6,50 €, 250 S.
Geburtstagsparty mit Hindernissen
Micky wird 90! Zeit für ein Lustiges Taschenbuch, das diesen Geburtstag auch wirklich würdigt. Und erstaunlicherweise hat die Redaktion diesmal wirklich einiges unternommen, um dem Mäuserich gerecht zu werden. Dass es nicht 100% Maus wie noch in LTB 131 sein würden, war natürlich auch klar, aber gemessen an den Bänden 252, 318 und 383 (von 448 ganz zu schweigen) ist 513 eindeutig eine Steigerung in puncto Mausanteil. Das Cover stammt von Casty und gehört zu der Geschichte “Was gestern geschah…”, passt aber auch generell als schönes Symbol dafür, wie sich Micky Maus seit seinen Anfängen weiterentwickelt hat.
Los geht es jedoch nicht mit Casty, sondern mit einer Egmont-Geschichte. Dass Micky in einer dänischen Geschichte voll bekleidet ist, ist nichts Neues mehr (siehe “Marsch durch Mittelwelt” und “Das vergessene Weihnachtsfest”), wirkt aber dennoch vielleicht überraschend, weil die D-Maus ja seit ihrer (nicht unverdienten) “Abschaffung” im LTB nur noch in seltenen Crossovers auftaucht. Wenn diese von Byron Erickson stammen, sind sie gut, dieses stammt allerdings von den McGreals. Die haben fürs LTB mit den Phantomann-Abenteuern, “Zu Besuch in Winzelhausen” oder “Das goldene Vlies” durchaus ordentliche Maus-Plots, daneben aber auch völlig Inakzeptables wie “Verfolgung im Schrumpfgang”, “Die Reise zum Mond” oder “Unsichtbare Freunde” fabriziert. Und bei ihren Crossover-Geschichten gingen sich Donald und Micky schon mal an die Gurgel.
Hier geht es recht merkwürdig los, denn eine seltsame Gestalt taucht bei Donald auf und verlangt, dass er und Micky ein Zepter zurück in einen Tempel in Porto Gordo bringen sollen (dasselbe Porto Gordo wie in LTB 462? Sieht nicht unbedingt danach aus…). Dort angekommen, entpuppt sich der Wächter als Schwarzes Phantom, der Fluch als Erfindung und das Zepter als enorm mächtig. Donald ist allerdings auch nicht ganz auf den Kopf gefallen und haut seinen Kumpel aus der Sache raus…
Ich kann nicht umhinkommen, “Geburtstagsparty mit Hindernissen” als das beste McGreal’sche Crossover seit “Spione wie wir” einzusortieren. Die Spannungen zwischen Micky und Donald werden nur verbal ausgefochten, und vor allem ist Mickys Charakterisierung recht gelungen: Er wirkt längst nicht so unausstehlich wie z.B. bei “Der Ruf des Abenteuers” und bleibt auch unter dem Einfluss des Zepters lieber er selbst (womit er dann auch Donalds Vorurteile Lügen straft). Über das große, bereits im Comicforum erwähnte Logikloch (wieso mussten Donald und Micky das Zepter zurückbringen? Hätte das Phantom es einfach bei Donald geklaut, hätte es Sprit sparen können!) kann ich einigermaßen hinwegsehen, auch wenn es der Geschichte natürlich schadet.
Der größte Pluspunkt neben dem wirklich hübschen Schluss sind klar die Zeichnungen. Auch wenn ich mich wahrscheinlich über eine Geburtstagsgeschichte von Erickson und Cavazzano mehr gefreut hätte: Massimo Fecchi beweist mal wieder seine Klasse. Es stellt sich erneut die Frage, wieso Fecchi Micky so selten im LTB zeichnen durfte. Verglichen mit Xavi, Gonzalez, Maximino oder Miguel spielt er in einer ganz anderen Liga. Aufmerksame Leser werden bemerken, dass er diesmal sogar Goofy auf die “herkömmliche” Weise zeichnen durfte. Überhaupt macht die letzte Seite richtig Lust auf eine schön klassische Mausgeschichte mit Fecchi-Zeichnungen. Wird Zeit, dass der Mann zu Panini wechselt und mit italienischen Autoren zusammenarbeitet!
Für sich gesehen ist die Geschichte nicht schlecht, aber sie verblasst natürlich verglichen mit dem, was da als Nächstes kommt. gut-
Was gestern geschah…
Teil 1: Ruf aus der Vergangenheit
Teil 2: Ein vergessener Fall
Eine lange Geburtstagsgeschichte von Casty, steigt da die Vorfreude? Oh ja! Die Fortsetzung ist übrigens gerade in Italien erschienen, und soll wohl ein Meisterwerk sein! Ich bin schon jetzt gespannt!
Wie auf dem Cover bereits angedeutet, trifft hier der heutige Micky per Zeitreise auf sein kurzbehostes früheres Ich. Moment, gab es das nicht schon? In der Tat, siehe hier. Aber keine Angst, die beiden Geschichten unterscheiden sich in so vielen wesentlichen Punkten, dass man kaum von einem Abklatsch sprechen kann. Hier steht zudem viel stärker die Hommage an Floyd Gottfredson im Vordergrund, denn ein Großteil der Geschichte spielt in der Ära der Zeitungsstrips und ist auch, inklusive der typischen Nebenfiguren, zeichnerisch in dem Stil gehalten.
Gezeichnet hat Casty die Geschichte zusammen mit Massimo Bonfatti. Einige Fans werden sich erinnern, dass Bonfatti in einem alten Casty-Interview als eine Art Mentor erwähnt wurde. Für den Inhalt zeichnet der beliebteste aktuelle italienische Disney-Künstler jedoch alleine verantwortlich: Los geht das Drama an Mickys Geburtstag, denn Kater Karlo hat Minnie gekidnappt und will Micky dadurch davon abhalten, in die Vergangenheit zurückzureisen. Doch genau das geschieht durch einige Zufälle, und so trifft der erwachsene Micky auf sein jugendliches Selbst und versucht dieses davon zu überzeugen, dass Karlo etwas Übles vorhat… schwierig, wenn man offenbar unter Gedächtnislücken leidet!
Die Zusammenhänge klären sich langsam auf, und trotz der etwas andersartigen (nicht unbedingt schlechteren – eher detaillierteren) Zeichnungen ist der Erzählstil ganz typisch Casty: Hektisch, teilweise schon fast überhastet, und mit ordentlich gepfefferten Kampszenen. Wem Casty bislang nicht zugesagt hat, der wird auch mit “Was gestern geschah…” nicht viel anfangen können, die anderen können sich über eine sehr gelungene Geschichte freuen, die in meinen Augen nur knapp unterhalb der selbst gesteckten Bestmarke (die da wäre: “Das ewige Imperium”) angesiedelt ist. Wie Vergangenheit und Gegenwart hier miteinander wechselwirken, ist schon bemerkenswert, und schrammt auch an den meisten Problemen vorbei, die bei solchen Zeitreise-Storys gerne schnell auftauchen (siehe Castys ältere “Wunderbrause”) – auch wenn es ohne Paradox natürlich nicht geht.
Interessant finde ich, dass Casty erneut eine Idee aufgreift, die es bereits schon mal in einer alten Egmont-Geschichte gab (siehe LTB 231), und diese wie gewohnt viel besser und inspirierter verwendet. Zum positiven Eindruck trägt auch die messerscharfe Charakterisierung bei: Micky ist sowohl als Jüngling als auch als “Herr Maus” sympathisch, wenn auch beide Varianten ihre jeweiligen Vorzüge haben. Alles in allem ganz klar Top!
(Weniger top ist die Übersetzung, welche eine ganze Reihe von Dingen ohne Not geändert bzw. verfälscht hat, wie von NRW-Radler hier festgestellt. Offenbar wollte man es so hinbiegen, als ob Micky 90 Jahre zurückreisen müsste, was aber aus vielerlei Gründen keinen Sinn macht. Was auch nicht sein musste: Das “90 Jahre Micky”-Logo mitten auf der strahlenden Sonne im Splashpanel. Also echt!)
100% Dagobert: Wenn zwei sich streiten…
Einseiter verdienen nur dann eine Wertung, wenn sie besonders schlecht (was leider öfters vorkommt) oder besonders gut (leider seltener der Fall) sind. Der hier ist weder das Eine noch das Andere, er setzt aber auch nur das bereits im Titel gespoilerte Sprichwort um. Anstelle von 100% Dagobert wäre mir 100% Maus (es gibt ja auch viele schöne Einseiter mit Micky) vielleicht lieber gewesen…
Die schlechtere Hälfte
Gleich noch mal Pietro Zemelo, diesmal eine etwas längere und ambitioniertere Geschichte des jungen Autorentalents: Donald fühlt sich gegenüber seiner Phantomias-Geheimidentität zunehmend geringgeschätzt. Um den Identitätskonflikt ein für alle Mal zu beenden, behauptet er nun, Donald sei am Südpol, und lässt den Superhelden seine bisherige Rolle übernehmen.
Die Moral von der Geschicht’ ist so offensichtlich, dass es hier weniger um das “was” geht, sondern um das “wie”. Und da überzeugt die Inszenierung einfach. Auch die quirligen, modernen (aber nicht übertrieben verzerrten) Zeichnungen von Renata Castellani passen dazu. Was mir hier besonders gut gefällt, ist das Stilmittel, eine Szene beinahe identisch zu wiederholen (die schockierten Neffen) – nur jeweils leicht variiert. Sehr hübsch gemacht! Insgesamt ein verdientes gut+
Das Schachspiel des Lebens
Eine ganz neue Idee in einem Disney-Comic? Geht! Gabriele Panini beweist es hier. Die Geschichte beginnt zu Gründerzeiten mit Emil Erpel, der die Idee hat, ein öffentliches Schachbrett aufzubauen, an dem jeder mal einen Zug machen kann. Dagobert kommt im Laufe der Jahre immer wieder vorbei und spielt gegen einen Gegner, den er nicht kennt. Dann lässt ein Kollege ein paar Bemerkungen fallen, die ihn stutzig machen…
Man kann die Geschichte nur dann ernst nehmen, wenn man nicht Don Rosa für die einzig wahre Wahrheit hält. Denn die Jahreszahlen hier passen natürlich überhaupt nicht zu einem Dagobert, der in den 1800ern geboren wurde. Ebenso sollte Emil Erpel eigentlich deutlich früher gelebt haben. Lässt man dieses Problem außer Acht, hat man tatsächlich eine tolle Story, die wirklich viel aus ihrer Idee macht. Sowohl Rahmenhandlung als auch die einzelnen Episoden sind überzeugend inszeniert. Die Zeichnungen sind eher zweckmäßig, gehen aber in Ordnung. Ich schwanke, aber bin heute mal großzügig und vergebe ein top-
Die Lokomotive des Kaukasus
Donald und Dussel sollen einen Artikel für die Zeitung über die “Lokomotive des Kaukasus” schreiben. Also ab nach Russland! Denn dort hat vor langer Zeit ein spektakulärer Goldraub stattgefunden, aber das Gold ist mitsamt der Lokomotive verschwunden. Donald und Dussel beweisen erstaunliches detektivisches Gespür, merken allerdings lange nicht, dass ein paar merkwürdige Gestalten auf ihrer Spur sind…
Diese Geschichte hat etwas beruhigend Altmodisches an sich: Alleine die Zeichnungen vom langjährigen Scarpa-Tuscher Sandro Del Conte, mittlerweile ein seltener Gast im LTB, sorgen dafür. Aber auch die Konstellation mit Donald und Dussel als Reporter in Diensten ihres Onkels ist altbekannt. Was der Geschichte ein wenig schadet, ist ihr (ebenfalls altbekanntes) Muster, wie die Reise überhaupt zustande kommt, und man erwartet eigentlich schon das Ende mit einen wutentbrannten Dagobert, der seine Neffen in die Wüste jagt. Aber Bruno Sarda hat der Versuchung widerstanden und ein recht versöhnliches Ende gezimmert, sodass ich dank des insgesamt positiven Gesamteindruck auf top- plädiere.
Mausopolis
Teil 1: Die Ära der Maschine
Teil 2: Die Zukunft beginnt
Es ist die fünfte moderne Adaption eines berühmten Werks im modernen Stil (diesmal kein Buch, sondern ein legendärer Stummfilm – stumm ist der Comic jedoch zum Glück nicht!), die es zu uns schafft. Und weiterhin werde ich mit dem Konzept nicht richtig warm. Trotzdem würde ich “Mausopolis” als den bislang besten Versuch bezeichnen, einfach weil man nie das Gefühl hat, dass die Figuren entgegen ihrem bekannten Naturell eingesetzt werden und die Handlung klar nachvollziehbar bleibt.
Dabei wirkt das Szenario aus heutiger Sicht seltsam fremdartig, weil es eben die Zukunft aus Sicht des frühen 20. Jahrhunderts zeigt – heutzutage nennt man so etwas gerne “Steampunk”; anachronistischer Futurismus gewissermaßen (dazu gehört in diesem Fall auch schon wieder eine Anlehnung an den bei uns so oft übersehenen Gottfredson, wenn man sich das Design der Nebenfiguren mal so ansieht). In der Stadt Mausopolis gibt es Ober- und Unterschicht. Mick Maus gehört zur Oberschicht und ist (als Nachfolger seines Vaters und Großvaters) der Chef des großen Werks, welches die Stadt mit Energie versorgt, doch erst als er das Werk besichtigt, merkt er, wie schlecht es den Arbeitern dort geht.
Gleichzeitig ist er zwischen allen Stühlen gefangen, denn einerseits wird die Ausnutzung von seinem “Vormund” Karlo Karlersen vorangetrieben (was Mick aber nicht weiß), und er lernt die hübsche Lehrerin Minny kennen, die eine Untergrundbewegung anführt. Immerhin ruft sie die Arbeiter nicht zur Revolution auf. Aber was nicht ist, das kann ja noch kommen. Und dann ist da ja noch der verrückte Erfinder Schwarzwang (aufgrund dieser Parallele vielleicht nicht ganz glücklich, “Duckenstein” und “Mausopolis” direkt aufeinander folgen zu lassen), der für Karlersen arbeitet…
Eine Geschichte ist dann gut gelungen, wenn sie den Leser mitreißt. Und das ist hier zumindest bei mir deutlich mehr der Fall als ich das über die anderen Adaptionen (Schatzinsel, Graf Phantula etc.) sagen könnte. Wenn man sieht, wie sich das Unglück entwickelt, will man als Leser geradezu in die Handlung eingreifen und die Katastrophe abwenden.
Was mir aber trotz allem nicht so recht gefallen will, sind die Zeichnungen. Zwar sind sie nicht mehr ganz so überladen und augenunfreundlich wie noch bei “Moby Duck”, aber gerade zu Beginn wirken sie auf mich teilweise sehr konfus, über die Maßen verzerrt und auch irgendwie “leer” (es gibt in einigen Szenen überhaupt keine Hintergrundstrukturen, was von der Kolorierung mehr schlecht als recht ausgeglichen wird). Und die Seite 232 (die auch irgendwie unpassend wirkt) erinnert mich fatal an den praktisch unlesbaren Celoni-Wust aus LTB Premium 14. Schade, in LTB Premium 19 konnte man gerade noch mal sehen, wie gut Mottura früher (trotz seiner sehr limitierten Palette an Gesichtsausdrücken) gezeichnet hat. Aber gut, ist wohl auch ein Stück weit Geschmackssache, sorgt aber mit dafür, dass “Mausopolis” so weit aus dem Rahmen des LTBs fällt, dass es wie ein Fremdkörper/Anhängsel wirkt. Trotzdem noch top-
Fazit: Ein hervorragendes LTB, das zeigt, welche Qualität die Reihe eigentlich viel öfter haben könnte, wenn man bei der Redaktion etwas mutiger wäre (und vielleicht nicht so viele Highlights in Nebenreihen abschieben würde). Absolute Kaufempfehlung.