Das Cover mit Dagobert Duck als Indiana Jones ist interessant, aber nicht ganz so gut gelungen wie die beiden Vorgänger.
Duck’scher Geheimdienst: Der errötende Ring (EV)
Dagobert ist genervt von den vielen verschiedenen Währungen und beauftragt seine besten (okay, einzigen) Agenten, nach einem alchemistischen Artefakt zu suchen, dem sogenannten “errötenden Ring”, der in der Lage sein soll, sämtliche Wechselkurse berechnen zu können.
Im Prinzip gibt es ja nicht so viel an der Geschichte auszusetzen, aber sie erscheint eben viele Jahre zu spät. 2001 wäre sie sicher nicht negativ im LTB aufgefallen, da gab es viel, viel Schlechteres… und dass sich die Redaktion damals eine so aktuelle und passende Geschichte entgehen ließ, verstehe ich schon gleich gar nicht. Zudem ist sie auch für folgende DGD-Episoden wichtig, denn immerhin tritt hier Klaas Klevers DGD-Pendant, der KGD (und damit neben der Blonk/MOB die zweite Organisation, gegen die der DGD kämpfen muss), zum ersten Mal auf!
Anachronistischer und letztlich nicht sonderlich unterhaltsamer Einstieg.
Die Zeitenwelle (EV)
Teil 1
Micky will sich gerade eine Zeitung kaufen, als seltsame Dinge geschehen: Das geht bei der leeren Zeitung los und endet mit einer riesigen Flutwelle, welche Entenhausen überrollt. Dann wird er von einer geheimnisvollen Figur gerettet und erwacht in einer radikal veränderten Welt. Es gibt keine Geschichte mehr, der Architekturstil ist seltsam fremdartig und die Erde wird von einem mysteriösen “Phönix” regiert. Dessen Stellvertreter und Präsident heißt ausgerechnet Micky Maus!
Nur langsam erklären sich die Zusammenhänge (nicht alle; wie Micky Präsident wurde, bleibt bis zum Ende offen). Und auf der Suche nach der Wahrheit erfährt Micky, dass diese Welt längst nicht so offensichtlich schön und friedlich ist, wie man meinen könnte (und auch offiziell unermüdlich behauptet wird). Zudem ist er selbst in Gefahr, denn früher oder später wird die Zeitenwelle auch ihn erfassen und aus der neuen Realität tilgen.
Harter Tobak! In Italien gibt es sogar das Gerücht, dass die Geschichte wegen ihrer politischen Subtexte nicht mehr nachgedruckt werden soll; wie viel da dran ist, kann ich nicht bewerten, aber für den deutschsprachigen Raum gelten solche Überlegungen offensichtlich nicht. Und das ist auch gut so, denn “Die Zeitenwelle” ist ein wichtiger Baustein in Castys mittlerweile schon ziemlich beeindruckenden Gesamtwerk: 2011 war es erst sein viertes veröffentlichtes langes Epos (60+ S.) und zudem sein bis dahin längster Disney-Comic überhaupt. Auch danach durchbrach er nur noch selten die 90-Seiten-Grenze (Darkenblot 1, 2.0 und 3 sowie “Das ewige Imperium”). Alleine diese Fakten sind Grund genug, die Geschichte zu lesen.
Dennoch bin ich nicht hundertprozentig überzeugt. Teilweise liegt das aber auch daran, dass von Casty mittlerweile fast alle Geschichten bei uns veröffentlicht sind und man daher kaum um Vergleiche mit anderen Comics des Autors herumkommt. Wenn man böse sein will, kann man sagen, dass Casty hier zwei zentrale Themen aus “Schneetreiben in Wildenbrunn” (Umschreiben der Geschichte) und “Die Welt der Zukunft” (Ändern der Welt) verrührt und neu zusammengemischt hat. Ein ähnliches Szenario wiederum taucht später in der m.E. besseren Geschichte “Was morgen passiert…” auf; aber auch ein Comic, der nicht von Casty stammt, hat zumindest zu Beginn deutliche Parallelen zur “Zeitenwelle”, nämlich “Gefangen im Zeitstrom” von Lucio Leoni und Emanuela Negrin. Die Ähnlichkeiten sind teilweise sogar eklatant: Hier wie da wird die Hauptfigur von einer anderen im Moment der Katastrophe in eine Sphäre geholt, und nach der “Umschreibung” der Realität haben bekannte Figuren neue Namen und Funktionen (aus Dussel wird Dösel und aus Rudi Ross wird… ach, lest am besten selbst). Die Einfahrt nach Venedig wirkt vom Flair ähnlich wie Robotorama in Darkenblot 3, während stumme Hologramme auch in “Oropolis” eine Rolle spielen.
Visuell ist der Comic natürlich beeindruckend. Besonders die moderne Weiterentwicklung der aztekischen bzw. Maya-Kultur fasziniert, ebenfalls sorgt der Phönix für Staunen. Und bis auf die zu bunten Anfangs- und Endsequenzen ist auch die Kolorierung aller Ehren wert. (Erwähnenswert auch, dass dies die einzige lange Casty-Geschichte ist, zu der es kein Cover gibt.)
Bei einigen neuen Figuren hat sich Casty stärker als sonst an Romano Scarpa orientiert, wobei die Zeichnungen nicht mal ansatzweise die Dynamik Scarpas haben. Und im direkten Vergleich mit der “Wunderbrause” fällt leider auch auf, dass Castys Figuren viel statischer geworden sind – und die Gesichter deutlich weniger schön. Vielleicht liegt es aber auch (mit) am Wechsel des Tuschezeichners: Während Sandro Zemolin, der Castys Frühwerk getuscht hat, als Tuschepartner von Giorgio Cavazzano zu den ganz Großen der LTB-Welt gehört, mag ich Michele Mazzons eigenen Zeichenstil nicht sonderlich (als Tuscher für Luciano Gatto kann ich ihn aber gut lesen).
Nach dem Genuss der “Zeitenwelle” habe ich mir, wie erwähnt, auch noch mal “Die Wunderbrause” zu Gemüte geführt. Leider ist es auch so, dass Casty die Figuren 2007 noch deutlich ausgeprägter charakterisierte. Uma ist das beste Beispiel dafür: in der “Wunderbrause” hat sie ein richtig starkes Profil, während sie in der “Zeitenwelle” eher wie ein Abziehbild wirkt. Auch Micky wirkt irgendwie blutleerer. Ich werde den Eindruck nicht los, dass Casty sich manchmal in seinen philosophischen Dystopie-Szenarios so sehr verstrickt, dass er dabei vergisst, den Charakteren klar erkennbare Eigenschaften zu verpassen. Ebenfalls etwas schwach finde ich den Schluss, der irgendwie antiklimaktisch und einfallslos wirkt. Und über das in der Geschichte enthaltene Zeitparadoxon wollen wir gar nicht erst reden: Logisch gesehen ist die Eröffnungsszene ja eigentlich kurz vor Schluss angesiedelt, und… autsch, ich glaube, ich bekomme Kopfschmerzen.
Die Aufteilung in vier Teile lässt zwar die Cliffhanger intakt, zerrupft die Geschichte aber in meinen Augen zu stark und erweckt beim Lesen auch das Gefühl eines höheren Mausanteils. Dabei hat die Geschichte mit Crime (wie schon “Oropolis” in Band 5) wenig zu tun, aber darüber will ich großzügig hinwegsehen. Tolle Aspekte hat die “Zeitenwelle” fraglos – alleine die Szene mit den Bärchen ist ganz Casty-typisch eine Mischung aus gruselig und lustig, bei der einem der Mund offen steht, und die moralische Erklärung für das Ganze hinterlässt auch einen bitteren Nachgeschmack, der lange nachwirkt.
Netter Nebeneffekt der Übersetzung: Der Titel “Die Zeitenwelle” ist strukturell dem von “Die Wunderbrause” ähnlich. Zufall?
Agent DoppelDuck (3): Falsches Spiel
(Nachdruck aus LTB 386)
Teil 3 der DoppelDuck-Einführung. Zum ersten Mal wird Donald hier mit dem Namen Red Rose konfrontiert – eine berühmte spionierende Person, die in der Geschichte rund um die gestohlenen Daten mit drinhängen könnte. Donald wiederum hat Black-B observiert und ist nun auf der Spur von Berry-B. Gemeinsam werden die drei allerdings von Joe Feldmanns Handlanger Cobra überrascht. Und Donald hat langsam auch Zweifel an Kay-K…
Der dritte Teil, wie der erste von Fausto Vitaliano geschrieben, hält die Spannung hoch und überzeugt mit einer Handlung, die immer wieder unvorhergesehene Haken schlägt. Auch die Zeichnungen von Marco Mazzarello sind, gemessen daran, was man von diesem Zeichner sonst so zu sehen bekommt, überraschend gut – und im direkten Vergleich fällt mir erst auf, wie schlecht die Druckqualität in meinem alten LTB war: Erst hier kann man schöne Bilder wie auf S. 78 unten mitsamt Max Monteduros meisterhafter Kolorierung so richtig genießen.
Erfreut nehme ich auch zur Kenntnis, dass die Übersetzung korrigiert wurde: Der kriminelle Banker Joe Feldmann hat nun nur noch einen Vornamen 🙂 Jetzt bin ich aber gespannt, ob auch der Schluss von Teil 4 im nächsten Band in Ordnung gebracht wird. (In LTB 387 liest es sich ja so, als ob Donald nun das Gedächtnis gelöscht würde… was überhaupt keinen Sinn ergibt!)
Trotzdem bleibe ich dabei: Ein gesammelter Nachdruck zumindest der ersten vier Teile wäre mir doch irgendwie lieber gewesen. Kurios finde ich auch, dass Band 11 der Crime-Reihe ein DoppelDuck-Cover haben wird – ein Hinweis darauf, dass die Nachdrucke auch über den ersten Vierteiler hinaus fortgesetzt werden?
Die Zeitenwelle (EV)
Teil 2
s.o.
Duck’scher Geheimdienst: Das Phoenix 3000 (EV)
Typisch DGD… das Phoenix 3000 ist eine Art Superkraftstoff, und die Formel dafür ist bereits in die Hände von feindlichen Agenten gelangt. Doch es gibt noch Hoffnung, denn sie ist auf einem Duck’schen Kreuzfahrtschiff versteckt.
Auch das zweite DGD-Abenteuer ist (verglichen mit denen in früheren Crime-LTBs) überraschend gut lesbar, und das, nachdem gerade erst eine Enten-Edition voll mit DGD-Comics erschienen ist. Die Tarnuhr sorgt für einige witzige Momente, was auch von Lorenzo Pastrovicchios souveränen und wie immer leicht verspulten Zeichnungen unterstrichen wird. Gegen Ende läuft das Ganze allerdings etwas banal aus, und eigentlich spielt der titelgebende Treibstoff für die Geschichte auch gar keine Rolle mehr.
Insgesamt nicht toll, aber lesbar. Nur sollte sich die Redaktion doch mal einig werden darüber, wie man die Dinge denn nun beim Namen nennt. Heißt die feindliche Organisation nun MOB oder BLONK? Heißen die Agenten “Agent Donald” (wie gerade jüngst in LTB 532) und “Agent Dussel”, oder “006” und “006 1/2”, oder “IQ 001” und “IQ 001/2”? (Zum Glück heißt wenigstens der DGD nicht auch noch DAD wie teils früher…)
Völliges Unverständnis habe ich für die Übersetzungsleistung auf S. 126, wo das weltberühmte Straußenei-Nugget doch tatsächlich als “Goldenes Entenei” bezeichnet wird! Frechheit!
Die Zeitenwelle (EV)
Teil 3
s.o.
Die Hürden der Halunken: Dumm gelaufen (EV)
Mäßiger Panzerknacker-Einseiter.
Spezialagent Franz Gans: Taufrisch erwischt
(Nachdruck aus LTB 392)
Die Spezialeinheit der Polizei “Garantiert astreiner Genuss”, zu der bekanntermaßen Franz gehört, versucht einen merkwürdigen Fall zu lösen: Die Firma Fröstel, die eigentlich das Eröffnungsfest des Vergnügungsbades mit Eis versorgen soll, wird sabotiert: Sämtliches Eis des Herstellers kommt geschmolzen an seinem Zielort an!
Nun werden auch schon G.A.G.-Geschichten nachgedruckt… aber immerhin, diese hier stammt mal nicht von Riccardo Secchi, sondern von Valentina Camerini, und siehe da: Schon ist die Handlung deutlich gelungener. So haben wir hier eine leicht verdauliche Detektivgeschichte mit einem recht raffinierten Plan und einem Franz, der hier sogar mal durch Kompetenz glänzen darf (und seine üblichen Fressattacken etwas zügelt). Und Alessandro Perinas Zeichnungen mag ich sowieso, auch wenn sein zweiter Beitrag im LTB natürlich besser ist. Schlussendlich passt die Geschichte einfach gut in den Sommer.
Die Zeitenwelle (EV)
Teil 4
s.o.
Der trügerische Fakir (EV)
Dagobert sowie Tick, Trick und Track lassen sich von einem Fakir die Zukunft vorhersagen. Dann wird Dagobert von Albträumen geplagt, die sich auf merkwürdige Art mit der Realität vermischen: In seiner Wahrnehmung wird sein Geld von einer Riesenschlange verschlungen, und der Boden ist entweder glühend heiß oder mit Nägeln übersät…
Sehr klassisch. So klassisch, dass ich mich unwillkürlich frage, ob Stefano Ambrosio sich hier bei Carl Barks oder Rodolfo Cimino bedient hat. Davon abgesehen eine ganz ordentliche, aber auch nicht weltbewegende Geschichte, die letztlich sehr glatt abläuft – zu glatt: Die Panzerknacker hätten sicher gehen müssen, dass Tick, Trick und Track nicht von Anfang an Bescheid über den Fakir wussten. So ist das Ende dann doch zu erwartbar.
Die Hürden der Halunken: Andere Sitten (EV)
Immerhin nicht ganz schlechter Panzerknacker-Einseiter mit einem witzigen Schlussbild.
Kommissar de Mauss: Der Fall Leonardo (EV)
Mick de Mauss wird wegen einer rätselhaften Botschaft gerufen, die im ehemaligen Wohnhaus (Schloss) Leonardos, das heute ein Museum ist, gefunden wurde. Dieses Rätsel wiederum verweist auf ein weiteres, und so weiter.
Im Prinzip haben wir hier eine ähnliche Ausgangslage wie bei “Das Geheimnis der alten Villa” – eine Schatzsuche rund um ein altes Gebäude, für die man ein paar Rätsel lösen muss. Sogar der Zeichner ist derselbe – was aber nur positiv zu verstehen ist, denn Alessandro Perina gehört (wie schon oft erwähnt) zu meinen Lieblingszeichnern.
Den Unterschied macht natürlich die Tatsache, dass es hier um eine reale Figur geht, nämlich um keinen geringeren als Universalgenie Leonardo da Vinci. (Interessant ist die thematische Gruppierung der Comics in diesem Band: So ist bei Casty immer die Rede vom Phönix, der dann auch als Namensgeber des Treibstoffs in der DGD-Mission herhalten muss. Und da Vinci hat hier auch schon seinen zweiten Auftritt!) Und die Nebenhandlung mit Rückblicken in Leonardos Leben und dessen Versuche, seine grimmige Köchin Mafalda zum Lächeln zu bringen, ist richtig hübsch.
Ein Fall für Detektiv Duck: Die Spur der Saphire
(Nachdruck aus LTB 492)
Das Entenhausen der 1940er Jahre: Donald Raymond Duck ist Privatdetektiv und heimlich in die Schauspielerin Daisy Tausendschön verschossen. Die beauftragt ihn nun, ihr zu helfen, denn Gauner haben versucht, ihr ein bei einer Auktion ersteigertes Bild zu rauben und erpressen sie nun auf Herausgabe des Bilds. Donald versucht herauszufinden, welches Geheimnis in dem Bild versteckt ist. Unabdingbar ist ihm dabei die Hilfe von Dolores, Spitzname Dolly, die sich ihm als Assistentin aufdrängt. Er ist davon wenig begeistert, am Ende wird er ihr aber noch sehr dankbar sein…
Nach wie vor eine hervorragende Geschichte von Vito Stabile und Carlo Limido, klar. Aber irgendwie schade, dass nun schon ein so aktueller Comic (gerade erst 2017 bei uns erstveröffentlicht!) nachgedruckt wird. Ich vermute mal, dass die restlichen beiden Folgen auch noch folgen werden. Und erneut fällt das hübsche Cover von Limido unter den Tisch… aber dafür gibt es ja die Comicschau 🙂
https://inducks.org/story.php?c=IC+TL+3149
Fazit:
Band 9 der Crime-Reihe bietet mehr Durchschnitt als der Vorgänger – dafür ist aber auch keine wirklich schlechte Geschichte dabei. Mit Castys “Zeitenwelle” gibt es sogar einen richtig großen Brocken, auch wenn das Epos in meinen Augen nicht ganz an “Tutors Welt”, “Gefangen in der Dimension der Schatten”, “Das ewige Imperium” oder “Was morgen passiert…” heranreicht. Dazu gibt es noch Kommissar de Mauss… Schade, dass diese 114 Seiten Maus schon wieder reichen müssen – so war kein Platz mehr für “Ein Fall für Micky” oder auch eine ganz normale kurze Detektivgeschichte. In der Tat ist der Crime-Aspekt eher unterrepräsentiert. In Band 10 soll sich das aber wieder ändern.
Nach wie vor bin ich gespannt, ob der lange Sommerkrimi von Marco Bosco und Claudio Sciarrone irgendwann auch noch im Crime erscheinen wird. Klar, Sciarrone scheint der Zeichner fürs Premium zu sein, aber 126 Seiten sind ja nun wirklich nicht genug für einen Premium-Band…
★★★½
2 Kommentare
Interessante Sichtweise – fast so gut wie die Rezension von Lydia. Wieso schreibt die nicht für die Comicschau?
Ich kann sie ja mal fragen 😉