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LTB 535 – Planlos im Paradies 7

LTB 535 – Planlos im Paradies


Das Cover wirkt leider so, als ob auch Zeichner Andrea Freccero etwas planlos beim Zeichnen war. Da ist es auch ein schwacher Trost, dass mit Dussel mal eine eher selten auf einem LTB-Titelbild zu findende Figur vertreten ist. Zudem bezieht sich der Titel zwar auf die erste Geschichte, aber das Cover hat außer der Figurenkonstellation keinen echten Bezug zum Inhalt selbiger.

Planlos im Paradies

Die Titelstory ist ein fluffiges Etwas, das aber gut in den Sommer passt: Dagobert Duck (begleitet von Donald und Dussel) will sich in den Tropen das Exklusivrecht an einer besonders schmackhaften Ananas sichern. Dann allerdings geschieht das Unfassbare: Nach einem Zusammenprall gibt er plötzlich nur noch unverständliches Zeug von sich! Ein Arzt konstatiert eine Linguakonfusio, also eine Sprachverwirrung. Nicht gut für seine Geschäftsverhandlungen, aber zum Glück kann er sich ja noch schriftlich ausdrücken. Dann jedoch wird er entführt…

Durchaus gute und in Maßen spannende Eröffnung, mit einem altbekannten Bösen, der sich neue Unterstützung gesucht hat. Negativ: Man hätte aus der Situation mit der Sprachvernudelung noch mehr machen können. So gibt es zwar ein paar echte Lacher durch die Verbindung von Dagoberts Mimik/Gestik mit den völlig unverständlichen Texten (“Zunka, Zanka ditta grotunka”), aber ein Rodolfo Cimino – der wohl Pate für die Geschichte stand – hätte da sicher noch mehr herausgeholt.


Die Zeichnungen von Libero Ermetti bringen frischen Wind ins LTB-Universum, allerdings sieht mir Dagobert besonders am Ende (ohne Gamaschen und Zylinder) dann doch etwas zu jugendlich aus. GUT

Ganz großer Sport: Immer am Ball

Dussel-Einseiter mit schwacher Pointe.

Im Land der Gorillas

Expedition genau dorthin, mit Micky und Minnie. Und Kater Karlo. Was? Genau, und was der in Afrika sucht, wird bis zum Schluss nicht klar. Aber die Touristengruppe hat einige sehr nahe Begegnungen mit den respekteinflößenden Menschenaffen. Deutlich zu nah für Micky…


Ich weiß, dass die Geschichte weitgehend durchgefallen ist, aber mich hat sie eigentlich recht gut unterhalten. Dass Giuseppe Zironi hier als Autor und Zeichner in Personalunion tätig war, sorgt für eine konsistente Atmosphäre. Im Prinzip ist das die Art Geschichte, wie sie auch in der klassischen LTB-Ära gerne mal auftauchte… aber dann eben als Zweit- oder Drittmaus. Durch die heutige Produktformel ist es leider so, dass eine humoristisch angelegte Geschichte wie diese als einziger Auftritt Mickys ungenügend wirkt. GUT-

Pension Phantomias

Teil 1: Gäste und Geister
Teil 2: Kabale und Hiebe

Donald ist erbost: Sein Onkel hat doch tatsächlich mal eben Donalds Haus zum B&B, also zur “Bed & Breakfast”-Pension, umfunktioniert. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, kam die Idee dazu auch noch von Vetter Gustav. Um die ungeliebten Gäste wieder loszuwerden, fantasiert Donald mal eben eine Spukgeschichte zusammen und plant, Phantomias’ Zubehör dazu zu nutzen, um der Geschichte eine glaubhafte Basis zu verpassen. Doch zu seinem Auftritt kommt es gar nicht, denn jemand Anderes geistert bereits durch den Garten. Und Klaas Klever hängt auch mit drin.

Ich muss zugeben, dass ich skeptisch war, als ich davon hörte, dass Marco Gervasio für das “Topolino” eine neue Serie von Geschichten schreiben würde, in der Phantomias wieder so wie einst bei Guido Martina auftreten sollte. Hatten wir das nicht alles schon zur Genüge durchgekaut? Und ist der eigensinnige Rächer überhaupt noch zeitgemäß? Nun, zumindest Letzteres kann man nach der Lektüre der Geschichte klar mit Ja beantworten, auch wenn das Verhalten von Dagobert und besonders Gustav schon ein wenig fremd wirken kann, wenn man die meist deutlich freundlichere Charakterisierung in anderen neueren Geschichten danebenhält. Ansonsten ist das Ganze natürlich schon irgendwie vertraut, wenn auch in der Kombination neu. Dass Donald unvorsichtig vorgeht und Polizisten beleidigt, hat man so schon lange nicht mehr gesehen. Negativ ist einzig der Logikfehler rund um das Gespensterkostüm.


Auch zeichnerisch überzeugt Gervasio: Deutlich an Cavazzano (und auch ein bisschen an Mastantuono) angelehnt, aber immer mit einem eigenen Anstrich und mit ein paar herrlich schrägen Gesichtsausdrücken kommen seine Zeichnungen lebendig und ausdrucksstark daher. Aufgewertet wird das Ganze zudem durch schöne Schattierungen. Optisch ist der Unterschied zur “Legende des 1. Phantomias” dabei immer gegeben. GUT+

Dass die Serie allerdings nicht mit der chronologisch ersten Geschichte “Paperinik, tutto cominciò così” (welche zu Phantomias’ 50. Jubiläum erschienen ist und dessen Ursprünge näher beleuchtet) begonnen wurde und im nächsten LTB mit der überübernächsten Geschichte fortgesetzt wird, bei der zudem auch noch eine konzeptionell sehr wichtige Seite einfach weggelassen wurde, ist mehr als nur suboptimal. Nicht zum ersten und leider wohl auch nicht zum letzten Mal hätte die Redaktion solche Fehler vermeiden können, wenn man einfach die Topolino-Rezensionen im Comicforum regelmäßig verfolgen würde.

Die Erfindermesse

Daniel Düsentrieb fällt aus allen Wolken, weil seine Erfindung nicht zum Erfinderwettbewerb zugelassen wurde. Fortan fühlt er sich als Versager und hat eine echte Sinnkrise. Da muss ein anderes Genie ran – Primus von Quack.


Gabriele Mazzoleni fällt mir schon seit einiger Zeit positiv auf, da er recht interessante Charakterstudien mit teils herrlich ironischen Dialogen schreibt, und als eine solche würde ich diese vorliegende Geschichte auch bezeichnen. Die Einheit von Anfang und Schluss und Düsentriebs großmütiges Verhalten am Ende werten die Geschichte ebenfalls sehr auf. Ansonsten muss man eben damit leben, dass Daniel Düsentrieb in der italienischen Version für einen Gehirnmenschen erstaunlich emotional ist, aber das kennt man ja auch schon z.B. von Corrado Mastantuono so ähnlich. Mit dem exzentrischen Sonderling, wie ihn Carl Barks einst einführte, hat das alles wenig zu tun, aber außer Barks haben nur sehr wenige Autoren die Figur ähnlich gut beherrscht (mir fällt spontan nur Carlo Gentina ein).

Die Zeichnungen von Alessandro Gottardo, der eigentlich nicht zu meinen Lieblingskünstlern zählt, gefallen mir hier auch recht GUT.

Der Sommermuffel

Goofy ist sowieso immer fröhlich, aber im Sommer gilt das auch für seine Mit-Entenhausener. Alle? Nein, einer nicht: Er heißt Niesel und hat ausgesprochen schlechte Laune, weil ihm der Sommer auf die Nerven geht. Goofy hat nun nur noch ein Ziel: Seinem griesgrämigen Mitbürger die Freuden der heißen Jahreszeit nahezubringen.


Die zweite Geschichte aus dem Maus-Universum ist klar die stärkere. Interessant ist, dass hier Goofy alleinige Hauptfigur ist, während er bei der Gorilla-Geschichte gar nicht vorkommt – ein seltener Fall von gelungener Kombination zweier eigentlich unabhängiger Geschichten. Eigentlich hätten die beiden Comics zusammen prima in eine Rahmengeschichte gepasst: Erst erzählt Micky, was er im Urlaub mit den Gorillas erlebt hat, dann kontert Goofy mit seiner Geschichte… aber ich schweife ab.

Jedenfalls überzeugen mich Tito Faraci und Giorgio Cavazzano mit ihrem zweiten LTB-Auftritt in Folge wieder deutlich mehr als bei “Der steinige Weg zum Glück”. Das ist das Dream-Team, wie ich es liebe: Faraci liefert mit Herrn Niesel einen echten Charakterkopf, der sich durch seinen beißenden Sarkasmus mehr als einmal an Goofys unerschütterlichem Optimismus reibt, aber neben den wie immer bei Faraci genialen Wortgefechten gibt es auch eine Vielzahl an unterhaltsamen bis skurrilen Situationen, die von Giorgio Cavazzanos Zeichnungen perfekt umgesetzt werden. Alleine Niesels Gesichtsausdruck auf S. 148: herrlich!

Kleiner Wermutstropfen: So dermaßen viel kann man an einem einzigen Tag schlicht nicht erleben bzw. unternehmen. Trotzdem TOP-


Die millionenschwere Banknote

Frei nach Mark Twain: Was wird aus einem bettelarmen Kerl, wenn man ihm eine Million Taler gibt, die er aber nicht ausgeben darf? Dieses Experiment ist Kern einer Wette zwischen zwei reichen Engländern. Das Testsubjekt ist der mittellose Donald, der nach einem Malheur aus San Francisco fliehen musste. Wie schlägt er sich nun also als Millionär, der kein Geld ausgeben darf?

Im Prinzip ist die Geschichte gar nicht so beeindruckend, aber sie ist in sich geschlossen und mit gutem Sinn für Dramaturgie geschrieben, zudem sind Geschichten mit historischem Setting (Ende des 19. Jahrhunderts) zumindest in der LTB-Hauptreihe eher selten geworden. Marco Meloni überzeugt als Texter genau wie als Zeichner, auch wenn seine Bilder etwas blass wirken und Donalds Hand auf S. 182 merkwürdig aussieht. GUT+

Im Schnellkurs: Solo mit Biegen und Brechen

Fünf Seiten mit Dussel, die ich wirklich nicht schmerzlich vermissen würde, wenn sie nicht da wären. Im Gegenteil, es bereitet eher Schmerzen, diesen Schmarrn zu lesen. Ungut.


Eine Insel voller Halunken

Irre: Dagobert Duck verfolgt die Panzerknacker, die ihn beraubt haben, bis nach Halunkien – ein Inselstaat, der Verbrechern Unterschlupf gewährt. Dagobert und Donald wandern sofort ins Gefängnis, aber auch die Panzerknacker sind nicht zufrieden, denn sie wollen gerne den Staatsschatz stehlen.

Man muss sich schon sehr mit dem absurden Szenario anfreunden können, um die Geschichte zu goutieren. Donald Soffrittis etwas auf links gedrehter Zeichenstil passt dann auch ganz gut dazu. Dass zwei Panzerknacker annehmen, der dritte wolle sie ausbooten, finde ich etwas unglaubwürdig.

Richtig schlecht finde ich die Geschichte nicht – immerhin gab es so etwas bislang nur selten – aber von einem Highlight würde ich auch nicht sprechen. GUT-


Gut ist, dass die scheinbare Deus-ex-Machina-Lösung des Problems (wie Donald und Dagobert aus dem Gefängnis befreit werden) in Wahrheit gut vorbereitet wurde, was mir beim ersten Lesen gar nicht aufgefallen ist.

Falsch ist das Latein: “Hic sunt scelesti” müsste es eigentlich heißen, aber ob das an der Übersetzung liegt?

Das Riesennuggett

Es endet, wie es begann, nämlich mit einer Story von Carlo “Vielschreiber” Panaro. Donald ist frustriert, weil sein reicher Onkel ihm kein Darlehen geben will und ihm stattdessen eine Moralpredigt hält, dass er doch selbst etwas erreichen soll. Donalds Neffen sehen das erstaunlicherweise genauso, und so reift in Donald der Entschluss, die Erfahrung von unzähligen Schatzsuchen zu nutzen, um selbst einen wertvollen Fund zu heben. Seine Wahl fällt auf ein der Legende nach riesiges Nugget, das im Ort Blumwies versteckt sein soll. Dann gibt es einige Überraschungen…


Manchmal hab ich bei Carlo Panaro das Gefühl, dass die Einzelteile nicht so recht zusammenpassen; das ist auch leider hier der Fall. Die Geschichte mäandert etwas unschlüssig vor sich hin und weiß nicht, ob sie Selbstfindung, Schatzsuche oder Krimi sein will, und der Schluss wirkt dann auch etwas weit hergeholt. Trotzdem: kein Totalausfall, und Valerio Helds Zeichnungen sind angenehm klassisch, ohne dabei an Lebendigkeit einzubüßen. MITTELMÄßIG+

Fazit:

LTB 535 hat einen höheren Unterhaltungswert als der Vorgänger, aber trotzdem bleibt das flaue Sommerloch-Gefühl. Und das ist schade, denn 2017, 2018 und 2019 gab es teils deutlich ansprechendere LTBs in den Sommermonaten. Wäre eine echte Topgeschichte dabei, meine Wertungen würden wohl negativer ausfallen.


Auffällig sind zwei Dinge: Mit “Im Land der Gorillas”, “Pension Phantomias” und “Die millionenschwere Banknote” sind gleich drei Comics enthalten, bei denen Autor und Zeichner ein und dieselbe Person sind (Zironi, Gervasio und Meloni). Und was es auch in letzter Zeit selten (oder überhaupt nie seit… LTB 300?) gab: Im LTB befinden sich diesmal ausschließlich Produktionen aus Italien. Ob das daran liegt, dass im Vorgänger-LTB zwei (“Der Schatz des Meeres” und die Rahmengeschichte) dänische Produktionen waren?

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Spectaculus

Ich lese Comics, seit ich denken kann - oder vielleicht sogar noch länger.
Ansonsten bin ich ein großer Musikfan und mache mir ständig Gedanken über alles und jeden.

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