Der Film “American Psycho” hat es geschafft, auch gut 20 Jahre nach Release noch immer im allgemeinen Gedächtnis der Zuschauer und der Filmgeschichte zu bleiben. Auch wegen seiner bizarren Geschichte, dem Wahnsinn, den er vermittelt und einer Menge Memes, die in den letzten Jahren dazugekommen sind. Besonders das Ende bietet eine Menge Platz für viele Theorien. Die wichtigsten haben wir hier zusammengefasst.
Denn tatsächlich ist der Film nicht so einfach und schnell interpretiert, wie das bei den meisten anderen der Fall ist. Durch seine mehreren Ebenen und verworrenen Stränge muss nämlich davon ausgegangen werden, dass es sich bei Patrick Bateman um einen “unzuverlässigen Erzähler” handelt – was so ziemlich alles auf den Kopf stellt.
American Psycho Ende: Diese Theorien zur Bedeutung gibt es!
Theorie 1: Der Film erzählt das Geschehen so, wie es stattgefunden hat
Die wohl populärste und vielleicht auch naheliegendste These ist, dass American Psycho die Geschichte von Patrick Bateman genauso erzählt, wie sie auch passiert ist. Aufgrund seiner Kälte und Psychopathie ist Bateman ein brutaler Mörder, der sich patriarchaler Muster bedient, um zu morden, um seine Lüste zu befriedigen.
Immerhin als Kritik am Kapitalismus der 1980er-Jahre und am Patriarchat gedacht, wollte die als feministisch geltende Regisseurin Mary Harron zeigen, wohin diese Strukturen führen können und sie in einem Film darstellen, nicht immer ganz getreu dem Buch. Genau wie das Buch löst sie jedoch nicht direkt auf, was real ist und was nicht.
Wichtig zu beachten ist hier, dass der Film in dieser Denkweise bereits an einigen Stellen Logikfehler aufweist. Viele schätzen diese Theorie deshalb als unzureichend ein, was jedoch nichts daran ändert, dass der Film in der allgemeinen Denke genauso gelesen wird.
Was das für das Ende bedeutet: Am Ende kann man sehen, wie Bateman einfach so davon kommt. Tatsächlich sieht man bei der Reaktion des Anwalts, wie er eine Augenbraue hochzieht und damit suggerieren könnte, dass man alles für ihn vorbereitet habe – man weiß also von seiner Schuld, durch das hohe Ansehen und den guten Rechtsbeistand habe man die Sache jedoch “im Griff”.
Wieso man Bateman aus der Wohnung wirft, als dieser in die renovierte Wohnung zurückkehrt, aber nicht die Polizei verständigt hat, könnte daran liegen, dass die Besitzer fürchten, den Wert der Immobilie damit drastisch zu senken. Das gesamte Haus könnte nach dem Fund der Leichen massiv weniger wert sein, weshalb man es eventuell eher in Betracht gezogen hat, das Ganze “aufzuräumen” und ebenfalls unter den Tisch zu kehren. Wer will schon in einem solchen Haus, geschweige denn Wohnung leben? Erst recht, wenn man sich jederzeit eine andere leisten könnte?
Zum Schutz der Allgemeinheit – vor allem aber der “Elite” – würde man damit Batemans Vergehen verheimlichen, um möglichst wenig an den Strukturen selbst zu ändern.
Theorie 2: Patrick Bateman ist ein unzuverlässiger Erzähler und es kann ihm in Teilen nicht vertraut werden
Eine andere Theorie wäre, dass Bateman ein unzuverlässiger Erzähler ist. Was bedeutet das? Das würde vor allem heißen, dass nicht alle seine Darstellungen real sind, sondern einige davon abgeändert oder erfunden sind. Als er vor der Polizei wegläuft und es schafft, mehrere Beamte mit Schüssen davon abzuhalten, ihm näherzukommen oder seine Identität herauszufinden, sondern sogar noch das Polizeiauto in die Luft jagt, könnten einige Zweifel an der Realität dieser Szenen gekommen sein.
Man zweifelt hier also daran, dass Bateman wirklich das erlebt hat, was hier gezeigt wird. Schlicht zu absurd oder unrealistisch scheint das Gezeigte. Dass man ihn in den Büros nicht findet, in denen er sich versteckt, obwohl draußen Helikopter herumfliegen. Und wie soll er so überhaupt wieder herausgekommen sein? An einigen Stellen bekommt die erste Theorie ernsthafte Logikfehler, die sich nicht einfach so herausbügeln lassen.
Gerade bei der Szene mit der Explosion des Polizeiautos, um darauf zurückzukommen, kann man sehen, wie Bateman die Waffe danach noch einmal anschaut und sich innerlich fragt “Wie konnte das jetzt passieren?”.
Im ganzen Film bringt Bateman als American Psycho immerhin sicher zwischen 20 und 40 Personen um. Ist das auch alles genauso passiert? Oder hat er sich zwischendurch lediglich vorgestellt, es zu tun? Bei der Verfolgungsszene mit der Kettensäge sieht man immerhin sehr viele Opfer im Kleiderschrank. Und da ist Paul Allen gerade einmal wenige Wochen “verschwunden”. Konnte er so viele Opfer anlocken und umbringen? In so kurzer Zeit?
Zumindest in Teilen muss Batemans Welt deshalb hinterfragt werden. Er erzählt nicht zuverlässig, teilweise lässt er Dinge aus, während der Detektiv ihm so gefährlich nahekommt, dass er selbst unsicher wird, nur, dass danach eben doch nichts passiert und sich die Sache wie von selbst löst.
Theorie 3: Patrick Bateman kann man überhaupt nicht vertrauen, alles findet in seinem Kopf statt
Dass Bateman an Psychopathie leidet, kann man nur schwer bestritten werden. Aber was, wenn er zwar gefährliche Fantasien hat, diese aber gar nicht auslebt? Durchaus kann er sadistisch veranlagt sein, aber vielleicht findet auch alles nur in seinem Kopf statt? Auch dieses Szenario ist nicht unwahrscheinlich.
Bateman, der sich dermaßen an Visitenkarten aufhält, darüber fast einen Nervenzusammenbruch bekommt – vielleicht auch kein Mörder? Wenn man die Idee des unverlässlichen Erzählers zu Ende denkt, ist es immerhin gut möglich, dass überhaupt nichts real ist. Wenn man sich schon bei einzelnen, für den Film wichtigen Szenen nicht sicher sein kann, ob sie so stimmen, wie soll man es dann insgesamt wissen?
Tatsächlich gibt es einige Theoretiker, die deshalb davon ausgehen, dass die gesamte Geschichte nur in Batemans Kopf stattfindet. Auch deshalb hat sie immer wieder Logikfehler. Und auch, dass er ständig Musik hört auf seinem Walkman, um abzuschalten, könnte ein Indiz dafür sein.
Ob Tag- oder Nachtträume, die ganze Sache könnte fast komplett eingebildet sein. Es muss nichtmal unbedingt überhaupt ein Mord geschehen, Paul Allen könnte tatsächlich verreist sein – in seinem Wahn bekommt Bateman das aber gar nicht wirklich mit, sondern hält sich für den Mörder, weil er ihn gedanklich zur Strecke gebracht hat.
Welche American Psycho Theorie bleibt? Was ist die wahre Bedeutung von American Psycho?
Abschließend kann man nicht sagen, welche dieser drei Versionen die “richtige” ist. Das obliegt dem Zuschauer allein, was man davon am ehesten für wahrscheinlich herausstellt. Und natürlich gibt es auch noch andere Theorien, diese hier sind aber die drei wichtigsten und meistens schließen sich andere Theorien einer der drei hier aufgezeigten an und erweitern diese.
Die Frage ist vor allem, inwiefern man Batemans Darstellung trauen kann. Denn wenn man schon dem Erzähler nicht trauen kann, wird es oft schwer einen Film zu deuten – aber natürlich auch direkt zehnmal interessanter. Immerhin hat man dann die Möglichkeit, ganz neue Wege herauszufinden und das Werk mit unterschiedlichen Ansichten zu betrachten.
Weitere Ideen und Theorien zu American Psycho können deshalb gern in den Kommentaren aufgebracht werden.