Über 1,6 Milliarden US-Dollar spielte das fotorealistische, animierte Remake vom “König der Löwen” 2019 an den Kinokassen ein. Im Jahr 2020 war dann klar, dass die Geschichte nach dem großen Erfolg weitergehen soll. Kein einfaches Unterfangen, denn die weitere Geschichte musste erst geschrieben werden. Ist das Disney gelungen?
Mit dem 1994 erschienenen “König der Löwen”, der durch viele Einflüsse nichtsdestotrotz in Disneys Studios aus der Traufe gehoben wurde, begann ein vollkommen neues Franchise. Mittlerweile kennt man den König der Löwen nicht nur für seinen Animationsfilm, sondern auch die Musicals, sowie seit 2019 einem “Real”film-Remake. Seit dem 19. Dezember 2024 ist nun die Fortsetzung erschienen.
Mufasa: Der König der Löwen und seine Entstehungsgeschichte
Zuerst hat man weniger den Eindruck, dass hier Geschichte geschrieben wird. Weil Vater Simba und Mutter Sarabi weg sind, ist die Löwenprinzessin Kiara mit Erdmännchen Timon, Wildsau Pumbaa und dem Affen Rafiki in einer Höhle allein. Rafiki erzählt dort dann die Geschichte von Mufasa, der im “König der Löwen” auf dramatische Art und Weise verstorben ist. Es ist also ein Blick in die Vergangenheit, erzählt aus der Gegenwart, die nach dem ersten Remake spielt.
Der fotorealistische Animationsfilm setzt damit weiter an, als es vorherige Filme getan haben. Wir erfahren also in der Fortsetzung des Remakes etwas, was wir in der Original-Zeitlinie nicht erfahren haben. Nämlich, dass Mufasa ebenfalls quasi seine Familie verloren hat, dann von einer anderen Familie aufgenommen – aber nicht vollends akzeptiert wurde – und schließlich selbst wieder flüchten musste.
Deshalb erfahren wir auch, dass Scar nicht wirklich Mufasas Bruder ist. Er ist im Gegenteil die Erblinie eines anderen Königreichs, das jedoch vom Albino-Löwen Kiros attackiert und aufgelöst wird. Dabei stirbt später auch der Vater von Scar, der da allerdings noch Taka heißt. Bei ihrer Reise nach Milele begegnen sie dann der zukünftigen Mutter von Simba, und spätere Frau von Mufasa.
Woher Scars Rachsucht und Verachtung gegenüber Mufasa entspringt
Eigentlich behandelten sich Taka (Scar) und Mufasa wie Brüder, nachdem Taka Mufasa nach der Trennung von seiner Familie quasi das Leben gerettet hatte. Später rettete Mufasa wiederum Takas Mutter das Leben, der jedoch flüchtete – nicht zum ersten und wohl auch nicht zum letzten Mal. Doch Taka hat im Film auch Interesse an Sarabi. Mufasa versucht sogar, ihm dabei zu helfen, sie zu begeistern, was jedoch fehlschlägt. Am Ende ergibt sich eine Bindung zwischen Mufasa und ihr.
Und das scheint auch der Ursprung des Hasses von Scar zu sein, der ihn daraufhin im neuen Film verrät. Dazu sei nicht zu viel verraten, dass das nicht gut gehen kann, erschließt sich dem Zuschauer relativ schnell mit dem Verlauf der Geschichte.
Das Alter Ego Scar von Taka wird nicht nur als verachtenswert gezeigt
Doch Disney zeichnet hier kein einseitiges Bild eines verachtenswerten Löwens, der später seinen eigenen “Bruder” im Originalfilm umbringen wird, sondern ein vielschichtigeres – seinen Bruder bringt er später natürlich trotzdem um, aber das passierte ja bereits im letzten Film. Taka wird hier aber eben nicht nur als Verräter, sondern auch als Held gezeigt. Er steht in den entscheidenden Momenten eben doch für Mufasa ein, auch wenn er sich zunehmend einredet, dass Mufasa ihn ausnutzt und betrügt. Offenkundig ist das Gegenteil der Fall.
Als Mufasa Sarabi vor den Elefanten rettet, wird er später sagen, es wäre Taka gewesen. Und sogar Tipps zum Flirten gibt er, doch Taka vermasselt es. Noch dazu zeigt er sich eher hinterhältig und feige, verliert aber zunehmend die Erkenntnis dieser Realität.
Was “Mufasa” als Film abwertet
Nicht verstehen kann ich die Entscheidung, die Geschichte von Mufasa als Erzählung einzubauen. Immer wieder schmeißt uns Disney aus der Geschichte heraus, um eine Zwischensequenz mit Kiara, Pumbaa, Timon und Rafiki zu zeigen. Teilweise sind dann auch Gags dabei – was aber überhaupt nicht ins Konzept des Films passt, denn es handelt sich nicht im Ansatz um einen lustigen Film oder gar eine Komödie. Es ist eher ein Drama mit Happy End.
Wieso man nicht zumindest auf die Einblendungen während des Films verzichten konnte, ist wirklich fraglich. Eine deutliche Erklärung zu Anfang und das gleiche Ende wie vorher hätten vollkommen ausgereicht, stattdessen geht es ohne große Erklärungen wieder dahin, wo wir 2019 aufgehört haben und dann immer tauchweise in die Geschichte. Oder sollen das Toilettenpausen für Kinder sein, die den Film anschauen? Weshalb es gefühlt fünf davon gibt bei einem rund zweistündigen Film, erschließt sich mir einfach nicht.
Brutale, fotorealistische Animation bringt auch Mufasa auf ein neues Level
Es ist auch Disneys gutes Recht zu zeigen, wie realistisch die Studios mittlerweile animieren können. Das fällt auch bei Mufasa wieder auf, selbst wenn der Gesang am Anfang noch etwas hakt und sich erst später wirklich echt anfühlt. Das Budget von 200 Millionen US-Dollar kommt jedenfalls nicht von nichts, wie man hier sieht. Wobei man bei “Sonic 3” (ab 26. Dezember im Kino) durchaus mehr vom nur halb so großen Budget sehen konnte.
Das ist aber auch dem Fakt geschuldet, dass selbst für die große Kinowand die besten Rendershots irgendwann kleinteilig werden. Die grünen Landschaften sind dann noch das, was am besten transportiert werden kann – die animierten, dichten Haare der Löwen verblassen einfach in der Regelmäßigkeit, mit der man sie sieht. Da wäre eine Erhöhung der Framerate tatsächlich, insbesondere bei Verfolgungsjagden, viel angemessener gewesen.
Fazit zu “Mufasa” (2024)
Wer den ersten Animationsfilm dieser Art 2019 gesehen hat und mochte, sollte sich “Mufasa” auf jeden Fall auch einmal anschauen. Gerade zu Weihnachten eignet sich der Film, um auch die ganze Familie mitzunehmen und alle auf ihre Kosten kommen zu lassen. Das ist unstrittig. Wer aber ein Meisterwerk mit Gütesiegel erwartet, sollte seine Anforderungen nicht allzu hoch setzen. Mufasa fühlt sich wie ein Testballon an. Disney hat das bekannte Gebiet der Remakes verlassen.
Diese Entscheidung aber war mutig. Viel zu oft erhalten wir Remakes von längst vollständig bekannten Geschichten, viel zu oft Franchises, von denen es hunderte gibt und die man gar nicht alle unendlich weiter ausfalten muss. Beim König der Löwen aber muss man sich im Gegenteil fragen, wieso nicht schon viel früher mehr erzählt wurde. Denn die alte Kamelle von 1994 war mittlerweile schon verstaubt. Dass Disney jetzt endlich nachliefert und sogar technisch alles herausholt, ist sicherlich in derlei Hinsicht eine willkommene Ausnahme.