Simon Unge, oder auch Ungespielt, ist fast Jedem ein Begriff, der schonmal auf YouTube unterwegs war. Der bekannte YouTuber und Streamer nahezu polarisiert die Plattform und ist regelmäßig in den Trends vertreten mit seinen Reactions. Wenn Unge reagiert, schaut die Welt zu. Ganze Kanäle konnten aus dem Nichts aus der Erde schießen auf mehrere hunderttausende Abonnenten, wenn er regelmäßig darauf reagierte. Seine Einnahmen: teilweise über 200.000 Euro im Monat, allein von YouTube Werbeeinnahmen. Doch wie ist er so mächtig und auch beliebt geworden?
Gestartet hat Unge auf YouTube bereits vor Ewigkeiten auf seinem Kanal “unschwer”. Mit der Zeit prägte er sich vor allem durch Gaming-Formate in Minecraft wie zum Beispiel VARO, veranstaltete seine sehr erfolgreiche Longboard-Tour durch Deutschland zusammen mit einigen anderen YouTubern und erreichte schließlich um 2014/15 mit dem YouTube-Haus in Köln Blütezeiten in seiner Karriere. Schon damals hatte er einige Kanäle, auf denen er seinen Content brachte. Ob es sich dabei um seinen Unschwer-, den Ungefilmt-, den Ungespielt-Kanal oder andere handelte.
Und auch in der Presse fand man den damals 24-Jährigen, nachdem er vorher aus dem Netzwerk Mediakraft ausgetreten und ein Video gegen die Praktiken dort erstellt und hochgeladen hatte. Besser hätte es für Unge zu dieser Zeit kaum laufen können, wie er, und das auch gerade nach dem Austritt, mit #Freiheit verkündete.
Doch dann kam der “Absturz”
Seine steile Karriere hielt allerdings nicht ewig. Nach diesen Top-Jahren fingen seine Kanäle an nicht mehr so erfolgreich zu sein, wie sie es einmal waren. Zunehmend verloren immer mehr treue Zuschauer das Interesse an seiner Internetpräsenz und orientierten sich um. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass neue Zuschauer nicht mehr dafür begeistert werden konnten und die Alten nun eben nicht mehr so zuschauten, wie es vorher der Fall war.
Generell hatten viele YouTuber nach diesem Boom 2014 und 2015 ein großes Problem noch weiterzubestehen. Denn die Gaming-Szene litt generell stark, da das Interesse zunehmend abbrach. Sich einfach vor die Kamera zu setzen und loszuspielen – das schien nicht mehr zu funktionieren – und auch die beliebten Vlogs waren nicht mehr das, was sie vorher gewesen waren. Auf seinem Ungespielt-Kanal fing Unge dann an die Videos erneut hochzuladen, die unter anderem bei der Longboard-Tour entstanden waren, auf dessen ursprünglichen Kanal er sie aber gelöscht hatte.
Durch Reactions ging es wieder bergauf
Dann fing Unge 2017 auf seinem Twitch-Kanal zunehmend an auf Videos von anderen YouTubern zu reagieren, wie es in den USA bereits ein Trend gewesen war. Ausschnitte aus seinen Streams lud er dann bei YouTube auf seinen Kanal ungespielt hoch, wo Zuschauer, die die Streams verpasst hatten, diese dann nachschauen konnten. Von hier an ging es dann wieder steil bergauf, nachdem Videos wie zum Beispiel die Reaction auf die Fidget Spinner Sammlung von Danny Jesden viral gingen und bis heute bereits über 6 Millionen Aufrufe sammeln konnten.
Er machte sich damit allerdings nicht nur Freunde. Die Kritik am plumpen Reagieren auf die Arbeit Anderer war, gerade am Anfang, als die Reactions noch neu waren, ziemlich groß. Aus diesem Grund fingen viele Leute an sich gegen diesen Content zu stellen und auch öffentlich zu zeigen, dass sie davon gar nichts hielten. Während die Videos also immer häufiger angeklickt wurden, fanden sich auch zunehmend Kritiker zusammen, weshalb viele der Videos, gerade in der Anfangszeit, auch immer eine feste Anzahl an Dislikes hatten.
Der “Milch ist Gift”-Skandal
2018 sorgte Unge dann erneut für einen Skandal, bei dem er erzählte, dass die Milch-Lobby in Europa und gerade Deutschland die Bevölkerung krank machen würde, nachdem in Kanada überlegt wurde Milchprodukte aus der Ernährungspyramide zu entfernen, weil diese angeblich gar nicht so gut seien. Damit machte der junge Veganer aktiv Stimmung gegen den Konsum von allen Milchprodukten.
Was wie eine riesige Verschwörungstheorie klingt, kam auch entsprechend bei den Zuschauern an. Mittlerweile ist das Video zwar wieder offline und es existieren nur noch Reuploads, damals schlug das Thema aber sehr große Wellen in der deutschen YouTube-Community und wurde recht schnell zum Meme. Unter anderem auch das sehr beliebte und wichtige YouTube-Urgestein Gronkh äußerte sich in einer Folge vom Neo Magazin Royale zusammen mit Moderator Jan Böhmermann spöttisch über den Diskurs, den Simon Unge ins Leben gerufen hatte und aß daraufhin zusammen mit Böhmermann eine Snack-Salami in der Sendung, was als bewusste Provokation gegen sein Video gesehen werden konnte.
Später parodierte Unge das Video für eine Werbung damit, dass auch Regen Gift sei, um eine neue Serie zu promoten. Dieser Werbung kam bei der Masse dann auch nicht so gut an, weshalb er bis heute die Like/Dislike-Anzeige auf dem Video ausgeschaltet hat. Übrigens eine Sache, die er bei Anderen gern kritisierte in späteren Videos, weil dies Kritikunfähigkeit zeigen würde.
Erneute Kritik von Gronkh zum Thema Reactions
Nur wenige Monate später, im selben Jahr, äußerte sich Gronkh erneut über die Inhalte, die Unge auf YouTube hochlud. Unter anderem mit den Worten “Wer guckt sowas?”, die aber eher ein Insider in seiner Community waren und für die er sich später auch entschuldigte, kritisierte er diese neue Reaction-Bewegung und den Content-Klau, den Unge hierdurch quasi betriebe. Darauf reagierte Unge danach wieder und gab unter anderem zu Worte, dass Let’s Plays ja quasi auch nichts anderes als Reactions wären, was er aber eher auf die Frage, warum man so etwas schaut, bezog.
Daraus entbrannte dann eine Diskussion darum, wie man Let’s Plays mit Reactions vergleichen könnte, da der Eigenanteil beim LP ja doch viel höher sei und man damit auch Andere dazu ermutigen würde das Spiel ebenfalls zu spielen, das bei einem Video aber nicht mehr der Fall sei, weil einmal Anschauen reichen würde. Die Diskussion war jedoch schon damals schwerer lösbar als sie am Ende geführt würde, da es natürlich immer stark darauf ankommt, wie sich der Zuschauer im Einzelnen verhält und wie viel Qualität das Video oder das Spiel am Ende bieten. Fakt ist jedoch, dass bei sowohl Let’s Plays, als auch Reactions, am Ende in der Regel immer mehr Aufrufe/Käufe entstehen beim Original als ohne.
Unter anderem einhaken tat sich dann auch HandOfBlood, der ein Video zum Hate im Internet erstellte, wo er darüber sprach, dass Zuschauer seine Videos disliken würden, weil er mit Personen aufnimmt, die nicht so beliebt seien. Darunter eben auch Unge, der durch seine Reactions und den “Milch ist Gift”-Skandal 2018 nicht besonders beliebt war und entsprechend beim Großteil der Zuschauer sehr negativ aufgenommen wurde.
Zunehmende Beliebtheit durch Erfolg und der Umzug nach Madeira
Mit der Zeit konnte Unge aber auch einigen kleineren YouTubern dabei helfen, dass diese immer größer wurden. Auch Kanäle, die zusätzliche Stream-Ausschnitte zu denen auf dem Hauptkanal von Unge veröffentlichten, wie zum Beispiel OnPoint!, konnten immer größere Beliebtheit erzielen. Der Einfluss von Unge auf die YouTube-Landschaft wuchs kontinuierlich, gerade auch, weil er in seinen Reactions auf das gesamte Spektrum reagierte und somit Inhalt für fast jeden Zuschauer mit dabei war. Man kam gar nicht mehr um seine Kommentierungen von Videos herum, so omnipräsent wurde er zunehmend.
Ende 2018 wanderte er dann auf die Insel Madeira aus und eröffnete unter anderem den Kanal “neugelebt”, auf dem er allerdings nicht allzu lang wirklich aktiv blieb, sondern die Videos am Ende dann doch auf dem Hauptkanal Ungespielt veröffentlichte und dort über seine Pläne sprach. Nach seinem Auswandern folgten ihm auch einige andere YouTuber wie Reved, Halbzwilling und weitere.
Aufgrund dessen wurde er dann wiederum kritisiert, dass er nur ausgewandert sei, weil die Steuerbelastung in Deutschland weitaus größer ist und er entsprechend eine Menge Geld spare auf Madeira. Auch wenn die Vorwürfe bis heute noch oft geäußert werden, begründete er seine Entscheidung, dass es mehrere Ursachen gäbe, unter anderem, dass er von Fans in Hamburg vorher oft belästigt worden wäre und die Gesamtsituation dort für ihn persönlich einfach besser wäre.
Gaming-Projekte wie Minecraft Suro, zunehmend größere Beliebtheit
2019 veranstaltete er nach Jahren auch wieder ein Minecraft Projekt, das ebenfalls durch die Decke ging. Hierbei handelte es sich um Minecraft Suro, wo 100 Spieler gegeneinander antraten in insgesamt zwei Staffeln, damit es am Ende einen Gewinner geben konnte. Auch hier blieb die Kritik nicht aus, weil er aktiv Einfluss auf das Projekt nahm und damit verhinderte, dass die Friedensbewegung von Herr Bergmann gewinnen konte und am Ende doch wieder PvP siegte. Für die dritte Staffel versprach er dafür aber, dass er sich mit Herr Bergmann zusammensetzen würde, damit es danach wieder besseren werden könne.
Zu dieser dritten Staffel kam es seitdem zwar nicht mehr und es ist auch fraglich, ob das Projekt nochmal fortgesetzt wird, trotzdem zeichnet das Jahr 2019 insgesamt einen großen Umbruch aus, weil die Kritik gegen Unge seitdem stark zurückgegangen ist. Seine Reactions erfreuten sich weiterhin noch größerer Beliebtheit und einige YouTuber konnten mit seiner Hilfe enorm wachsen, darunter auch Kanäle wie youlooked.exe oder später Varion, der aber schon vorher durch eine Kanalvorstellung bei Zeo und den YouTube-Algorithmus immer bekannter wurde.
Stattdessen kritisierte Unge aber auch andere Influencer wie die PrankBros oder Leon Machère, weil diese ihre Videos fälschten und systematisch Zuschauer aufs Korn nahmen. Da er durch sein Reagieren Zugriff auf die gesamte Plattform hatte und dann auch mit dem Streaming komplett auf YouTube umstieg, sorgte dies natürlich dafür, dass er der Hub für Neuigkeiten und das aktuelle Geschehen für den gesamten deutschsprachigen Bereich wurde. Wenn irgendetwas aktuell los ist auf Instagram, Twitter oder YouTube – man konnte sich sicher sein, dass Unge darauf reagieren würde in seinem Livestream, der jeden Tag ab 20 Uhr stattfand.
Madeira-Besuche und Tanzverbot-Hilfsaktion
Weil Unge zum Hub für YouTube Deutschland wurde, pilgerten auch einige andere YouTuber immer öfter zu ihm, um entweder ebenfalls darüber nachzudenken nun in Madeira zu leben oder einfach nur, weil sie ihn einmal besuchen wollten. Klar war ab hier auch, dass Kritik an Unge zunehmend verstummte, weil man sich mit ihm gut halten wollte wegen seines Einflusses. Schließlich könnte es Gift für die eigene Karriere sein, wenn man sich mit dem Größten anlegt. Deshalb darf man nicht vergessen, dass die wenige Kritik auch daher kommt, dass Unge mit seinem steigenden Erfolg langsam “too big to fail” wurde und die Kontroversität um ihn damit nachließ.
Denn natürlich lebt Kritik auch davon, dass sie von Personen verbreitet wird, die ebenfalls Einfluss haben. Da aber niemand sich Hate aufladen möchte, verzichten viele auch deshalb darauf sich mit Unge zu streiten. Doch auch durch Reactions auf Videos von Kritikern motiviert er natürlich dazu, dass man sich ihm gegenüber “positiv” verhält, da er diesen damit hilft.
Unter anderem Tanzverbot konnte später jedoch auch körper- und gesundheitlich von Unge profitieren, der ihn nach einem Video über seinen immer schlechter werdenden gesundheitlichen Zustands zu sich einlud, um dort mit ihm zu trainieren. So schaffte es Kilian sich sportlich wieder mehr zu motivieren und sogar einiges abzunehmen. Zwischenzeitlich kam es dann zwar auch zu einem Streit, in dem sich Unge nicht von seiner besten Seite gegenüber Tanzverbot zeigte, wie später herauskam, wofür er sich allerdings dann auch wieder entschuldigte.
Unges großer Erfolg und Beliebtheit bis heute
Auch heute zeigt Unge immer wieder seine Relevanz bei aktuellen Thematiken. Oft reagiert er dabei auf Memes, die auf YouTube hochgeladen werden. Sobald sich aber wieder etwas Relevantes in der Woche ereignet, kommt es direkt im nächsten Livestream auch an die Reihe und wird von ihm kommentiert. Auch wenn die Meinungsblogger-Szene nicht mit Unge identifiziert wird, kann man behaupten, dass Unge einen sehr großen Teil dabei spielt, trotz dass er sich selbst nicht als Kritiker bezeichnet.
Unter anderem Thema sind auch oft Reactions auf KuchenTV oder andere YouTuber, dabei ebenfalls Show-Formate, in denen man andere Streamer sieht. Wenn er tweetet, bekommt er gut und gern über 5.000 Likes bei 2,3 Millionen Followern. Und auch wenn er bei YouTube seit langer Zeit die Abonnenten ausgestellt hat, weil er sich gegen das Denken in Zahlen stellt, hat er in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass sein Kanal noch immer sehr schnell wächst und jetzt vermutlich schon in Richtung von vier oder mehr Millionen Abonnenten geht, wenn er diese nicht schon hat.
Auch wenn man Unge in vielen Punkten kritisieren kann, so hat er es trotzdem geschafft vom fast abgestürzten, unbeliebten YouTuber und gehateten Veganer zum wahrscheinlich wichtigsten YouTuber im deutschsprachigen Bereich aufzusteigen und damit noch erfolgreicher zu sein als er es sich 2014 je hätte erträumen könnte. Mittlerweile hat er so auch seiner Familie, darunter fallen Unges Mutter und seine Geschwister, einiges ermöglichen können und sieht sein YouTube-Dasein, trotz der enorm hohen Gewinne, eher als Hobby, weil er nicht mehr wirklich darauf angewiesen ist durch weitere Projekte wie einen Bauernhof, an dem er aktuell arbeitet.
Und auch so, wie die Zukunft aktuell aussieht, scheint Unge noch eine ganze Weile in seiner Stellung zu bleiben. Durch seine Größe kommt aber natürlich auch viel Verantwortung, die er wahren muss, selbst wenn Streamer wie Gronkh durch ihre Kommentare wohl mittlerweile nicht mehr an ihn herankommen würden. So ist es für die Zuschauer auch trotz des gigantischen Erfolgs wichtig ein kritisches Auge darauf zu werfen, wenn Unge sich zu Themen äußert. Denn trotz seiner steilen Karriere ist auch Unge nicht frei von Kritik. Den Weg und das Durchhaltevermögen, durch das er dazu gekommen ist, kann man aber durchaus bewundern.
2 Kommentare
Oh junge, erstmal großen Respekt das die ganze Geschichte von Unge und seiner YouTube Laufbahn in diesen knackigen Artikel zusammengefasst hast.
Persönlich bin ich gespaltener Meinung zu Unge, man kann sich definitiv streiten, ob nun Reactions wirklich viel eigener Content oder nicht sind. Auch manchmal widerspricht er sich mit Aussagen, siehe er kritisiert, dass andere die Like/Disslike Funktion ausmachen, aber machte es einmal selbst.
Naja wie gesagt ist eine Sache, wo man sich langer darüber streiten kann.
Sowieso verfolge ich Unge nicht mehr so wirklich schon seit 2 oder 3 Jahren, hab ihn kurze Zeit selbst aktiv verfolgt, das war glaube ich so 2017/18 rum, also kann ich auch nicht wirklich viel zu seinem heutigen Content sagen.
Naja, ob man das so nennen kann 😀
Ja, das stimmt, manchmal mag seine Stellung durchaus fragwürdig gewesen sein, ich habe mich ja auch deshalb insgesamt differenziert damit auseinandergesetzt. Und danke für das Lob!