Kommentar. Vor wenigen Tagen erschien mit “Die zweite Sonne” ein LTB, das in einiger Hinsicht interessant ist.
Wie ich selbst direkt aus dem Mund eines Verantwortlichen in Erlangen hören musste, und wir später schriftlich bestätigt bekamen, wird die LTB Maus-Edition nach Ausgabe 21 vorerst eingestellt. Das trübt die Freude über den Inhalt des Buches, denn das hat es durchaus in sich.
Ein Novum: Zum ersten Mal veröffentlicht man hier eine Serie in der LTB Maus-Edition. Bisherige Ausgaben drehten sich ja hauptsächlich um bestimmte Figuren und Themen. Band 20 enthielt zwar einige Episoden der Reihe “Der Weltenbummler”, aber in durcheinandergewürfelter Reihenfolge.
“Die zweite Sonne” ist eine Serie, die 2021 in Italien begonnen wurde. Alle Episoden von hätten zusammen eine Seitenzahl von 256 ergeben, was locker in ein LTB gepasst hätte. Die letzte Maus-Edition 21 ist auch schon online erhältlich*.
Leider gibt es auch hier einen Wermutstropfen: Die Serie fand erst vor wenigen Monaten ihren Abschluss, die letzten beiden Episoden standen bei der Zusammenstellung der deutschen Version offensichtlich noch nicht zur Verfügung und fehlen daher. Dieses Schicksal teilt “Die zweite Sonne” mit “Star Top”, welches nach dem vermeintlich kompletten Abdruck im LTB Galaxy auch noch neue Episoden bekommen hat.
Zeichner Cristian Canfailla war bei Erscheinen der ersten Staffel beinahe noch ein unbeschriebenes Blatt, hat aber sehr schnell durch seinen Zeichenstil auf sich aufmerksam gemacht. Die Vergleiche mit Massimo De Vita haben sicher mit dazu geführt, dass er 2022 und 2023 die neuen, von Marco Nucci geschriebenen Geschichten der Asgardland-Saga zeichnen durfte. (Die erste davon wird zusammen mit den klassischen im LTB Premium 44 erscheinen, bei der zweiten ist nach unseren Quellen noch keine Veröffentlichung geplant.)
Alle Episoden von “Die zweite Sonne” zeichnen sich zudem durch eine interessante Retro-Kolorierung aus, die mit Rasterflächen arbeitet und damit deutlich vom üblichen LTB-Stil abweicht und an Sci-Fi-Comics von vor fünfzig Jahren erinnert. Es blieb allerdings nicht bei Canfailla als Zeichner, denn die letzten drei Episoden (von denen wie gesagt die letzten beiden hier fehlen) wurden von Autor Marco Gervasio selbst umgesetzt und sehen daher etwas mehr nach LTB-Standard aus.
Inhaltlich geht es in eine ähnliche Richtung wie “Star Top”, auch wenn das eine Parodie von “Star Trek” war und “Die zweite Sonne” kein eindeutiges Vorbild hat. Aber die Parallelen sind doch recht deutlich. In beiden sind Micky, Minnie, Goofy, Rudi, Klarabella und Maxi die Besetzung einer Raumstation. Während diese allerdings in “Star Top” bewusst zu einer Mission aufbricht, wird die “zweite Sonne” von einem Asteroiden gerammt und treibt danach weg von der Erde.
Auf der Suche nach Möglichkeiten zur Rückkehr müssen sich unsere Astronauten nicht nur galaktischen Widrigkeiten wie unheimlichen Planeten und deren Bewohnern, sondern auch ihren eigenen Ängsten stellen. Bester Sci-Fi-Stoff also, und es bleibt zu hoffen, dass der Abschluss von “Die zweite Sonne” auch noch irgendwie seinen Weg zu uns findet.
Die Nachdrucke sind auch allesamt gut ausgesucht, neben einer typisch poetischen Geschichte von Silvano Mezzavilla und einem typisch irren “Mittwochs bei Goofy”-Roman von Rudy Salvagnini gibt es mit “Das Geheimnis des Schwarzen Mondes” (Mognato/Dalla Santa) ein (zu Unrecht!) gerne übersehenes Epos, das eine enorme atmosphärische Dichte aufweist.
Quo vadis, Egmont Ehapa?
Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass die beiden Prestigeprojekte von Peter Höpfners Zeit bei Egmont das LTB Premium und die Maus-Edition gewesen sind. Die hohe Storyqualität und die Tatsache, dass viele essenzielle Erstveröffentlichungen enthalten waren, machten beide Reihen zu Favoriten vieler eingefleischter Fans, die entsprechend enttäuscht auf die Einstellung reagierten.
Seit “pet” nicht mehr Chefreducktör ist, scheint es hier bergab zu gehen. Das LTB Premium erscheint mit einer hohen Schlagzahl (4 Bände pro Jahr), für die aber schlicht nicht genug Material vorhanden ist, das zum ursprünglichen Konzept passt, sodass es dann beispielsweise einen reinen Nachdruck-Band* mit Indiana-Goof-Abenteuern gab – die natürlich an und für sich gut sind und in jede Sammlung gehören, aber da sind sie halt dank LTBs und anderer Nachdrucke oft schon drin. Man kann nur hoffen, dass das LTB Premium nicht wie in den Niederlanden abgebrochen wird, bevor der neue Phantomias komplett auf Deutsch erschienen ist.
Auch anderswo sieht es duster aus: LTB Abenteuer und Entenhausen-Stars sind nicht mal ein Abklatsch dessen, was es mal mit Fantasy, History und Galaxy gegeben hat. Im LTB Spezial erscheinen mittlerweile regelmäßig Comics, die schon einmal im LTB Spezial waren – so etwas war unter Höpfners Agide noch ein ärgerliches Versehen, mittlerweile hat es Methode.
Aber das Ärgerlichste ist für mich mit Abstand die Einstellung der Maus-Edition. Nein, die letzten Ausgaben (“Die zweite Sonne” mal ausgenommen) waren auch nicht mehr auf dem Niveau der ersten acht oder neun, aber die hatten auch geballt auf einen großen Stau an von Fans gewünschten Storys zurückgreifen können. Von Casty z.B. gibt es nicht mehr allzu viele unveröffentlichte Comics (von Romano Scarpa allerdings schon noch ein paar).
Ärgerliche Fauxpas wie die vertauschte Reihenfolge der Weltenbummler-Storys (Prolog in der Mitte des Buchs?!), das nicht behobene Namenswirrwarr im Maxi-Smart-Band* oder auch die Auswahl des grottenschlechten “Dampfschiffdämons” in Maus-Edition 20*, deuteten aber bereits darauf hin, dass der Enthusiasmus für die Reihe am Schwinden war.
Nun also die Einstellung nach “Die zweite Sonne”. Erstaunlich dabei, dass man nicht zunächst die Frequenz auf – wie zu Beginn – nur ein Buch pro Jahr heruntersetzt, sondern ganz Schluss macht. Sehr traurig und man kann jetzt eigentlich nur noch auf die teureren Bücher der Egmont Comic Collection hoffen, wenn es um gute Maus-Geschichten geht, die es nicht in die Hauptreihe schaffen. Die über 90 Seiten mit Atömchen in LTB 588 machen zumindest Hoffnung, dass für die Hauptreihe öfter die Filetstücke genommen werden.
Wobei, ein Hintertürchen hat Christoph Bergholz in Erlangen ganz deutlich offen gelassen: Zu Mickys 100. Geburtstag will man es noch mal versuchen. Aber nach einer dauerhaften Zukunft klingt das nicht. Immerhin: Das Micky Maus Sonderheft zu 90 Jahren Micky ist nie über eine Testausgabe hinausgekommen, da haben es die Taschenbücher schon deutlich weiter geschafft.
Eine Anmerkung noch zum Titel: Der heißt in diversen Vorschauen noch “Die schwarze Sonne” (analog zum italienischen Titel “La ciurma del Sole Nero”, wörtlich “Die Crew der schwarzen Sonne”), was jedoch aufgrund der Namensgleichheit mit einem Symbol aus der Zeit des dritten Reiches zum unverfänglicheren “Die zweite Sonne” geändert wurde. Die richtige Entscheidung, finde ich.
Ein Kommentar
Es ist tatsächlich furchtbar schade, dass es die Abgrenzung in eine Maus-Edition nicht mehr gibt. Die Comics von Micky mögen nun nicht allen gefallen, aber gerade für längere Geschichten und einige, längere Werke von Casty oder Massimo de Vita war das schon gut, eine eigene Reihe gehabt zu haben. Aber es nützt nichts, dem nachzuweinen, laut Egmont Ehapa gibt es dafür ja ggf. mehr Maus-Comics in anderen Reihen. Ob das jetzt den Anti-Mausisten gefällt, ist natürlich eine andere Frage.