Netflix plant eine Drachenlord Doku, das kam letztens heraus. Dass es so etwas nicht braucht, findet unser Autor. Die 20.000 Euro, die Winkler dafür bekommen haben soll, hätte man wohl besser anders investiert.
Der Drachenlord ist wohl eines der größten Mysterien Deutschlands. Zuletzt ist auch die deutsche Medienlandschaft auf ihn aufmerksam geworden und gibt ihm die Bühne, die er vorher nur schwerlich im Internet hatte – nämlich als Opfer. Und zwar als Opfer von nichts Geringerem als der größten, deutschen Cybermobbing-Aktion. Was ist da los?
Etwa 20.000 Euro soll Winkler, wie er bürgerlich heißt, für eine geplante Netflix Dokumentation über seinen Fall bekommen haben. Eine ordentliche Stange Geld, auch wenn es sich der Streaming-Riese nicht selten weit mehr kosten lässt, aber offenbar willigte Winkler, der immer wieder berichtete, nach seinem Fall keinen langanhaltenden Job bekommen zu haben, bereits bei diesem Betrag ein. Eine Drachenlord Doku wird aller Voraussicht also kommen, beteiligt werden wohl aber noch weit mehr Menschen sein.
Drachenlord Doku: Ausgewogene Berichterstattung ist eher unwahrscheinlich
Während Creators der deutschen YouTube-Landschaft dem Drachenlord stets eine nicht unerhebliche Teilschuld zugeschrieben haben, wendete sich das Blatt im vergangen Jahr mit einem Bericht von Sascha Lobo im SPIEGEL, der später auch so oft wie kaum ein anderer im Netz geteilt wurde. Später spendete Lobo dem Drachenlord zudem zweimal noch Geld, so angetan zeigte er sich.
Man konnte nach diesem Artikel bereits absehen, was nun geschehen würde: Die Drachenlord-„Saga“ war in den großen Medien angekommen, und Rainer Winkler würde zu nichts Geringerem als dem größten Cybermobbing-Opfer Deutschland hochstilisiert werden. Und genau diese Entwicklung von der Teilschuld zum größtmöglichen Opfer der Mobbing-Täter online konnte man dann in den letzten Monaten nachverfolgen. Sogar seine Gerichtsverurteilungen werden mittlerweile als Versagen der Justiz gewertet, die den „Falschen“ bestrafen würde.
Dabei sollte den meisten Verfolgern des Geschehens schon mit wenigen Minuten Recherche klar sein, dass Winkler alles andere als vollkommen unschuldig oder lediglich als „Opfer“ in diese Rolle gerutscht ist. Nicht nur, dass er permanenten Polizeiterror gemacht hatte, oft auch ohne Anhaltspunkte, warf er außerdem mit Steinen auf Passanten, provozierte immer wieder und ist auch schon wegen des Versendens von problematischen Inhalten aufgefallen. Dazu kommt, dass er quasi offen gestand, keine Steuern in Deutschland zu bezahlen – was man bei der Justiz aber überhörte, um ihn nicht noch mehr bestrafen zu müssen.
Eine Drachenlord Doku, die von Winkler unreflektiert selbst mitproduziert werden würde, wäre wahrscheinlich vor allem bei einem sehr fleißig: diese Dinge unter den Tisch zu kehren oder zu relativieren. Und das braucht es jetzt nicht auch noch.
Positive Presse für den Drachenlord, Doku wäre der Höhepunkt
Auch ist es fraglich, welchen positiven Effekt eine Drachenlord Doku auf Cybermobbing oder etwas in der Art haben würde. Am Ende würde vor allem der Drachenlord selbst profitieren, einen vergleichbaren Fall gibt es in Deutschland nämlich nicht. Natürlich sind die „Haider“, wie man die Drachenlord-„Antagonisten“ nennt, nicht absolut unschuldig, selbst wenn die meisten von ihnen vor allem im Internet Sprüche geklopft haben. Dass das Cybermobbing durch eine Doku jedoch weniger werden würde, ist unwahrscheinlich, eher werden mehr Menschen darauf aufmerksam – und der Effekt hiervon war in der Vergangenheit fast immer negativ, selbst mit positiver Presse.
Der kleine Teil an Menschen – zu Höchstzeiten natürlich dann doch einige, aber der Standort in Emskirchen, den der Drachenlord selbst mit Aufforderung zum Vorbeikommen gepostet hatte – der vor dem Haus Ärger gemacht hatte, ist dafür teilweise ja auch belangt worden von der Justiz, dies natürlich auch zu Recht. In der Drachenlord Dokumentation würde das wahrscheinlich entweder als Erfolg gefeiert oder ebenfalls nur so halb erwähnt werden, um die Justiz auch noch als Täter darzustellen. Dass Winkler gegen Auflagen am laufenden Band verstoßen hat, ist auch nichts, was er selbst gerne erzählen wird.
Die Drachenlord Dokumentation ist dem Scheitern verurteilt
Man kann also entweder hoffen, dass die Drachenlord Doku doch nicht so einseitig wird oder sich einfach schon von dem Gedanken verabschieden, dass der Fall Drachenlord in fairer und in sinnvoller Weise in den deutschen Medien aufgearbeitet werden wird. Genug Material gäbe es bestimmt, nachdem man Winkler jetzt aber bereits durch den aktuellen Podcast über ihn schon in der Opferrolle beim Sat. 1 Frühstücksfernsehen sehen konnte, dürfte sich die Richtung der „Aufarbeitung“ jetzt schon so langsam zeigen.
Ein nicht ganz unkurioser Zufall im Übrigen: Zahlreiche Kanäle, die Drachenlord-Inhalte hochgeladen hatten, wurden zuletzt gebannt oder beträchtliche Videomengen gelöscht. Scheinbar wurde also auch auf die Videoplattform von irgendeiner Seite aus Druck gemacht, Material, das den Drachenlord unvorteilhaft zeigt, zu entfernen. Von wem genau, ist jedoch unklar.
Was spätestens mit dem Release der Drachenlord Doku geschehen wird, ist, dass die Causa Drachenlord, wie sie auch genannt wird, für den „Mainstream“ als größte Cybermobbingaktion Deutschlands gegen eine unschuldige Einzelperson geprägt werden wird. Denn nicht alle, die die Doku oder jetzt schon den Podcast anschauen, wissen, dass zur Wahrheit noch einige Kapitel mehr gehören. Und natürlich soll das nicht bedeuten, dass der Drachenlord nicht Opfer einer riesigen Aktion gegen ihn geworden wäre, aber wer meint zu sagen, er sei unschuldig und „theoretisch jeder, der nicht den Vorstellungen anderer entspricht“, könnte in die gleiche Lage kommen, hat leider nicht die ganze Geschichte erzählt.