Gestern endete mit dem Finale des Eurovision-Song-Contest (ESC 2023) die Ausgabe im Jahr 2023 des beliebten Song-Events. Gewonnen konnte die Sängerin Loreen, wie bereits 2012, für ihr Heimatland Schweden. Obwohl sie „nur“ Zweite bei den Televotes war, wurde sie zur absoluten Favoritin der Jurys. Das wirft Fragen auf. Ein Kommentar.
Dass Loreen eine der Favoriten war, dürfte schon vorher klar gewesen sein. Mit ihr schickte Schweden eine gute Chance, zum 50-jährigen ABBA-Jubiläum nächstes Jahr das Event ausrichten zu dürfen – die jetzt auch funktioniert hat. Doch das sorgt für ein völlig falsches Signal, findet unser Autor.
Zweimal gewinnen beim Eurovision-Song-Contest: Eigentlich dürfte es das nicht geben
Obwohl der ESC ansonsten feste Regeln hat, zum Beispiel, wie die Musik gespielt werden soll, ob Background-Stimmen erlaubt sind (wie man gut hören konnte, ist das noch nicht allzu lange erlaubt, wird aber schon intensiv genutzt) und wie viele Leute insgesamt auf der Bühne sein dürfen. Doch was die erneute Teilnahme angeht, klärt der ESC selbst nichts ab.
In Schweden gibt es zwar eine Regelung, dass man nicht im direkt nachfolgenden Jahr noch einmal antreten darf – aber das ist auf Schwedens Seite, beim Eurovision-Song-Contest selbst ist das kein Problem. Zur Erinnerung: 2011 schickten wir Lena Meyer-Landrut nach ihrem Sieg 2010 gleich nochmal ins Rennen. Aber wieso darf so etwas sein?
Zweifache Teilnahme beim ESC ist eigentlich nicht fair
Man könnte jetzt sagen: Natürlich sollte man zweimal antreten dürfen, das geht den ESC doch nichts an, notfalls wird man vom Publikum abgestraft. Das mag meist auch passieren, in diesem Jahr ist es von der Jury aus aber nicht geschehen – und diese gab Loreen mit „Tattoo“ so viel Vorsprung, dass der Televote-Gewinner Finnland es nicht mehr einholen konnte.
2021 war die Schweiz sehr favorisiert von der Jury, der Televote, also das Publikum, wollte aber Italien mit Maneskin. Stimmt die Jury aber so „eindeutig“, hat das Publikum kaum noch eine Chance – der Vorsprung war einfach zu groß. Damit ist der Gewinn natürlich gerechtfertigt, andererseits sendet es das vollkommen falsche Signal an Sänger, Länder und das Publikum.
Wer dann nämlich eine größere Chance auf einen Gewinn haben möchte, schickt einfach nochmal einen bereits bestätigt guten Sänger ins Rennen, der bereits einmal gut ankam. Das fördert nicht gerade die Kreativität und den Willen zu Veränderungen – um jedes Jahr ganz neue Talente zu zeigen und nicht zum Mainstream-Pop-Event zu verkommen. Man muss sich etwas trauen. Das hier ist aber eine Art Beweis dafür, dass man besser fährt, wenn man sich nichts traut.
Denn zwar kann Loreen noch immer singen, aber ihr diesjähriger Song ist doch nicht so weit entfernt von ihrem Gewinnersong in 2012. Es ist schade, wenn dafür kuriose Kreationen wie die aus Kroatien von der Jury vollkommen abgestraft auf dem vorletzten Platz landen.
ESC: Zweimal gewonnen, aber nicht zurecht
Natürlich wäre es schwer, prinzipiell zu verbieten, nach einigen Jahren noch einmal angetreten zu sein, aber wenn man den Wettbewerb gewonnen hat, ist doch zweifelsfrei bewiesen, dass man gut ist. Wieso sollte man dies nochmal beweisen müssen? Wäre es nicht nur fair, den anderen „Platz“ zu machen? Weil an Acts wird es nie mangeln, die Gewinner des ESCs sind Jahre lang oft noch in den Pausen beim Eurovision-Song-Contest selbst zu sehen, immer wieder.
Zumindest für Gewinner müsste es also eine Regel geben, die es nicht ganz so einfach macht oder gar „verbietet“. Ansonsten muss man sich damit zufriedengeben, dass Schweden jetzt nicht das letzte Land war, dass das versucht hat – nachdem es sich als erfolgreich herausgestellt hat.
Auch, wenn man nicht direkt den Gewinner des Vorjahres nehmen würde, dann würden zukünftig womöglich immer öfter alte Gewinner wieder auftreten. Solche, die schon berühmt sind, die bereits gewonnen haben. Das wäre vor allem eins: Sehr schade.
Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar, also ein subjektives Meinungsstück. Der Autor vertritt dabei nicht die Ansicht der ganzen Redaktion, sondern eine eigene. Sie müssen dem nicht zustimmen, aber für den Diskurs kann es durchaus zum Nachdenken anregen.