Was zuerst wie eine ziemliche Schnapsidee klingt, soll vielen schon aus ihrer finanziellen Unfreiheit geholfen haben: Overemployment, auch Overemployed genannt, ist der neue Trend mehreren Vollzeit-Jobs gleichzeitig nachzukommen und so gleich mehrfach den doppelten Lohn einzukassieren. Wie sinnvoll kann so etwas sein und um was geht es bei dem Trend, der in den letzten Jahren immer erfolgreicher wurde?
Was ist Overemployment oder eine Seite wie Overemployed.com? Bei den Angeboten rund um Mehrarbeit handelt es sich um Angebote, die Arbeitnehmern die Arbeit bei gleich mehreren Arbeitgebern nahe führen sollen und ihnen Tipps dabei geben, wie sich das am besten gestalten lässt, ohne aufzufallen. Möglich ist das oft nur in Remote Jobs, häufig der IT, wo Mitarbeiter ohne das Unternehmen wirklich aufsuchen zu müssen, von zuhause aus arbeiten können.
Overemployment & Overemployed.com: Die heile Welt und finanzielle Freiheit? Was ist Overemployed/Overemployment überhaupt?
Beschrieben wird Overemployment aber auch damit, sich darauf gefasst zu machen, dass man erwischt und gefeuert wird, sobald herauskommt, dass man nicht nur für ein Unternehmen arbeitet. Ebenfalls wird darauf aufmerksam gemacht, dass man mit hoher Wahrscheinlichkeit viel Arbeit liegen lässt, andere Kollegen diese übernehmen müssen, was das Betriebsklima schädigt und man niemals zu 100% für die Firma arbeiten kann.
Im Umkehrschluss bekommt man allerdings im besten Fall das doppelte oder dreifache Gehalt und kann sich eher etwas leisten als andere.
Aufgekommen ist dieser Trend vor allem aktuell in den USA, teils jedoch auch anderen Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz. In Amerika ist die Bezahlung im IT-Sektor zwar nicht schlecht, trotzdem konnten sich zuletzt immer weniger wirklich etwas leisten von ihrem Geld, heißt: ein eigenes Haus oder mehr ist selten drin oder dauert Ewigkeiten. Websites wie Overemployed.com beschreiben den Weg, sich aus dieser Lage heraus zu manövrieren.
Arbeiten bei mehreren Unternehmen
Bei mehreren Unternehmen gleichzeitig zu arbeiten, ist damit natürlich auch ein Stressfaktor. Da es aber viele Tätigkeitsbereiche gibt, bei denen Arbeitnehmer gar nicht die volle Zeit ihre Arbeit leisten müssen, sondern nach vielleicht schon vier Stunden Arbeit den Rest des Tages im Büro (meist zuhause, teilweise auch im Unternehmen) sitzen, Artikel lesen und Videospiele spielen, bietet das Arbeiten bei mehreren Unternehmen eine Möglichkeit, diese Zeit “sinnvoller” zu nutzen.
Auf entsprechenden Seiten wird immer wieder darauf hingewiesen, dass man zwar unter Stress stehe, sich gute Ausreden ausdenken (einige davon werden auch aufgezählt) und bei Zoom-Meeting im Notfall eben auch zwei gleichzeitig betreten müsse, dafür aber stellenweise bis zu 1,2 Millionen Dollar im Jahr verdienen könne, wie die Erfolgsgeschichte eines Lesers, der es mit 5 Jobs geschafft hat, richtig viel zu verdienen – andererseits erwartet er dafür auch, dass er früher oder später gefeuert werden wird.
Nicht selten wird jedoch auch empfohlen, Jobs leicht unter seinem eigenen Niveau zu nehmen, um in diesen in kurzer Zeit noch mehr zu schaffen und so womöglich sogar noch gelobt zu werden für seine Arbeit. Das ist etwas, was bei den meisten, die in mehreren Jobs arbeiten, wohl kaum passieren wird, da diese dazu gezwungen sind Abstriche zu machen und auf Perfektion zu verzichten.
In verschiedenen Zeitzonen arbeiten
Ebenfalls ist es jedoch auch beliebt, einfach in mehreren Zeitzonen zu arbeiten und entsprechend Meetings zu unterschiedlichen Zeiten zu haben – alternativ kann man zwischendurch auch welche absagen, weil man sich “lieber auf die Arbeit konzentrieren möchte” oder eigens verlinkte Produkte kaufen wie eine Unterlage für die Maus, die diese alle paar Sekunden bewegt, damit es so aussieht, als ob man gerade tatsächlich aktiv arbeiten würde oder am PC anwesend wäre.
Wenn man sich die Geschichte von Overemployed oder anderen Erfahrungsberichten darüber auf Reddit, wo die Community r/Overemployed fast 100.000 Mitglieder hat, durchliest, merkt man, wie kreativ einige versuchen so unauffällig wie möglich unter dem Radar zu bleiben und trotzdem mehreren Jobs in ihrer Overemployed-Position nachzugehen.
Fazit: Lohnt sich Overemployment oder eine Overemployed Position?
Eine der ersten Dinge, die gesagt werden, bevor man mit dem Overemployed-Mindset anfangen kann, ist es, sich vollkommen von moralischen oder ethischen Grundsätzen bezüglich seiner eigenen Arbeit zu verabschieden. Man arbeitet grundsätzlich nicht mehr für das Unternehmen, sondern für sich und gegen viele andere Angestellte – auch wenn es vereinzelnd Unternehmen geben wird, die lieber jemanden haben, der mehrere Jobs macht als keinen, der die Aufgaben im Unternehmen erledigt. Das ist allerdings nichts mehr, worauf man wirklich noch stolz sein könnte.
Auch lebt man unter einem großen Stress, ständig erwischt werden zu können und die Gewöhnung an diesen Zustand kann gut und gern Jahre dauern oder nie wirklich aufkommen.
Allerdings haben es einige auf diese Weise schon geschafft, ohne signifikante Einbußen, einen Großteil mehr Geld zu verdienen. Das liegt aber auch daran, dass oft Hände ringend nach Fachkräften gesucht wird, von denen zwar nicht viel Arbeit verlangt wird, die aber viele Qualifikationen brauchen und entsprechend von diesen recht einfach ein Job an mehreren Stellen bekommen werden kann.
Manche dieser Arbeitsstellen suchen dann sogar so Hände ringend, dass sie es in Kauf nehmen, wenn jemand mehrere Jobs gleichzeitig macht, Hauptsache die Arbeit wird irgendwie getan. Ob eine “Überanstellung” (Overemployed Position) allerdings für einen selbst infrage kommt, ist eine Frage, die man unter anderem auch an moralischen und ethischen Standards festmachen muss und an der eigenen Stressresistenz und Perfektion.
Wer allerdings darauf schaut, was ansonsten in der Gesellschaft schiefläuft, begeht damit sicher auch keinen totalen Sittenbruch und kann zumindest mit etwas Glück den eigenen Kopf aus der Schlinge der finanziellen Unfreiheit ziehen. Ob es das aber wert ist? Eine zutiefst persönliche Frage, auf die unsere aktuellen Umstände bisher auch noch keine Antwort gefunden haben. Fakt ist, dass finanzielle Freiheit zwar erstrebenswert ist, aber mittlerweile immer schwieriger wird. Overemployment ist ein, wenn auch sehr fragwürdiger, Weg aus dieser Sackgasse heraus.