312 S., 9,95 €
Zunächst zum Cover: Das wurde glücklicherweise verglichen mit den vorläufigen Covers verbessert. Donald ist gut gezeichnet und der Prägeeffekt passt. Wovon ich aber weiterhin kein Fan bin: Die digitalen, “verschmierten” Hintergründe. Ich glaube, dass die Reihe alleine schon wegen der Covers nicht so gut verkaufen wird wie das Galaxy, denn das hatte einfach einen höheren “Hinguck”-Faktor. Dass ich den Band nirgendwo finden konnte und bei einem Kiosk bestellen musste, ist ein anderes Problem. Aber genug Vorgeplänkel, zum Inhalt:
Die Erzählungen von Edgar Allan Duckoe
Erster Teil
Zweiter Teil
Der Band beginnt mit einer Anlehnung an den vielleicht ersten Krimiautor, Edgar Allan Poe. Der Schriftsteller, v.a. für seine Gruselliteratur berühmt, hat sowohl mit seinem Werk als auch durch sein Leben bereits viele Künstler inspiriert. Im Disney-Comic-Bereich dürfte man die Reihe “Edgar Allan Maus” kennen, Musikfans finden hier die passende Untermalung für die Geschichte (Seite 2 der Platte beinhaltet ein Musikstück, das Claude Debussy für eine unvollendete Oper basierend auf “The Fall of the House of Usher” komponiert hat – Alan Parsons und Eric Woolfson waren nicht die ersten Musiker, die sich mit Poe beschäftigt haben). Und, was vielen wohl auch nicht klar ist: Gundels Rabe heißt wegen “The Raven” auf Deutsch Nimmermehr…
Und tatsächlich handelt es sich hier nicht um eine bloße Adaption diverser Poe-Geschichten, sondern eine (wenn auch stark fiktionalisierte) Geschichte über Poe alias Duckoe, der in seinen Erlebnissen als Zeitungsmitarbeiter diverse Dinge erlebt, welche ihn dann zu seinen (zumindest später!) berühmten Werken inspirieren sollten.
Los geht’s allerdings mit einer kleinen Konfrontation zwischen Mister McDuck und Klaas Gordon Kleverton. McDuck versucht, Kleverton Konkurrenz zu machen, und kauft zu diesem Zweck eine Druckerei, um Klevertons Negativkampagne etwas entgegenzusetzen. Beide liefern sich seltsame Scharmützel, durchleben eine heftige Notlage. Am Ende hat Duckoe eine Menge Ideen…
Die Geschichte lebt nicht zuletzt davon, wie mehr oder weniger subtil alle möglichen Anspielungen auf Poe-Klassiker eingebaut werden. Wenn man weiß, dass in “The Cask of Amontillado” jemand lebendig eingemauert wird, kann man bei der Andeutung der Szene schon ein wenig das Gruseln kriegen. Einen ziemlichen Schreck kann man auch bei der Szene mit dem Pendel kriegen. Und ich habe jetzt einen neuen Lieblingszeichner: Libero Ermetti (zuletzt in LTB 514 vertreten) zeigt, was er drauf hat. Sein Stil wirkt wie eine Mischung aus Cavazzano, Freccero, Zanchi und Coppola, bleibt aber dennoch individuell und klar erkennbar. Die Hintergründe hat er hier detailliert und atmosphärisch in Szene gesetzt; die Figuren sind ausdrucksstark und lebhaft, gleichzeitig aber klassisch genug, um das Flair der Ära überzeugend zu transportieren. Wunderbar!
Plattfüße auf der Flucht
Das LTB Crime wäre ohne Tito Faraci undenkbar, Fakt! Dieser Autor beherrscht das Kriminalgenre aus dem Effeff. Wer erinnert sich nicht gerne an legendäre Geschichten wie “Auf der falschen Seite”, “Anderville” oder “Kommissar Issels lange Nacht”? Zwei dieser Storys wurden vom noch legendäreren Giorgio Cavazzano gezeichnet, der mit Faraci ein kongeniales Duo bildet. Das geht so weit, dass die beiden sogar gemeinsam ein Projekt ohne bekannte Disney-Figuren (“Jungle Town”) umgesetzt haben, natürlich ein Krimi. In “Kommissar Issels lange Nacht” feierte Inspektor Steinbeiß sein Debüt – im Laufe der Zeit wurde er ein wichtiger Bestandteil der Entenhausener Polizei. In dieser Geschichte nun erfährt man zum ersten Mal etwas mehr über seinen Hintergrund (allerdings nicht bei uns, denn eine Art Fortsetzung ist bereits in LTB 404 erschienen).
Issel und Steinbeiß haben ein Waffenlager im wahrsten Sinne hochgehen lassen. Nun geht es darum, die Hintermänner zu finden. Die Spur führt nach Semikola in Texas, von wo Steinbeiß stammt. Es gibt eine Schlägerei in einem Tex-Mex-Restaurant, die beiden müssen nach einigen Missverständnissen vor der Polizei fliehen, und Steinbeiß’ Familie ist nicht gerade so, wie sich sein Kollege Issel das vorgestellt hat…
Die Geschichte ist teilweise ziemlich heftig; vielleicht ja auch ein Grund, weshalb sie es nicht ins normale LTB geschafft hat. Dafür eignet sie sich umso mehr fürs Crime. An ihrer Qualität ändert das aber nichts. Der Faraci’sche Wortwitz ist hochdosiert vorhanden (“Und dann hat einer sein Kinn gegen meine Faust gerammt”), die vielen neuen Figuren sind stark charakterisiert (alleine Steinbeiß’ Oma mit ihren buschigen Augenbrauen ist grandios), und der Verlauf der Geschichte ist alles andere als vorhersehbar. Zudem gibt es eine deutliche Moral: Man kann den Charakter eines Menschen nicht an seinem Aussehen erkennen! Drei Kritikpunkte habe ich aber schon: Erstens finde ich es seltsam, dass Steinbeiß auf Deutsch keinen Vornamen hat (müsste ja, wenn man seine Verwandten so sieht, irgendwas mit “S” sein). Zweitens ist er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der knallharte Superbulle, als der er ursprünglich eingeführt wurde (in LTB 501 ist er näher an seinen Ursprüngen). Und drittens sind Cavazzanos Zeichnungen Anfang der 2000er zwar immer noch gut, aber eben nicht mehr so detailliert und inspiriert wie noch Ende der 1990er (besonders Issel sah früher besser aus). Trotzdem: Eine Superstory, die den Kauf des Buchs fast schon alleine rechtfertigt.
Übrigens: Die (namenlosen?) anderen Polizisten aus dem Entenhausener Revier sind ebenfalls keine Unbekannten, sie waren in einigen anderen Faraci-Geschichten wie eben “Kommissar Issels lange Nacht” auch schon zu sehen.
Die unfassbaren Panzerknacker: Nächtliche Unruhe
Unfassbar, dass auch im LTB Crime Einseiter sein müssen! Immerhin wird Dagobert hier mal von seiner detektivischen Seite gezeigt.
Der Raub der Kronjuwelen
(ursprünglich aus LTB 134)
Micky gerät beim Urlaub in London unter Verdacht, beim Raub der Kronjuwelen aus dem Tower mitgeholfen zu haben. Er flüchtet vor der Polizei und muss zusammen mit Minnie den wahren Täter finden… und der spielt beiden übel mit! Eine sehr spannende, hervorragend aufgebaute und spannende Kriminalgeschichte entspinnt sich.
Nachdrucke sind billiger als Erstveröffentlichungen, deswegen kommen in den diversen LTB-Nebenreihen auch immer wieder bereits aus dem LTB bekannte Geschichten vor. Im Galaxy waren die Nachdrucke klar ein Schwachpunkt, hier haben wir es dafür mit einer Topgeschichte zu tun, die ich bereits an mehreren Stellen gelobt habe, und deren Abdruck hier wohl auf meinen spezifischen Vorschlag zurückgeht. Dabei war allerdings auch klar, dass es keine neue Kolorierung geben würde, wodurch Carpis Zeichnungen weiterhin nicht in bester Qualität erstrahlen können. Teilweise sehen die Bilder an einigen Stellen sogar schlechter als in meinem alten LTB aus – siehe die nicht durchgehend schwarzen Flächen auf Seite 96, und die leicht unscharf/verpixelten Tuschestriche (durch die Vergrößerung des Formats?). Aber dennoch gilt: Wenn man die Geschichte noch nicht hat, ist sie ein klarer Kaufgrund.
Agenten wollen hoch hinaus
Mit kriminellen Subjekten hat man es bei den Ducks nicht so oft zu tun wie bei Mausens. Eine Ausnahme ist jedoch die DGD-Reihe, denn hier kämpfen Donald und Dussel als Agenten im Auftrag ihres reichen Onkels oft gegen kriminelle Subjekte. Hier sollen Donald und Dussel alte Zeitungen, in denen über Dagoberts Großzügigkeit berichtet wird, aus dem Büro eines Journalisten entwenden. Das befindet sich im obersten Stock eines Hochhauses, und man kommt nur von außen rein. Also schließen sich die beiden einer Gruppe von Extremkletterern an…
Auweia. Wie war das noch mal mit “voraussichtlicher Tiefpunkt”? Mittlerweile bin ich recht gut darin, schon alleine von Autorennamen auf die Qualität zu schließen… dabei ist das Problem der Geschichte noch nicht mal, dass sie eben den üblichen DGD-Verlauf nimmt und viele Missgeschicke passieren. Nein, der Schluss ist so seltsam und un-aufgelöst, dass man sich als Leser wirklich die Haare raufen kann. Das hätte von mir aus gerne unveröffentlicht bleiben können, zumal auch Ottavio Panaros Zeichnungen mir längst nicht so sehr gefallen wie zuletzt in LTB 515 und kaum einer der Gags richtig zündet. Buh!
Talerjagd mit Folgen
Eine der in letzter Zeit offenbar sehr beliebten “stummen Geschichten”. Diese stammt wie “Plattfüße auf der Flucht” von Tito Faraci, war für den Starautor aber wohl eher eine Fingerübung. Dagobert folgt einem Geldstück durch die Kanalisation und landet in der U-Bahn. Das ist schön auf die Spitze getrieben und spielt mit Dagoberts teilweise grotesk übertriebenem Charakter, aber richtig zufrieden bin ich am Ende nicht. Baccinellis etwas großflächige Zeichnungen sind auch nicht so ganz mein Fall. Sieben Seiten Füllmaterial, die mit Crime ähnlich wenig zu tun haben wie der DGD davor.
Einfache Fahrt: Genau pünktlich
Ob das eine symbolische Geste sein soll? Kater Karlo kommt in einem Einseiter zu seinem Recht. Zu Recht, denn man hört ihn schon fast sagen: “Wie, ein LTB Crime ohne mich?!” Die Zeichnungen sind von Giampiero Ubezio, der bei den oben erwähnten Edgar-Allan-Maus-Geschichten aber noch deutlich besser gezeichnet hat.
Es gibt aber einen Schurken, den ich in diesem Band und auf den Covers der folgenden Bände viel mehr vermisse: Plattnase bzw. das Schwarze Phantom! Immerhin feiert dieser Bösewicht 2019 sein 80. Jubiläum, nicht ganz unwichtig…
Auf Streife mit Dussel
(ursprünglich aus LTB 370)
Während die DGD-Geschichte deutlich gegenüber den anderen Comics im Band abfällt, ist diese Donald/Dussel-Geschichte deutlich annehmbarer, allerdings handelt es sich hier auch um den zweiten Nachdruck. Dussel will unbedingt zusammen mit Donald ihren gemeinsamen Vorbildern, den Motorradpolizisten “Klarski und Klatsch”, nacheifern. Dass sie tatsächlich zwei Motorräder und Polizeiuniformen bekommen, ist dabei noch das kleinste Wunder. Denn obwohl sie sich absolut oberdämlich anstellen, stellen sie am Ende tatsächlich zwei Verbrecher!
Fausto Vitaliano (u.a. DoppelDuck, Onkel Dagoberts Millionen) hat’s geschrieben. Kenner wissen: Der Mann hat einen Humor, der dem von Tito Faraci kaum nachsteht, und teilweise wirklich ins völlig Absurde kippt (“Und schließlich erhalten wir ein signifikantes Muster.” – “Eine Kaffeekanne?”). Und für eine solche Story, die sich Logik und Verstand völlig entzieht, ist Enrico Faccini zweifelsohne der bestmögliche Zeichner, obwohl ich mit seinen seltsam geformten Gesichtern nicht warm werde. Schade finde ich dafür den eher schwachen Schluss.
Kommissar de Mauss: Ein prominenter Fall
“Kommissar de Mauss” ist eine Serie, von der bei uns bislang nur ein paar verstreute Episoden erschienen sind. Es wäre zwar möglich, die ganze Reihe im Crime abzudrucken, aber ich erwarte, dass man eher weiter Stückwerk liefert. Immerhin gibt es hier die Einführungsgeschichte.
Mick de Mauss ist dabei der etwas verschroben-schrullige Starermittler und Goofotte sein Kompagnon mit einem erstaunlichen Talent für Verkleidungen. Gerufen werden sie, weil in einem Hotel 19 prominente Gäste verschwunden sind. De Mauss versucht, der Sache auf den Grund zu gehen, und ruiniert dabei nebenbei eine von seiner Verlobten veranstaltete Party. Aber die bringt ihn schließlich auf des Rätsels Lösung…
Es ist schwer, eine Serie als Ganzes zu beurteilen, wenn man nur wenige Teile kennt. Diese Geschichte jedenfalls reißt mich nicht vom Hocker, schlecht ist sie aber auch nicht. Goofottes Verkleidungskünste finde ich ein bisschen übertrieben/unrealistisch, ebenso wie der etwas unbeholfene De Mauss ist er aber ein interessanter Charakter. Die Auflösung ist erstaunlich und interessant. Ferraris’ Zeichnungen sind in meinen Augen eher mäßig, zumal ich seine Nebenfiguren mit ihren Riesennasen irgendwie hässlich finde.
Duck’scher Geheimdienst: Täuschend echt
Als ob die DGD-Geschichte nicht schon genug (oder eher zu viel) gewesen wäre, gibt es noch einen Einseiter mit den beiden Pseudo-Agenten. Und der ist auch eher zum Gähnen.
Die Ermittlungen von Auguste Duckpin
Erster Teil
Zweiter Teil
Weiter geht es mit der Geschichte rund um Edgar Allan Duckoe. Dieser hat mittlerweile sein erstes Buch veröffentlicht, bekommt aber noch nicht die verdiente Anerkennung. In Paris trifft er auf Auguste Duckpin, der ihn einlädt, bei ihm zu wohnen. Beide freunden sich miteinander an und Duckoe lernt Duckpins Herleitungsmethode kennen, mit der sich vielleicht auch der mysteriöse Vorfall in der Rue de Menue klären ließe. Allerdings gibt es einen wichtigeren Fall, denn Mister McDuck kreuzt auf und klagt, eine Dame namens Madame Gundelin habe ihm seinen Talisman gestohlen, seinen ersten selbst verdienten Taler. Und die Dame hat offenbar magische Kräfte!
Auch die Fortsetzung von Edgar Allan Duckoes Geschichte enthält einige Anspielungen auf Poe-Klassiker, z.B. “The Murders in the Rue Morgue” und “The Purloined Letter”, allerdings stehen sie nicht so sehr im Vordergrund, sodass die Story insgesamt etwas stringenter und weniger episodenhaft wirkt. Beide Teile sind aber ähnlich gut, und Ermettis Zeichnungen überzeugen auch diesmal wieder. Insgesamt 88 Seiten, die man auch im regulären LTB hätte bringen können. Ob die anderen koproduzierenden Länder davon so begeistert sein werden, dass die Geschichte nun wegen uns geblockt ist?
Beide Episoden zusammen zeigen für mich auch einiges, nämlich beispielsweise, dass man auch mit den Ducks weiterhin interessante Geschichten stricken kann. Oder dass die Literaturadaptionen/-parodien im alten, klassischen Stil nicht ausgestorben sind. Dass ich diesen Ansatz deutlich ansprechender finde als den “modernen”, Klassiker möglichst originalgetreu nachzuerzählen, habe ich ja schon öfter erwähnt. Und der Zweiteiler zeigt auch, dass Riccardo Secchi wirklich gelungene Geschichten schreiben kann, wenn er denn nur will.
Fazit
Okay, bleiben wir auf dem Boden der Tatsachen. LTB Crime 1 ist ohne Zweifel viel besser als LTB Galaxy 1, auch wenn in Letzterem die ersten beiden Teile von “Star Top” absolut herausragend waren. Es gibt nur zwei Nachdrucke, und die sind gut bzw. herausragend. Bis auf den schlechten DGD und die insgesamt zehn Seiten Füllmaterial sind die Erstveröffentlichungen allesamt empfehlenswert. Was stört? Nun, man kann es auch anders sehen: Dass noch mehr EVs gehen, hat man z.B. bei LTB Galaxy 3 gesehen. Hier gehen für Nachdrucke ohne Not 100 Seiten drauf, die man mit weiteren Erstveröffentlichungen füllen könnte. Und dass man noch konsequenter auf Qualität setzen könnte, ist auch klar. Zumindest die DGD-Geschichte ist ein (sorry) Griff ins Klo, der sich in der Reihe hoffentlich nicht wiederholen wird. Zusammen mit den Füllern sind das 38 Seiten, die man besser verwenden könnte. Reicht das trotzdem für eine Empfehlung? Aber klar. Luft nach oben ist aber auch noch ein wenig. Bislang ist auch noch kein Comic erschienen, der zu sehr aus dem Rahmen fürs normale LTB fällt, aber mit dem bereits angekündigten “Der Raub des Jahrhunderts” und dem vielleicht noch folgenden “Urlaub auf der Flucht” kann das ja noch kommen.