Als die ersten Comic-Strips aus dem Hause Disney aufkamen, waren die Geschichten mit Micky, Donald und Co. ein reines US-Phänomen. Nach wenigen Jahren kamen durch Lizenznehmer dann auch die ersten Comics nach Europa, die die täglichen Strips zu ganzen Comics zusammenführten und schließlich auch selbst Geschichten schrieben und die Grafiken dafür zeichneten. Mittlerweile kommen nahezu alle Disney-Comics aus Europa – doch im November wird es wieder eine Story, die ihre Wurzeln in den USA fand, ins Lustige Taschenbuch schaffen.
Und selten hat ein Disney-Comic solche medialen Wellen geschlagen wie jüngst „Uncle Scrooge and the Infinity Dime“. Bereits 2009 wurde Marvel von Disney gekauft, die damals bereits prognostizierten Crossover ließen aber lange auf sich warten. Die Verbindung von Marvel und Disney hatte ihren Anfang zunächst in Hommagen an klassische Marvel-Cover genommen, die eine Zeit lang in diesem Sommer auf der Rückseite des Micky-Maus-Magazins abgedruckt wurden, um das 100. Jubiläum von Disney zu feiern.
Nun gibt es bereits eine Reihe an Comics, die Elemente aus beiden Welten vereinen. Der erste und bislang am meisten beachtete war eben „Uncle Scrooge and the Infinity Dime“, der es jetzt mit einem halben Jahr Verspätung als „Onkel Dagobert und der Infinity-Taler“ auch zu uns schafft, und das gleich als Titelstory des Lustigen Taschenbuchs. Angekündigt wurde die Geschichte auf Englisch als „the story of the ¢entury!“ (Wortspiel mit „cent“ und „century“ wie Jahrhundert, in Anlehnung an „Uncle $crooge“).
Information: Das LTB 591 erscheint am 19. November 2024. Ab dann ist es im Einzelhandel oder schon vorab über den Online-Handel erhältlich*.
Das macht den Dagobert-Comic in LTB 591 so interessant
Was macht den Comic so interessant? Nun, zunächst einmal die Tatsache, dass es sich um eine amerikanische Produktion handelt. In den USA sind ja, von Dingen wie Darkwing Duck oder DuckTales abgesehen, nach dem Wechsel von Künstlern wie Van Horn oder Rosa zu Egmont kaum noch Disney-Comics entstanden.
Und auch wenn die Zeichner bekannte italienische Disneyzeichner sind, ist der Autor Jason Aaron ein Amerikaner, der bislang noch nie einen Disneycomic geschrieben hat und sich mit seiner Arbeit für Marvel einen guten Ruf erarbeitet hat. Im Vorwort der englischen Ausgabe outete er sich als Don-Rosa-Fan und freute sich darüber, endlich mal selbst eine Geschichte mit Dagobert Duck schreiben zu können.
LTB: Onkel Dagobert und der Infinity-Taler verspricht viel
Die folgenden Marvel-Kollaborationen wurden von italienischen Autoren (mit)geschrieben und sind auch konzeptionell und vom Umfang her deutlich weniger episch angelegt. Im Prinzip wird hier nur das fortgesetzt, was man auf den Cover-Hommagen schon sehen konnte: Die Disney-Charaktere schlüpfen in die Rolle von Marvel-Figuren. Besonders „What If Donald became Wolverine“ kam dabei nicht besonders gut weg.
Im Gegensatz dazu weist „Onkel Dagobert und der Infinity-Taler“ eine relativ eigenständige Grundidee auf und zeigt die Disneyfiguren als sie selbst, nicht als jemand anderes. Sicher, das Thema „Multiversum“ wurde schon ein paar Mal behandelt, auch mit Onkel Dagobert („Das trickreiche zweite Ich“, „Der vieldimensionale Talerdieb“), aber abgesehen von „Die Parallel-Darkwing-Krise“ waren alle diese Geschichten doch eher traditionell. „Onkel Dagobert und der Infinity-Taler“ trägt deutlich dicker auf.
Die etwas holprige Eindeutschung bezieht sich auf die „Infinity-Steine“ des Marvel-Universums; dass ein Dime ein Zehner ist und kein Taler, ist ein wiederkehrendes Problem. Ich sag’ nur „Glückstaler“.
Meinungen über die Story gehen auseinander
Die Bewertungen der Geschichte im englischen Original gehen weit auseinander. Die jüngeren Fans, die ich von Discord und Tumblr kenne, haben den Comic zwar teilweise für seine guten Ansätze gelobt, aber auch fast unisono gesagt, dass der Geschichte ein Mittelteil fehlt – bei dem geringen Seitenumfang auch kaum überraschend. Auch Donalds Präsenz gilt als weitgehend verschenkt. Jason Aaron wird mit dem Vorwurf bedacht, sich (abgesehen von den Querverweisen auf „Die Mutprobe“) fast ausschließlich auf Don Rosa zu beziehen und das noch nicht mal besonders gelungen. Besser fallen interessanterweise die Rezensionen der älteren Blogger Joe Torcivia und GeoX aus.
Auch durch die Vielzahl an Variant-Covers löste die Geschichte Aufmerksamkeit aus, zumal viele der Künstler bis dahin nicht als Entenzeichner bekannt waren. Den Vogel schoss dabei Frank Miller ab, dessen potthässlicher Dagobert in Windeseile zu einem Meme wurde.
Links: Cover von Frank Miller. Rechts: Bild von Alessandro Gottardo, das als Reaktion auf das Cover entstand
Auf dem LTB bekommen wir das „reguläre“ Cover von Lorenzo Pastrovicchio, welches auch bei dem Gespräch auf dem Comicsalon Erlangen im Hintergrund gezeigt wurde. Pastrovicchio zeichnete allerdings nicht für den Comic selbst, dafür ist sein Bruder Alessandro einer der Zeichner – zusammen mit Paolo Mottura, Francesco D’Ippolito, Lucio De Giuseppe, Vitale Mangiatordi und der ebenfallsin Erlangen anwesenden Giada Perissinotto.
In welchem Rahmen die weiteren Marvel-Comics bei uns erscheinen werden, steht momentan noch nicht fest, aber dass sie kommen werden, gilt als wahrscheinlich, denn sie werden für den weltweiten Markt produziert.