13.08.2019, 6,50 €, 250 S.
Das Cover macht schon was her, finde ich… auch wenn ich persönlich gerne mehr Szenen auf LTB-Covers hätte und weniger “Posen”.
Die Ducks auf Kreuzfahrt
Als Peter “pet” Höpfner eine “Traumschiff”-Parodie ankündigte, waren viele Comicleser befremdet. Alleine aufgrund der Zielgruppe. Das Endergebnis ist aber deutlich mehr Disney-Standard als echte Traumschiff-Adaption. Zwei Charaktere aus der TV-Serie werden hier parodiert, aber ihre Rollen sind relativ begrenzt, und der Hauptteil spielt sich zwischen den Ducks und Klaas Klever ab. Löst man sich von der Grundidee, so ist “Die Ducks auf Kreuzfahrt” einfach eine klassische Dagobert/Klever-Geschichte mit einigen etwas übertriebenen, aber unterhaltsamen Wendungen. Und natürlich mit Massimo Fecchis wunderbar souveränen Zeichnungen – er ist einfach ein Garant für schöne Bilder. Insgesamt GUT-
Nun hat sich ausgerechnet um diese eigentlich sehr harmlose Geschichte eine hitzige Diskussion entwickelt, was den Sinn von Kreuzfahrten in Zeiten von immer deutlicher werdender Erderwärmung und wachsendem Umweltbewusstsein angeht. Nicht falsch verstehen: Ich bin absolut für Umwelt- und Klimaschutz und begrüße es immer, wenn dieses extrem wichtige Problem auch thematisiert wird. Sei es im Comic oder im Film, und in den Medien findet es für mein Gefühl nach wie vor längst nicht ausreichend statt. Dennoch will ich mich dem Aufschrei darüber, dass hier Kreuzfahrten propagiert werden, nicht anschließen. Den Vorwurf, Peter Höpfner und die Koautoren der Geschichte (LTB-Redakteurin Stephanie Bens und das etablierte Autorenpaar Pat & Carol McGreal) hätten die (absolut lobenswerte und längst überfällige) “Fridays for Future”-Bewegung mutwillig ignoriert, kann ich auch so nicht stehen lassen, denn die Geschichte ist sicher älter als Greta Thunbergs Schulstreiks – angekündigt wurde sie von Höpfner am 16. Mai 2018, und zu diesem Zeitpunkt war ja schon klar, dass es eine Titelstory werden würde. Dass die Umweltproblematik von Kreuzfahrtschiffen natürlich schon viel länger bekannt ist (und der menschengemachte Klimawandel schon seit Ende der 1980er eigentlich bekannt sein müsste!), will ich natürlich auch nicht verhehlen.
Trotzdem: In das Konzept dessen, was die Geschichte sein will (nämlich eine Dagobert/Klever-Kabbelei mit wenigen TV-Elementen), passen solche Überlegungen schwerlich. Wichtig ist die Diskussion dennoch, denn während ein Giorgio Pezzin z.B. den Umweltschutz schon vor vielen Jahren häufig thematisiert hat (und damit ganz nebenbei einige großartige LTB-Klassiker geschaffen hat), sind die dänischen Comics mit derlei Elementen bislang nicht wirklich aufgefallen. Vielleicht ändert sich daran ja auch mal etwas. Wünschenswert wäre es schon.
König des Chaos: Nahrungskette
Enrico Faccini scheint ein fester Bestandteil der LTB-Nahrungskette, äh, -Produktformel zu sein. Wie anders kann man es sich erklären, dass so oft Einseiter von ihm zum Zuge kommen? Den hier hätte es für meinen Geschmack jedenfalls nicht gebraucht.
Ein Fall auf hoher See
Teil 1: Micky Maus fischt im Trüben
Teil 2: Micky Maus macht klar Schiff
Micky und Minnie sind ebenfalls auf Kreuzfahrt, und werden in gleich zwei verschiedene Mysterien reingezogen: Einmal wäre da der merkwürdige Elmar Erlich, ebenfalls Passagier auf dem Schiff, der sich zunächst reichlich seltsam benimmt und dann auf einmal verschwunden ist. Zum anderen wird Micky von einem erfolgreichen Autor kontaktiert, dessen Manuskript gestohlen wurde und der damit nun erpresst wird.
Die Auflösung wirkt am Ende ein wenig seltsam. Beide Fälle werden praktisch fast völlig durch Zufall aufgeklärt, und im Fall der Erpressung wirken mir die Motive des Täters nicht überzeugend genug herausgearbeitet. Insgesamt eine nette Detektivgeschichte, der es aber an Spannung mangelt, weshalb auch die Aufteilung in zwei Teile nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Ettore Gulas Zeichnungen gefallen mir wie gewohnt, ich habe aber auch schon bessere Bilder von ihm gesehen. GUT-
Eins und eins sind uneins
Mal wieder ein Werk aus der Frühgeschichte von Sergei Schlamassi. In der erst elften Geschichte mit der Figur, von Sergeis Erfinder Corrado Mastantuono nicht nur geschrieben, sondern auch gezeichnet, treibt der Chaot seine Freunde in den Wahnsinn, weil er sich einfach nicht entscheiden kann. Dann wird er von einem Blitz getroffen und verdoppelt sich: Zwei unterschiedliche Sergeis laufen nun in der Stadt herum und sind beide sehr entschlossen, aber auf komplett unterschiedliche Weise. Der eine ist mit Donald unterwegs, der andere mit Daniel Düsentrieb. Und beide bekommen unverdient eine Menge ab.
Sehr heftig hat es Mastantuono hier auf die Spitze getrieben. Dass bei der ganzen Geschichte so viele Unbeteiligte bzw. Unschuldige in Mitleidenschaft gezogen werden, verleidet mir den Lesespaß leider doch ziemlich. Und es stellt sich auch die Frage, wieso die beiden Sergeis nicht schon früher aufeinandertreffen bzw. merken, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmt. MITTELMÄßIG+
DoppelDuck (5): Head-H allein zu Haus
Die letzte noch offene Kurzgeschichte rund um Nebencharaktere der DoppelDuck-Serie: Agenten der Organisation greifen das Hauptquartier der Agentur an. Head-H kann alleine wenig ausrichten. Oder?
Ein bisschen unglaubwürdige Auflösung, trotzdem für einen Schmunzler gut.
Gehen wir ins Kino?: Der Actionfilm
Schon wieder eine Folge von Marco Boscos Kurzgeschichtenserie über die Klischees diverser Filmgenres, diesmal aber wenigstens auch als Teil der Serie deklariert. Goofy als (nicht ganz) strahlender Held macht viel Spaß, ihren Weg in den Band hat die Folge aber wohl vor allem deswegen gefunden, weil hier schon wieder ein Kreuzfahrtschiff vorkommt. Die thematische Ausrichtung des LTBs wird immer offensichtlicher und ich frage mich, ob das gut oder schlecht ist.
Nichtstun bringt auch nichts
Donald ist genervt: Alle wollen was von ihm! Er flüchtet sich zu Daniel Düsentrieb. Der bietet ihm eine Behandlung mit seinem Entspannungshelm an. Als Donald zurückkommt, sind alle wie verwandelt…
Das Muster ist nach einer Weile doch erkennbar, obwohl Marco Bosco sich alle Mühe gibt, es nicht zu durchschaubar zu machen. Ganz nett, aber nicht überragend. Andrea Luccis Zeichnungen sind nicht ohne Charme, aber doch irgendwie seltsam. GUT-
Abenteuer Tiefsee: Die Schatzkarte des Petronius
Dagobert, Baptist und Käpt’n Schuschnabl treffen in Neapel Professor Latinorum: Der wissens- und essbegierige Forscher erzählt von einem Schatz, den niemand bislang gefunden hat. Der Grund ist eine ziemlich komplizierte Lagebeschreibung, die man erstens finden und zweitens entschlüsseln muss. Und es treten weitere Schwierigkeiten auf…
Sisto Nigro ist ein Autor, der gerne übersehen und unterschätzt wird. Hier hat er das Rad aber sicher nicht neu erfunden. (Die Zeichnungen von Alessia Martusciello sind auch nicht immer nach meinem Geschmack.) Verglichen mit den früheren “Abenteuer Tiefsee”-Folgen fehlt ein bisschen der Reiz der Parallelhandlung, und Latinorum hatte ich von Anfang unter Verdacht. Dass er sich tatsächlich als jemand anderes herausstellt – aber eben nicht als die aufgrund seines Aussehens naheliegendste Figur – ist ein etwas durchschaubarer Trick.
Insgesamt eine durchaus unterhaltsame Schatzsuche-Geschichte. Was es mit Käpt’n Schuschnabl und dem U-Boot auf sich hat, versteht man aber ohne LTB Spezial 76 nicht so recht (und dort hieß das Boot noch passender “Kalmar”, jetzt heißt es “Oktopus”). GUT
Neptun gegen Fortuna
Gustav hat Ärger mit Dagobert, denn er hat beim Versandhandel seines Onkels einen vergoldeten Billardtisch bestellt und kein Geld, um das Protzteil zu bezahlen. Den Betrag abarbeiten will er aber nicht, und so flunkert er etwas vor, von wegen ärztlich verordnete Bewegungslosigkeit. In Wahrheit hat er eine Kreuzfahrt gewonnen. Auf Dagoberts Schiff! Und Donald ist der Chefsteward. So beginnt ein Katz- und Mausspiel. Donald ahnt, wer hinter der Maske des Glückspilzes steckt, aber Gustav blockt ihn ab.
Die Geschichte hinterlässt mich mit zwiespältigen Gefühlen. Viele Szenen sind ziemlich witzig, und Stefano Zanchis Zeichnungen sind diesmal wirklich wunderbar geraten. Andererseits ist der entscheidende Twist ein bisschen “too much”, und dass Gustav aus einem solchen Szenario als Gewinner hervorgeht, fühlt sich einfach nicht richtig an. MITTELMÄßIG+
Der Spielverderber
Supergoof bekommt es mit einem neuen Superschurken zu tun. Der nennt sich “Spielverderber”, greift mit merkwürdigen Robotern scheinbar wahllos an und geriert sich ziemlich fies. Nach einer Weile werden gewisse Zusammenhänge zwischen den Opfern deutlich. Während Micky und Minnie, die bei einem Musikwettbewerb dabei waren, über die Hintergründe rätseln, muss Goofy als Supergoof gleich Taten sprechen lassen. Und die Zeit drängt: Der Spielverderber hat ein furioses Finale vorbereitet…
Supergoof-Geschichten im LTB waren in letzter Zeit nicht unbedingt Highlights (siehe “Der Klub der Aristrokraten” oder “Mit einem Happs”), aber diese hier ist anders. Alleine Massimo De Vitas lebendige Zeichnungen sind eine Freude – schade, dass der Altmeister mittlerweile seinen Ruhestand angekündigt hat. Und als Autor zeichnet Vito Stabile verantwortlich, der als große Hoffnung der italienische Szene gilt und hier zeigt, dass man auch mit Supergoof Lesenswertes schaffen kann: Spritzig, witzig, flott, mit vielen mehr oder weniger gelungenen Gags. Sogar Donald und die Neffen haben einen Cameo-Auftritt! Minnie wird ein wenig zur Witzfigur, Stabile geht aber zum Glück nicht ganz so unfreundlich mit ihr um wie Casty.
Zunächst schien es (nicht nur) mir so, als ob Vito Stabile vergessen habe, dem Täter ein Motiv zu geben. Aber auch wenn es im Comic nicht mehr explizit erklärt wird, kann man sich alles zusammenreimen (Achtung, Spoiler):
Fritz Friek ist ja ein ausgesprochener Fan von Roman Tischer und als solcher sauer, sowohl auf Leif Pop (der ihm seinen Pokal weggenommen hat) als auch auf die Jury (die Tischer den Titel aberkannt hat)… damit erklärt sich die Racheaktion, wenn sie auch nicht ganz rational ist. Aber Rache ist ja selten eine rationale Angelegenheit.
Stabile gehört als engagierter Disneyfan wohl zu denen, die es nicht mögen, wenn man als Leser vom Autor für dumm gehalten wird und jedes Detail vorgekaut bekommt. Insofern ist es nur folgerichtig, dass er bei seinen Lesern eine gewisse Grundintelligenz voraussetzt und erwartet, dass man seine Geschichten aufmerksam liest (und gerne auch mehrmals, um Unklarheiten zu beseitigen). Deshalb von mir ein TOP-
Hexe an Bord
Die letzte Geschichte ist auch mit Sicherheit die langweiligste. Dass mir zunächst gar nicht aufgefallen ist, dass die Seiten 243 und 242 vertauscht sind, passt gut ins Bild. Es geht (schon wieder) um eine Kreuzfahrt. Diesmal (schon wieder) zum Vesuv. Und wer wohnt da? Klar. Ein Magie-Detektor soll eventuelle Hexenangriffe abwehren. Letztlich kommt aber alles doch ein wenig anders. Trotz einer Kampfszene zwischen Gundel und Phantomias unspektakulär. MITTELMÄSSIG
Fazit:
Das LTB wird immer thematischer und damit quasi zum Spezial, allerdings nur mit Erstveröffentlichungen. Tatsächlich spielen nur drei Geschichten (Sergei, DoppelDuck und “Nichtstun bringt auch nichts”) nicht auf See bzw. am Meer. Damit ist der Anteil an thematischen Comics sogar noch höher als in LTB 522. Insgesamt hält der Inhalt des Bandes einer genaueren Untersuchung aber nicht richtig stand. War mein erster Eindruck noch verhalten positiv, so muss ich mittlerweile doch eingestehen, dass es sich wohl um das bisher zweitschwächste LTB des Jahres (nach LTB 519) handelt. Richtig schlecht ist keine Geschichte, richtig gut aber eben auch kaum eine, mit Ausnahme des Supergoofs, der mir klar am meisten Spaß gemacht hat. Die Titelgeschichte ist eher was für zwischendurch, aber eben nicht das große Ereignis, das sie vielleicht gerne wäre. Leider scheitert es bei den Egmont-Comics oft an der Umsetzung. Von den vielen publicityträchtigen Experimenten der letzten Zeit bleibt mir eigentlich nur der “Tatort Entenhausen” im Gedächtnis, und der scheint ja auch nicht so erfolgreich gewesen zu sein…
Interessant: Nach LTB 522 ist es bereits der zweite Band in Folge, der ohne besonderen Anlass drei Geschichten aus dem Maus-Universum präsentiert – schön! Wenn das die neue Produktformel ist (nach dem Erfolg von LTB 513, womöglich?!), dann darf es gerne dabei bleiben. Was es meiner Meinung nach auch gerne mehr geben darf, das ist Abwechslung bei den Autoren. Marco Bosco kam diesmal doch ein bisschen arg oft zum Zug…