Comicschau

LTB Royal 5 – Adel im Alltag und andere königliche Geschichten


LTB Royal 5 – Adel im Alltag und andere königliche Geschichten 7
Cover LTB Royal 5

252 Seiten, 7,99 €

Royale erste Worte (EV)

Der übliche einleitende selbstreferenzielle Einseiter, aber diesmal zumindest mit ein bisschen mehr Kreativität und Charme. Es ist der erste (?) Comic von Redakteurin Johanna Hölzler, und wer weiß? Vielleicht hat sie ja genügend Talent, um für Egmont auch die ein oder andere längere Story zu schreiben! Auch Flemming Andersens Zeichnungen sind ein bisschen hübscher als letztes Mal geworden. Dasselbe gilt noch mal deutlich stärker fürs Cover, aber Band 4 war ja wirklich eine Zumutung. Band 5 sieht dagegen sehr schön aus, wie ich finde.

Kleine große D(r)amen (EV)

Erster Akt
Zweiter Akt
Dritter Akt
Vierter Akt

Die Tradition der langen Ziche-Geschichten im Royal geht weiter (nur in Band 3 war keine). Diesmal war Marco Bosco für die Story zuständig, welche auf dem Buch “Little Women” basiert. Aufmerksame Leser werden wissen, dass es davon schon mal eine Adaption gab, die vor Kurzem in der Entenhausener Weltbibliothek (Hardcover, Buchhandel) nachgedruckt wurde. Bosco und Ziche nehmen sich allerdings viel mehr Raum und verzichten auch auf eine Rahmenhandlung, die das Geschehen “nur” auf eine fiktive Geschichte reduzieren würde.


Bemerkenswert ist “Kleine große D(r)amen” alleine deswegen, weil es eine im nach wie vor männerdominierten Disneycomic-Universum ungewöhnlich weibliche Geschichte ist. Die vier Schwestern werden hier von Daisy (Daisy), Gitta (Mary), Dolly (Kitty) und Fräulein Rührig (Jane; in ihrer hoch aufgeschossenen italienischen Version) dargestellt, Dorette ist ihre Oma und Nelly (Huffy) ihre Großtante. Jede der Schwestern hat ihr eigenes Steckenpferd und muss sich gleichzeitig mit weniger schönen Dingen auseinandersetzen. Ein echtes Problem bekommt die Familie, als Klaas Kleverfeller die Bank übernimmt und die sofortige Rückzahlung eines Kredits fordert. Warum? Weil er das Grundstück haben will, auf dem das Haus der Schwestern steht. Und warum das? Weil er seinem Konkurrenten Sir Dagobert Ducksy, der gegenüber wohnt, eins auswischen will…

Gleichzeitig gibt es auch eine Einladung zum großen Ball. Die Vorbereitungen laufen nicht ganz optimal, dennoch sorgt der Ball für einigen Wirbel. Als Kleverfeller die Familie noch mehr unter Druck setzt, kommt Daisy auf die Idee: Vier künstlerisch begabte (Musik, Tanz, Malerei und Schriftstellerei) Schwestern sollten doch etwas aus ihren Talenten machen können, oder? Irgendwann wird daraus die Idee, ein Theaterstück auf die Beine zu stellen.

Sympathische, gut charakterisierte Heldinnen (mit ein klein wenig Unterstützung von Donald Ducksy), die ihr Leben auf unkonventionelle Weise meistern und zeigen, dass man auch als Frau seinen Mann stehen kann (…blöde Formulierung, ich weiß…), gleichzeitig werden viele Elemente aus dem herkömmlichen Entenhausen (z.B. die Beziehungen zwischen Donald, Dagobert und Klaas Klever) sinnvoll eingeflochten. Dadurch wirkt die Geschichte nicht wie ein Theaterstück, bei dem die Figuren nur dem Aussehen nach an Disney erinnern, sondern passt hervorragend ins LTB. Die Spannung ist zwar nicht extrem hoch, dennoch fiebert man als Leser mit den Damen mit und freut sich mit ihnen. Silvia Ziches Zeichnungen haben wie gewohnt einen eigenen Charme (Nettes Detail: Daisys Schleife, die bei Daisys Stimmungsschwankungen “mitmacht”…), allerdings wirken sie auch ein bisschen einfach – irgendwie weniger ausdrucksstark als früher. Bei der Kolorierung wären etwas weniger knallige Farben und mehr Schattierungen auch nicht schlecht gewesen. Trotzdem: Eine sehr schöne Story und auch wenn sie mit Adel nicht viel zu tun hat, evoziert sie doch ein gewisses Gefühl “von früher”.


Sehr seltsam ist aber an der deutschen Übersetzung dreierlei: Bennet, Eisenherz und “Marmor, Stein und Eisen bricht”! Die Schwestern heißen im Original “Quarch”, eine Persiflage auf den Namen March aus der Vorlage “Little Women”. Der Name Bennet kommt in dem kurz darauf parodierten Klassiker “Stolz und Vorurteil” von Jane Austen vor, die Duck-Version (bei uns noch nicht erschienen) nennt die Schwestern “Pennet” (mit Dank an NRW-Radler, der all das hier aufgeklärt hat). Warum der/die Übersetzende hier gemeint hat, den Namen auf so eine merkwürdige Weise zu ändern, ist mir eher unklar. Ähnlich seltsam, dass aus Richard Löwenherz offenbar Prinz Eisenherz geworden ist, und dass die Schwestern Drafi Deutschers Beatschlager “Marmor, Stein und Eisen bricht” singen, was zeitlich einfach nicht passt.

Übrigens gab es von “Little Women” eine Fortsetzung, die auch bereits adaptiert wurde und deren erste Duck-Version bei uns in LTB 268 zu finden ist (leider wurden alle Namen verglichen mit dem ersten Teil geändert). Vielleicht auch noch ein Thema für Bosco/Ziche?

Auf dem Jahrmarkt: Des Sammlers Leid (EV)

Zu den “Chroniken des Reiches der zwei Seen” von Tito Faraci und Silvia Ziche, die ansonsten in Royal 2 und 4 zu finden sind, gehören auch noch ein paar Einseiter. Schön, dass man hier mal tatsächlich auf Vollständigkeit achtet… (es fehlen aber noch zwei – https://inducks.org/story.php?c=I+TL+3232-03 und https://inducks.org/story.php?c=I+TL+3232-05)


Alle drei haben gemeinsam, dass sich König Mickael und sein Ratgeber Issus auf dem Jahrmarkt umsehen. Und dieser hier nimmt treffend die Sammlermentalität aufs Korn.

Ein verhängnisvoller Nieser

(Aus LTB 251)

Royal geht es in einigen Ländern der Erde immer noch zu, royal ging es in der Vergangenheit noch viel öfter zu. Von Geschichten, die sich mit realistischen (echten wie fiktiven) Adelshäusern befassen, unterscheiden sich deutlich solche, die klar im Fantasy-Bereich anzusiedeln sind. Diese hier ist eindeutig letzterem Bereich zuzuordnen: Drachen und andere Fabelwesen und Alchemie spielen eine große Rolle. Der “verhängnisvolle Nieser” von Donaldus mitten ins Zauberpulver führt dazu, dass der Charakter seines Herrn Dagobertus verändert wird und er die Panzerknacker in seine Burg einlädt. Donaldus muss nun die fehlende Zutat für ein Gegenmittel besorgen: Eine Drachenkralle!


Mit der Logik ist es in der Geschichte nicht so weit her. Zumindest wirkt das Zauberpulver definitiv nicht so, wie von Düsentriebus versprochen/erklärt. Die wunderbar verspielt-verspulten Zeichnungen von Anna Marabelli (diese Schnäbel!) sind aber schon ein Grund, das Ding mal wieder zu lesen.

In der Würze liegt die Kraft (EV)

Donald Van Duck und Dussel Van der Dong wollen ein Schiff, mit dem sie wertvolle Gewürze transportieren. Das Schiff allerdings fährt wie eine Schnecke, und um sich selbst zu retten, müssen die beiden ihre wertvolle Fracht opfern…

Es gibt ein Happy-End, trotzdem überzeugt mich diese Gagparade nicht wirklich. Die Witze zünden einfach nicht bzw. der relativ gute Running Gag mit Dussels Namen wird gar nicht weiterverfolgt. Fabio Pochets Zeichnungen wirken auf mich auch ein wenig seelenlos.


Auf dem Jahrmarkt: Des Königs Lektüre (EV)

Noch ein Einseiter, der vor allem von Faracis pointiertem Wortwitz lebt.

Drachenritter Donald

(Aus LTB 341)

Ich habe diese Geschichte vor einiger Zeit wiederentdeckt und festgestellt, wie viel besser sie doch verglichen mit “Der Drachenkämpfer” (LTB 498, ebenfalls von Fecchi gezeichnet) ist. Insofern kommt der Nachdruck ganz gelegen. Sie beweist auch mal wieder nachdrücklich (hehe), dass Gorm Transgaard einer der guten Egmont-Autoren ist. Es ist natürlich eine Fantasy-Geschichte, aber eine mit realistischen Zügen. Durch Donalds Tolpatschigkeit verliert das Königreich Drachenfels seinen Vorrat an Gallwurzensaft, und der Nachbar aus Echsenfels ist nach einer Meinungsverschiedenheit mit König Dagobert von Drachenfels nicht gerade darauf aus, seine Gallwurzen zu verschleudern. So kommt es, dass die Drachenfelser Hunger leiden müssen und auf abwegige Ideen wie Diebstahl kommen. Eine ganz andere Gefahr droht aber auch noch: Die aggressive Drachendame Dusnelda…


Tolle Fecchi-Zeichnungen, eine wendungsreiche, spannende Geschichte mit clever wiederverwendeten Elementen und einem netten Happy-End. Was will man mehr?

Auf dem Jahrmarkt: Des Königs Kostüm (EV)

Letzter Einseiter. Hier kommt am ehesten das Gefühl der längeren Storys aus dem Reich der zwei Seen auf. Muss ich bald mal wieder lesen… (und rezensieren!)

Königlicher Rap mit Pep (EV)

Ein Zwischending aus History und Fantasy hat der damals frischgebackene Disney-Autor Roberto Gagnor hier gestrickt. Der bewusste Anachronismus (Rap statt Minnesang) steht neben eindeutigen Fantasy-Elementen (mal wieder ein Drache), aber der Hauptstrang der Geschichte ist handfest-klassisch: König Rudi und Königin Klarabella veranstalten einen Minnesänger-Wettbewerb. Sir Kater Karlos, Anführer einer Räuberbande, sieht darin eine Chance, den Hofschatz zu stehlen. Also schaltet er einen Konkurrenten nach dem anderen aus. Er hat allerdings nicht mit Goofus’ Fähigkeiten gerechnet (der wiederum wusste nicht alles über seinen Lautenspieler Mickus)…


Nicht besonders innovativ, aber ganz nett zu lesen. Auch erwähnenswert, weil es eine bei uns bislang unveröffentlichte Geschichte vom allzu früh verstorbenen Giuseppe Dalla Santa ist, dessen ausdrucksstarke und dynamische Zeichnungen wie immer den Lesegenuss beträchlich erhöhen.

Das Turnier seiner Majestät (EV)

Und noch eine Mausgeschichte zum Schluss. Sisto Nigro (den ich übrigens für einen der beständigsten und gleichzeitig unterschätztesten italienischen Autoren halte) schrieb in den frühen 2000ern zwei Geschichten mit Micky, Goofy und Rudi als Musketieren (beide in LTB Royal 3 zu finden), zehn Jahre nach der letzten kam 2014 die dritte. Anstelle von Massimo De Vita ist nun Valerio Held für die Zeichnungen zuständig – anders, aber nicht schlechter.

Auch die Geschichte ist ein wenig anders gelagert als die älteren Folgen, denn in dieser geht es deutlich gemächlicher zu. Die Mausketiere sollen darauf achten, dass Tennismatches nicht in Duelle ausarten. Als der königliche Tennisstar ausfällt, gilt es, Ersatz zu finden. Der Baron Rene de Rustique ist gut, aber nicht gut genug. Hier kommt Goofos’ Neffe Gilbert (alias Alfons) ins Spiel, denn der Schlaukopf fängt an, neue Techniken und Tenniskleidung zu entwickeln. Damit ruft er ungewollt Streit um Stilfragen hervor. Und Charles LeChat kann irgendwann nicht mehr tatenlos zusehen…


Richtig schlecht ist die Geschichte sicher nicht. Aber sie will mich auch nicht richtig überzeugen. Im Prinzip spielen die Mausketiere kaum eine Rolle, und die ganze Handlung basiert fast nur auf Anachronismen.

Drei weitere Comics, in denen ebenfalls Micky, Goofy und Rudi als Musketiere zu sehen sind, stammen von Horace und sollten dann hoffentlich bald in den nächsten LTB Royal auftauchen. Ob sie mit Nigros Reihe in Verbindung stehen, weiß ich nicht, aber naheliegend wäre es ja.

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Spectaculus

Ich lese Comics, seit ich denken kann - oder vielleicht sogar noch länger.
Ansonsten bin ich ein großer Musikfan und mache mir ständig Gedanken über alles und jeden.

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