Im Jahr 2017 fand auf Reddit erstmals das plattformübergreifende r/place-Event statt, nun, fünf Jahre später, kehrt es im neuen Gewand zurück und erfreut sich noch mehr Teilnehmern als zuvor. Doch um was geht es dabei und inwiefern spielen verschiedene Länder, Kulturen und Franchises eine tragende Rolle?
Nach kurzfristiger Ankündigung ging am 1. April das zweite Mal r/place nach nun mehr fünf Jahren online. Auf einer Pixelwand kann jeder Nutzer alle 5 Minuten exakt ein Pixel setzen und diesen dann live bei allen anderen in eine von 24 Farben ändern. So können Kunstwerke entstehen, die die Nutzer zusammen erstellen müssen.
Wie viele Pixel gibt es?
Das Feld könnte dabei kaum größer sein. Während man in diesem Jahr zuerst mit weniger Fläche wie 2017 gestartet ist, hat man diese nun auf 2000×1000 Pixel vergrößert, da der Andrang so groß ist. Das Gesamtbild ist bei über zwei Millionen Pixeln also immer in Bewegung und es tragen sich richtige Kämpfe zu, bei denen alte Pixel verteidigt oder neue gepusht werden.
Es wird jedoch nicht einfach drauf losgemalt, wie man, im Vergleich zu 2017, sehen kann. Damals sah das Bild zuerst chaotisch aus und konnte erst nach einigen Tagen in eine einigermaßen stylische Komposition verwandelt werden, als sich verschiedene Communites zusammenschlossen und sich koordinierten. In diesem Jahr hat man von Anfang an begonnen, sich abzusprechen und so in wenigen Minuten Flächen effizient zu füllen.
Im deutschen Raum wären vor allem das bekannte r/ich_iel oder das nur dafür existierende r/placede zu nennen, die sich teils auch über Discord-Server abgesprochen haben.
Kultureller Austausch durch Flaggen, berühmte Symbole und mehr
Der deutsche Bereich war so zuerst links unten zu verordnen, wie auch im Jahr 2017 schon, wanderte dann aber langsam auch nach rechts und bedeckt so fast das ganze Bild von links nach rechts – natürlich nur auf einer kleinen Fläche, aber durchaus sichtbar für alle. Als fünftgrößte Reddit-Community hat Deutschland durchaus einen Hauptplatz und genug Nutzer, um sich zu verteidigen gegen andere, die die Pixel wieder ersetzen wollen.
Relativ gut gelungen ist zum Beispiel die Überschneidung der deutschen und französischen Flagge, die man mit dem Arte-Logo gelöst hat. Da der Sender vor allem in Deutschland und Frankreich sehr präsent und bekannt ist – und unter Insidern als ein richtiger Kultsender, auch in der deutschen Meme-Szene, bezeichnet werden kann – ist diese Symbolik mehr als gelungen. Ebenfalls vereint sich Deutschland mit Ländern wie Belgien oder der Flagge der Europäischen Union.
An einer anderen Stelle weiter links (s. u.) ist die Europa-Flagge auch nochmals mit einer Friedenstaube darin gekennzeichnet. Um sie herum befindet sich ein deutscher ICE mit “E”-Internet und ihm gegenüber ein französischer TGV mit “5G”-Internet – auch in Bildform spart man also nicht mit Scherzen.
Wie man im Bild ebenfalls sieht, wollte man zudem verschiedene Kunstwerke nicht zerstören, weshalb man ein Portal in Anlehnung an die Portal-Reihe geschaffen hat, in dem die deutsche Flagge verschwindet und etwas weiter wieder auftaucht.
Neben bekannten Figuren landeten aber auch Symbole wie das Ü-Ei, die Tigerente oder das Erdbeermarmeladenbrot von Tom auf der Leinwand. Man baut also kreativ Memes ein, setzt diese aber auf die eigene Landesflagge.
Ist r/place zu nationalistisch, zu fokussiert auf Länder?
Das wirft jedoch eine Frage auf, die man sich im Vergleich mit 2017 weniger stellen musste – ist r/place vielleicht ein wenig zu nationalistisch geworden? Viele werfen dem Experiment nun nämlich vor, dass die Kreativität unter den Flaggen leiden würde. Und ja, es gibt weitaus mehr Flaggen – auf natürlich auch mehr Platz als zuvor, andererseits machen Franchises wie Star Wars und Undertale trotzdem an einigen Stellen noch einen größeren Platz aus. Auch große Subreddits verewigen sich ohne Länderbezug.
Der größte Punkt gegen diese Kritik dürfte jedoch der nahtlose Übergang einiger Flaggen ineinander und dessen Symbolik darauf sein. Albert Einstein ist mit deutscher Flagge eindeutig einzuordnen und Asterix kommt nun mal aus Frankreich. Beachtlich ist, mit wie viel Liebe diese prägenden Charakteristika verewigt worden sind und wie wenig sie angefochten werden – schließlich will ja jeder seinen Platz im großen Ganzen.
Und gerade Verknüpfungen wie Arte zeigen, dass es Austausch gibt. Bei der ukrainischen Flagge zum Beispiel sind Herzen angebracht, die die Flaggen sämtlicher Nationen beinhalten und ihre Unterstützung für das Land ausdrücken sollen. Andererseits scheitern Länder wie die USA kläglich daran, ihre Flagge zu halten und haben zu Höchstzeiten maximal einen kleinen Teil inne. Umso kleiner die Community, umso eingeschworener scheint sie teilweise auch zu sein. Ein gutes Beispiel dafür ist auch die niederländische Community, die ebenfalls einen ganzen Streifen besitzt.
Deutschland, die Niederlande, Spanien, Frankreich und Belgien tun sich dabei besonders heraus, während die USA, Indien und Großbritannien es eher schwer haben, ihre Flaggen wirklich weit zu verteilen – das mag aber auch an der Gestaltung der Flagge selbst liegen.
Fazit: Nicht nur bekannte Marken, Memes oder anderes, sondern auch die Kulturen anderer Länder kennenlernen
Die Bilder auf r/place bringen dieses Mal so nicht nur einfach Memes und ein paar Franchises mit, sondern Identität von Ländern – vor allem auch europäischer, was bei der vergleichsweise geringen Zielgruppenstärke beachtlich ist. Neben Kunst, einigen Among Us-Memes, die wohl nie fehlen können und sonstigem kreativen Output, findet sich nun eben auch eine ganze Reihe an Merkmalen der Nationen und Völker wieder – teilweise selbstverständlich auch politisch, denn die aktuellen Ereignisse sind natürlich sehr präsent.
Und ein solcher Austausch ist dann auch nicht mehr nationalistisch, sondern schon eher das Gegenteil – schließlich lernt man die Symboliken und Dinge, die den anderen Nationen wichtig sind, kennen. Und da man sich auch Platz gibt und mit den Flaggen aktiv andere Kunstwerke umschifft, nimmt auch niemand wirklich Schaden davon. Denn es sind eben nicht nur lokale Dinge, sondern auch Sachen, die andere Länder mittlerweile schätzen. Ein gutes Beispiel wäre der aus Deutschland stammende Kanal “Kurzgesagt” oder eben Asterix, Obelix und Idefix.
Und ein solcher Austausch ist dann auch nicht mehr nationalistisch, sondern schon eher das Gegenteil.
Das ist eine durchaus gute Entwicklung und etwas, was man begrüßen kann. Anfangs stand ich der Sache auch noch skeptisch gegenüber, aber als sich die Flaggen zunehmend in Orte der kulturellen Merkmale verwandelten und die ersten Verknüpfungen anfingen, fiel auch diese Skepsis in Begeisterung über.
Natürlich kann man weiterhin darüber streiten, inwiefern die unterschiedlichen Länder und dessen Betonung sinnvoll sind, aber die Mehrheit der Reddit-Nutzer sind nun mal US-Nutzer (über 50%) und diese kommen so auch aus ihrem US-fokussierten Denken heraus, lernen dabei spielerisch und künstlerisch andere Nationen kennen und können sich zudem noch daran beteiligen – was will man schon mehr? Kurzum: Das Experiment ist auch dieses Mal wieder gelungen, dabei ist es noch gar nicht zu Ende.
Wer sich für das Projekt interessiert und mitmachen möchte, kann sich das Artwork noch bis morgen in Echtzeit anschauen und verfolgen, was sich die Nutzer noch alles ausdenken werden. Wer will, kann natürlich auch mitwirken.
4 Kommentare
Das ist ein wirklich tolle und kreative Idee! Schade, dass ich davon erst jetzt höre, sowas ist eine schöne und kreative Art! Bin schon gespannt, mir die Pixelkunstwerke in voller Gänze anzuschauen!
Wirklich ein sehr interessanter Artikel!
Ich liebe r/place und verfolge ihn tatsächlich auch recht aktiv.
Die Kunst, die durch kollektive Zusammenarbeit geschaffen werden kann, ist echt unglaublich.
Auch die Raids find ich super spannend, vor allem weil es mir extrem viel Freude bereitet, zu sehen, welche Gruppierung sich in welchem Szenario durchsetzt.
Wie gesagt, ich liebe r/place! 😀
Ich bin auch positiv überrascht, wie schnell und professionell es jetzt ging.
Und ich muss zugeben, dass ich ebenfalls immer wieder reinschaue aktuell, weil es wirklich interessant ist und man alle paar Stunden etwas Neues entdeckt. Natürlich hat das auch etwas damit zu tun, dass es durch die zeitliche Limitierung einfach ist, zuzuschauen oder sogar ab und zu mal selbst ein Pixel zu setzen. 🙂
Sehr lustige Sache. Vorhin habe ich ein Geschlechtsorgan gesehen, das ist aber mittlerweile wieder verschwunden :ähehehe: