Seit dem 16. Juni läuft mit „Elio“ der diesjährige Disney Pixar-Animationsfilm in den Kinos. Nachdem es bei Pixar in den vergangenen Jahren so aussah, als könnten die goldenen Zeiten der ikonischen Filme vorbei sein, meldet sich damit gut ein Jahr nach dem Dann-doch-Erfolg „Alles steht Kopf 2“ in 2024 wieder zurück.
Gleichzeitig feiert das Studio, das damals unter anderem von Steve Jobs gegründet wurde, sein 30-jähriges Jubiläum. Groß angekündigt wird das allerdings nicht. Kann dafür denn der neue Film überzeugen, nachdem Pixar lange in der Krise war?
Darum geht es im neuen Disney Pixar-Film „Elio“

Bei „Elio“ geht es um den gleichnamigen 11-jährigen Elio, der stark unter dem Verlust seiner Eltern leidet. Bei seiner Tante Olga fühlt er sich nicht wohl, und auch sie hadert mit ihrer neuen Aufgabe, ihn zu betreuen. Eigentlich wollte sie Astronautin werden, wegen Elio hat sie diesen Plan allerdings aufgegeben und leitet als Major „nur“ einen Teil der Luftwaffe. Doch zuhause ist sie deshalb oft abends trotzdem nicht. Elio schwänzt unbemerkt die Schule, und verliert sich in etwas anderem: der Suche nach Aliens.
Stundenlang liegt er am Strand, bittet die Aliens darum, ihn zu entführen. Als das bemerkt wird, steckt seine Tante ihn in ein Feriencamp – kurz bevor er dort von anderen Jugendlichen verprügelt wird, entführen ihn die Aliens dann doch noch. Doch sie halten ihn glatt für den Anführer der Erde. Und als der muss sich Elio auch gleich als Diplomat beweisen.
Ein Film, der sich zum Erzählen kaum Zeit lässt

Das neue Abenteuer von Disney Pixar geht bereits am Anfang tief unter die Haut. Der Schmerz von Elio ist verständlich, auch wenn der Fokus auf das Thema Aliens vergleichsweise schnell entsteht. Hier und da bemerkt man, dass der Film mit seinen 94 Minuten vielleicht doch etwas kurz geraten ist.
Dafür wirken Teile der Charakterdesigns nicht ganz ausgeklügelt. Die gewöhnte Pixar-Optik ist natürlich auch hier vorhanden, aber die Proportionen mancher Menschen – und Aliens – wirkt dann doch eigenartig. Der Weltraum ist dafür bunt und durchaus angenehm dargestellt, hier vermisst man nicht wirklich etwas, an der Realität ist er ohnehin nicht orientiert.
Weshalb „Elio“ nicht der Film sein kann, der er sein will
Das größte Problem mit „Elio“ habe ich aber deshalb, weil er wirkt, als ob heutige Pixar-Mitarbeiter versucht hätten, an die alten Erfolge anzuknüpfen und dafür einen Film zu machen, wie man sich diesen damals vorgestellt hätte. Den „Außenseitern“ einen Film zu geben, das ist eben keine neue Idee mehr – wenngleich es natürlich alles andere als eine falsche ist.
Letztendlich ist Elio aber immer sehr unkonkret, wenn es darum geht, tatsächlich eine Botschaft hereinzuinterpretieren. Manche sehen beispielsweise den „Gegenentwurf zu Trumps Amerika“ im Film. Gut, über eigenartig, weit hergeholte Kritiken kann man sich immer aufregen. Aber dieser Film lädt letztendlich dazu ein. In einer Szene helfen Menschen aus der ganzen Welt Elio, in der anderen ist er der einsame Junge, der die ganze Welt nicht mehr sehen will.
„Elio“ wirkt als Film einfach zu generisch. Es ist kein schlechter Film, sicherlich, aber er bildet nur noch einmal anders ab, was andere Filme vorher schon getan haben. Das Motiv: Der Weltraum, da können viele nachvollziehen. Die Person: Außenseiter. Kennen viele (sind aber die wenigsten, auch wenn die meisten es denken). Die Geschichte: Außenseiter lernt, mit der Welt klarzukommen. Happy End – sogar die Aliens sind am Ende allen wohlgesonnen. Aber was lernt man jetzt unter dem Strich daraus? Dass es Aliens gibt? Dass diese einem zeigen, dass die Welt hier doch ganz okay ist?
Elio wirft Fragen auf, die er nicht beantworten kann – und trifft letztendlich auf Kinder, die ihn als Kind ablehnen

Der geschichtliche Teil über die Voyager wirft interessante Fragen auf, die „Elio“ auch mehrfach aufgreift. Gibt es da draußen Leben? Doch für die Beantwortung lässt man sich keine Zeit – denn ja, laut Pixar schon. Und diese Aliens wirken dann doch eher so, als ob sie selbst Kinder wären. Bei Elio ist das ein Problem, bei den anderen tatsächlichen Anführern aber nicht. Dass die Anführer im „Kommuniversum“ ihren eigenen Planeten gar nicht besuchen dürfen, sondern dort bleiben müssen, man könnte es fast als Kritik an der Politik lesen.
Aber die wirklich tiefen Fragen zum Weltraum werden nicht beantwortet. Wäre das zu anspruchsvoll gewesen? Die Argumentation, dass Elio eben doch auf die Erde gehört, schenkt man sich – das Ergebnis ist am Ende das gleiche.
Elio wirkt wie der Versuch, einen Pixarfilm nachzubauen – zwar ein guter Versuch, aber immer noch ein Versuch

Und ja, Elio ist ein Pixarfilm. Das ist er von den Bildern, von der Animation und auch vom Storytelling aus gesehen. Aber er wirkt, als wäre es der Versuch, einen Pixar-Film nachzustellen. Zwar ein guter Versuch, aber nicht wie aus demselben Guss der alten Klassiker. Es fühlt sich so an, als ob Pixar sich besonnen hätte, wieder das zu machen, was einst funktionierte – und dabei aber die Ideen verloren hätte, etwas ganz Neues zu schaffen.
An einen „Ratatouille„, einen „Wall-E“ oder einen Film wie „Oben“ erinnern wir uns heute noch. Bei „Elio“ wird das in zwei Jahrzehnten fraglich sein. Eben weil der Film nichts Neues erzählt, sondern sich damit schwertut. Das macht ihn nicht schlecht, aber eben auch nicht perfekt.