Die Lego-Animationsfilme gehörten zu den unerwarteten Hits des vergangenen Kinojahrzehnts. Mit “Piece by Piece” erscheint nun nach fünf Jahren wieder ein neuer Film, der sich die Nummer fünf dieser Filmserie einreiht. Doch es handelt sich um keine Fortsetzung, und auch sonst nichts, was man erwarten würde – sondern um eine Filmbiografie des Musikers und Produzenten Pharrell Williams.
Das ist ein frisches und unerwartetes Konzept für jemanden, der nicht nur etliche Hits mitproduzierte und schrieb, sondern auch selbst ein bekannter Star ist – wohl vor allem durch seinen Song “Happy”, aber auch die Songs der vergangenen “Ich einfach unverbesserlich”-Filme. Auch Williams selbst suchte immer etwas Neues, und vor allem anderes, um sich auszudrücken. Eine Filmbiografie in einem Lego-Animationsfilm ist jedenfalls gewiss nichts, was es schon oft gegeben hätte.
Piece by Piece: Man merkt die Liebe zum Detail des Animationsfilms
Beim Anschauen des rund 90-minütigen Films, der in den USA schon einige Monate vor Deutschland startete – und hierzulande auch leider nicht überall zu sehen ist – merkt man bereits die Liebe zum Detail, die “Piece by Piece” aussprüht. Der sympathische Charakter Williams kommt hier voll zur Geltung. Der Zuschauer verfolgt, teilweise etwas verstreut gerade zu Anfang, sein Werden, seine Misserfolge und schließlich seine Karriere als Produzent und Künstler.
Nun, nachdem mir “Better Man” als Biopic über Robbie Williams ja eher weniger zusagte, stellt sich Piece by Piece einmal fundamental anders auf. Die Lego-Ästhetik statt eines unpassenden Affens mag gewiss eine große Rolle dabei spielen, aber hier sieht man auch, wie sich der Stil mittlerweile etabliert hat und sogar für Filmbiografien eingesetzt werden kann.
Piece by Piece ist eine Filmbiografie ohne stringente Storyline
Eine wirklich stringente Story hat Piece by Piece über Pharrell jedoch nicht. Immer wieder werden Interview-Schnipsel eingeworfen, die dafür teilweise aber auch emotional werden und zeigen, wie reflektiert Pharrell an vielen Stellen durchaus ist. Und übrigens auch einige lustige Situationen, die wohl beim Dreh der einzelnen Interviews von selbst entstanden sind. Diese sind intelligent aufgegriffen und wirklich gut in die Szenen integriert worden.
An einigen Stellen nimmt man Pharrell seinen selbst gezeichneten Lebensweg aber nicht wirklich ab. Als er beispielsweise seine “unkreative” Phase hat, zeichnet der Film als Grund dafür “falsche” Kontakte zu Geschäftsmännern, die ihn nur auspressen und dann fallen lassen wollen. Williams kommt dabei sehr gut weg – ein bisschen zu gut.
Die verklärte Welt von Pharrell Williams – ist das denn alles?
Die Welt, in der wir Williams erleben, ist mitunter doch ziemlich verklärt. Natürlich darf eine Biografie auch persönlich und subjektiv sein, durch die vielen Stimmen hat man hier jedoch weniger das Gefühl, aber im Endeffekt wundert man sich dann doch, wie bodenständig und menschlich Williams geblieben sein soll. Irgendwann stellt er fest, er sei zu arrogant gewesen – im Film wird das aber nicht klar.
Wenn Williams wirklich, insbesondere im Vergleich zu anderen Stars, so ein Engel geblieben ist: Schön. Wenn nicht: Wieso wird das nicht erzählt? Ist eine Zusammenarbeit mit Lego dann vielleicht doch eine Einschränkung, alles zu erzählen? Teilweise ist das gut gelöst. Bevor Snoop Dog mit ihm spricht, wird beispielsweise (sollte ich es richtig erkannt haben) Jugendschutz-Pulver versprüht, offenbar wegen der ausfälligen Sprache von Dog. Gut, sollte man meinen, wenn es schon bei ein paar F-Slurs passiert – was ist dann sonst noch herausgenommen worden?
Piecy by piece, banknote by banknote
Gleichzeitig ist der Preis für eines der Kinotickets für Piece by Piece nicht gerade billig. 18 Euro habe ich für den Kinobesuch bezahlt und vom Kino gesagt bekommen, dass dieser Preis durch den Verleih bestimmt worden sei. Für einen Film, der schon jetzt erkennbar unter seinem Budget von 16 Millionen US-Dollar (das ist allerdings ein wirklich passabler Preis) bleiben wird, da er aktuell bei rund 10 Millionen US-Dollar Einspielergebnis steht, aber das Marketing ja noch an Kosten dazukommt, ist das nicht wenig.
Das ist schade, weil der Film wirklich gut gemacht ist und man beim Anschauen Spaß hat. Dass der Film dann fast nirgendwo läuft, hierzulande viel später startet und dann noch teurer ist – das schmälert die Zuschauerschaft noch zusätzlich. Hoffentlich ist es deshalb nicht das letzte Mal, dass jemand sich eine Biografie mittels Legosteinen zulegt.
Ganz passend hat im Übrigen der deutschsprachige YouTuber Held der Steine, der sich vor allem auf Lego und sonstige Klemmbausteinhersteller fokussiert, die Million Abonnenten auf YouTube erreicht. Lego ist noch immer in, würde man sagen. Lasst uns daran doch bitte auch im Kino mehr teilhaben!