Wochenende in einer Hütte in den Bergen verbringen. Allerdings geschehen bald seltsame Dinge. Sehr seltsame Dinge. Extrem seltsame Dinge.
Man könnte meinen, nach 50 Jahren LTB müsste doch mal jede Idee ausprobiert sein. Obwohl ein paar Szenen tatsächlich an andere Faccini-Geschichten erinnern (z.B. den “magischen Gumburumbu” aus LTB 490 oder die Zusammenarbeiten mit Casty), bin ich aus dem Staunen nicht herausgekommen, denn hier sitzt praktisch jeder Gag perfekt. Und diesmal kann ich sogar Faccinis Zeichnungen etwas abgewinnen, denn sie passen einfach. (Gerade bei Goofy stimmen die Proportionen oft nicht so richtig, aber irgendwie stört es mich diesmal nicht.)
Nach einer sehr schwachen Auftaktgeschichte und einem Einseiter der eigentliche Anfang der Feierlichkeiten: TOP!
Ein ganz exklusives Geschenk
Massimo De Vita hat viele tolle Geschichten mit Donald gezeichnet, nicht nur in seiner Rolle als Phantomias. Dennoch wollte er irgendwann keine Ducks mehr zeichnen und hat sich seitdem ausschließlich auf Maus-Geschichten konzentriert – mit ein Grund, weshalb seine Auftritte im LTB mittlerweile sehr rar geworden sind. Aber zu Donalds 80. Geburtstag vor fünf Jahren ließ er sich breitschlagen, zumindest ein paar Crossover-Einseiter zusammen mit dem ebenso altgedienten Autoren Massimo Marconi zu produzieren.
Inhaltlich ist der Einseiter nicht mehr als nett, aber alleine die Tatsache, mal wieder einen von De Vita gezeichneten Donald sehen zu dürfen, ist Grund genug, ihn abzudrucken.
Das Ärgerliche: In Topolino 3054 sind mehrere weitere Geburtstags-Einseiter desselben Teams erschienen, die man auch hätte berücksichtigen können. Besonders um den Einseiter, in dem Supergoof Phantomias gratuliert, ist es schade…
Der strahlende Schatten
Apropos Phantomias: Hier mal wieder eine sehr aktuelle italienische Geschichte von Blasco Pisapia…
Während Dussel sich mit UFO-Freunden trifft, ist Daniel Düsentrieb bei einem Erfinderkongress. Als ein Außerirdischer gesichtet wird, will Phantomias den Berichten zunächst nicht glauben. Dann steht er dem Monster selbst gegenüber. Es leuchtet, saugt Energie ab und ist scheinbar unangreifbar…
Nicht schlecht. Besonders die ironischen Dialoge gefallen mir, ebenso Pisapias lebendige Zeichnungen. Dass Düsentrieb am Ende weder für den Schaden haftbar gemacht wird noch den tatsächlichen Hergang der Katastrophe versteht, will mir aber nicht so zusagen. GUT+
Rasante Radtour
Donald, Dussel und Gustav als Trio unterwegs. Auf einem Tandem. Durch Holland. Muss man nicht erklären. Die Geschichte hat schon ein paar witzige Szenen, die Verwechslungsgeschichte ist aber recht vorhersehbar. Und mit dem Schluss will ich mich gar nicht anfreunden. Immerhin war die ganze Reise Gustavs Idee! Andere Geschichten wie “Gustav Gans’ Grandhotel” oder einige aus Enten-Edition 57 haben für meinen Geschmack mehr aus der Konstellation Donald/Dussel/Gustav gemacht und gezeigt, dass die drei Vettern durchaus miteinander klar kommen können.
Nicolino Picones Zeichnungen erinnern an die von Stefano Intini, wirken aber noch deutlich unbeholfener (Gustav hat Beine wie Baumstämme). Alleine diese offenen Schnäbel… überhaupt nicht mein Fall. MITTELMÄSSIG+
Auf Härte und Niete geprüft
Es gibt kaum einen größeren Kontrast: Nach Picones verzerrtem Stil die klassischen, immer etwas steif wirkenden Zeichnungen von Giulio Chierchini, den ich aber immer recht gut fand und der 2002 auch noch etwas sauberer gezeichnet hat als heute – was ich ihm angesichts seines Alters aber kaum vorwerfen kann! Immerhin feiert der Altmeister einen Tag nach VÖ-Termin des LTBs seinen 91. Geburtstag. Zufall oder ein kleines Geburtstagsgeschenk?
Ähnlich legendär ist im Übrigen auch Autor Carlo Chendi, den man vorwiegend von seinen Zusammenarbeiten mit Luciano Bottaro kennen dürfte und der bereits in den 1950ern mit Carl Barks korrespondierte (als dessen Name noch kaum jemandem ein Begriff war). Und die Geschichte hat auch etwas Klassisches: Dagobert will sich ein Beispiel an Klaas Klever nehmen und einen Leibwächter anschaffen. Da die Bewerber aber zu viel Geld wollen, will er es stattdessen mit einem Roboter versuchen. (Der erinnert übrigens entfernt an die Rüstung von Fenton Crackshell alias Dingsbums Duck alias Krach-Bumm-Ente alias Roboduck.)
Um den Roboter zu testen, heuert Dagobert nun Donald an und verspricht ihm eine Belohnung. Donald kommt auf keinen grünen Zweig, seine Neffen dagegen haben eine Idee…
Man fühlt sich in eine andere Ära zurückversetzt. Chierchinis Zeichnungen mit ihren typischen Bewegungslinien und Schraffuren sind einfach mit nichts anderem vergleichbar, und alleine der abstrus aussehende Roboter ist eine Augenweide. Auch das moralisch reichlich fragwürdige Verhalten von sowohl Dagobert als auch Donald reicht in die Zeit der frühen LTBs zurück. Aber viele Gags zünden einfach, und die Lösung des Problems ist sehr pfiffig. Vor einer Topwertung schrecke ich zurück, aber sicher GUT+
Die Reise um die Welt in 80 Klicks
Hier wieder das klassische Trio in Aktion. Goofy entdeckt auf seinem Dachboden ein E-Gook, eine Art Vorläufer des E-Books. Nur dass dieses Teil Donald und Micky in die Geschichte “In 80 Tagen um die Welt” hineinversetzt und Goofy seinen Freunden nur durch Weiterblättern aus diversen Situationen helfen kann…
Albern, aber zumindest kurzweilig. Die Grundsituation erinnert zwar ein wenig an die Raubbücher aus “Micky X”, aber sie ist hier längst nicht so düster umgesetzt. Marco Mazzarello wird nie einer meiner Lieblingszeichner sein, seine Bilder werden hier aber durch eine ungewöhnliche Kolorierung aufgewertet. (Das kann allerdings über den abstrusen Zeichenfehler auf S. 172 oben links nicht hinwegtäuschen…) GUT
Um eine Erfahrung reicher
Irgendwie merkwürdig, diese Geschichte. Dabei ist die Ausgangslage recht unverbraucht: Donald will seine Fähigkeiten als Begleiter von Schatzsuchen zu Geld machen, was ihm sein Onkel Dagobert übelnimmt. Zwei Gestalten namens Karl und Horst Pital (!) melden sich auf Donalds Anzeige und wollen einen Schatz auf einer Insel finden, den Horst dort gefunden hat, an dessen genaue Lage er sich aber nicht mehr erinnern kann. Im Laufe der Zeit werden die Beiden Donald immer suspekter.
Dann kommt sie, die unerwartete Wendung. Zwar ist sie nicht ganz so unpassend wie bei “Von Pelikanen und Preziosen”, trotzdem ist man ein wenig enttäuscht. Immerhin sind Valerio Helds Zeichnungen ganz nett und verbreiten klassisches Flair. MITTELMÄßIG+
Die Kamele des Königs
Von der ersten Seite an ganz klar “ein Cimino” (wobei Zeichner Luciano Gatto auch sofort an seiner Signatur, der Katze – italienisch “gatto” – erkennbar ist). Rodolfo Cimino war ein unglaublich produktiver Autor, sodass wir wohl noch lange Geschichten von ihm lesen werden. Alleine zwischen 1987 und 1994 wurden ca. 35 Storys von ihm in Italien veröffentlicht, die bei uns noch nicht erschienen sind… diese hier ist sicher nicht die schlechteste, auch wenn sie aus seiner “späten Phase” stammt (und gerade um die Jahrtausendwende das LTB von ihm geradezu überflutet wurde, die Storys waren teilweise deutlich schlechter).
Hier geht es um Salzkamele. Figuren, die angeblich ein asiatischer Herrscher namens Steppolione anfertigen ließ, weil sie ihm gefielen. Dagobert merkt schnell, dass da mehr dahinter ist. Es beginnt eine Schatzsuche mit mehr Irrungen und Wirrungen als gewohnt…
Bemerkenswert ist hier so einiges: Donald ist außergewöhnlich selbstbewusst, Dagobert schläft während eines Vortrags ein (!) und das für die Schatzsuche gedachte Spezialfahrzeug wird nach kurzer Zeit wieder stillgelegt, weil Dagobert (!) das Schaukeln nicht erträgt. (Immerhin darf es in der Cimino-Hommage “Fahrendes Fiasko” aus LTB 502, ebenfalls von Luciano Gatto gezeichnet, noch mal kurz auftauchen.) Auch der Tunnel ist ein schöner Einfall. Insgesamt sicher eine der besten und inspiriertesten Cimino-Geschichten, die ich in letzter Zeit lesen durfte. Einzig, was die tatsächliche Natur der Kamele angeht, will ich Zweifel anmelden: Das ist eine etwas unrealistische Erklärung. Davon mal abgesehen TOP-
Destino – Zwischen Traum und Fantasie
Ganz speziell dann der Abschluss. Erneut treffen wir Micky, Donald und Goofy (dazu noch Kater Karlo), diesmal aber von Giorgio Cavazzano stilecht im frühen Gottfredson-Stil gezeichnet (ähnlich wie schon vor Jahren bei “Wie in alten Zeiten…”). Alleine wie Cavazzano den frühen Knopfhosen-Micky zeichnet, ist einfach nur zum Dahinschmelzen und mit der dänischen Kurzhosenmaus gar nicht zu vergleichen!
Noch viel außergewöhnlicher ist aber die Story, denn unsere drei Comichelden sind hier tatsächlich gemeinsam mit ihrem Schöpfer Walt Disney (!) unterwegs und treffen den Meister des Surrealismus, Salvador Dalí! (Das Treffen gab es übrigens wirklich; Micky, Donald und Goofy waren aber wohl eher nicht dabei…) Als unsere drei Helden ins Studio eindringen, landen sie auf einmal mitten in Dalís surrealer Welt…
Roberto Gagnor ist mittlerweile als Kunstexperte bekannt, zu diesem Zeitpunkt war die Geschichte aber “nur” eine einmalige Sache, die Kunstgeschichten-Serie entwickelte er erst später. Aber die Ähnlichkeiten sind offensichtlich. Wie Gagnor hier Disney-Stil und Avantgarde aufeinandertreffen lässt, hat schon Charme. Ebenso der “deus ex machina” 🙂
Wie schon in LTB 508 ist der Unterschied zwischen Giorgio Cavazzanos Zeichnungen für Egmont und Panini (bzw. damals noch Disney Italia) beträchtlich. Wo er bei der Eröffnungsstory kaum mehr als “Dienst nach Vorschrift” abliefert, kann er sich hier richtig austoben. Eine wunderbar zarte, dennoch ausdrucksstarke Kolorierung verstärkt den Lesegenuss noch beträchtlich. Trotz der Kürze TOP
Fazit:
Man kann nicht behaupten, dass die Reducktion einfach ein weiteres LTB zusammengestellt hat, denn Band 520 bricht mehrfach aus gewohnten Schemata aus. Auffällig neben den vielen Crossovers (Micky bekommt hier kurioserweise mehr Raum als z.B. in LTB 519, nicht dass es mich stören würde!): Die Mehrzahl der Geschichten kommt eher modern daher, aber mit Chendi/Chierchini und Cimino/Gatto (und vielleicht auch Panaro/Held) wird auch der klassische Stil repräsentiert. Die Mischung ist für meinen Geschmack gelungen. Was aber nicht ganz stimmt, ist das Verhältnis zwischen langen und kurzen Geschichten, denn die längeren fehlen leider mal wieder deutlich. Nicht in allen Geschichten kommt Donald so gut weg wie in der Cimino’schen Schatzsuche. Dennoch würde ich von einem unterm Strich gelungenen Jubiläumsband sprechen, an LTB 513 reicht er aber nicht heran.