Wie wäre das eigentlich, wenn es Weihnachten nie gegeben hätte? Ein Umstand, den man in der Realität so wohl nie herausfinden könnte. Im Comic sieht das schon anders aus. Im vergangenen Jahr gab es dazu gleich drei Ausgaben der italienischen Topolino, die dieses Szenario aufgegriffen haben. In Deutschland erhalten wir einen Ausschnitt, nämlich die Hauptstoryline, mit dem LTB Nikolaus 3*.
Mit über 130 Seiten, unterteilt in vier Kapitel, gehört die Geschichte zu den spannenderen. Vielleicht sogar ein Anwärter auf die LTB-Story des Jahres (diese Auszeichnung müssten wir dann aber noch erfinden).
“Die Wunderlampe” aus dem LTB Nikolaus 3
Worum geht es also? Für Dagobert Duck sind die Tage vor Weihnachten eher eine Plage, seine Stimmung ist im Keller. Die Hauptursache ist, dass Nelly, der Stern des Nordens, seine “Jugendliebe”, ihren Besuch zu Weihnachten abgesagt hat. Tatsächlich sieht man sie zuletzt wieder häufiger in Geschichten, so auch im aktuellen LTB 591 “Der Infinity-Taler”. Eine Entwicklung, die ich zwar mit einigen Fragezeichen über dem Kopf verfolge, aber solche Trends mag es ja geben. Dieser Umstand allerdings, dass sie nicht kommen wird, treibt Dagobert noch einmal so richtig um. Als Freund des Festes ist er ja sowieso nicht bekannt.
Als Onkel Dagobert dann versucht, sich immerhin eine Zeitung im Park zu schnorren, ist auch dort aufgrund des Weihnachtsmarktes zu viel Betrieb und nichts zu finden. Er kommt schließlich vom Weg ab, läuft in ein Waldstück und findet dort den sogenannten “Doktor Feder” (Erstauftritt in LTB 575*) auf, der ihm eine Wunderlampe für einen Taler anbietet. Für Dagobert ist das aber zu teuer. Die Lampe soll jeden Wunsch erfüllen können. Kurz darauf entscheidet sich Dagobert dann doch, sie zu erstehen und wünscht sich…
Was wäre denn, wenn es Weihnachten nie gegeben hätte?
Und diese Lampe erfüllt den Wunsch daraufhin auch. Der Geist, der mutmaßlich dahinter steckt, taucht erst später in Dagoberts Träumen auf, ist an dieser Stelle also nicht von Belang. Doch in der Welt, in der Dagobert daraufhin aufwacht, ist nichts mehr wie vorher. Und er auf einmal auf sich allein gestellt, der mit den Konsequenzen erst zurecht kommen muss.
Bereits im Prolog erfuhren wir, dass Dagobert seine Schuhputzbank zu Weihnachten erhalten hat (in dieser Geschichte von seinem Opa, der jedoch eigentlich, im italienischen Original, sein Vater Dietbert ist). Doch den 25. Dezember gibt es nicht mehr, stattdessen einen 32. Dezember, der Silvester darstellt. Sein Vermögen hat er in dieser “Parallelwelt” nie gemacht. Stattdessen wacht er in einem Haus neben Donald auf mit einem Schlafanzug, auf dem “Lieblingsonkel” steht. Und ist auch noch Angestellter von Klaas Klever.
Kein Monat Zeit, um die Welt wieder in Ordnung zu bringen
Dagobert landet daraufhin in der Zeitung, weil er in der Öffentlichkeit nicht darauf klar kommt, dass ihn keiner mehr kennt, sein Geldspeicher weg ist und Weihnachten von allen offenbar vergessen wurde. Gleiches widerfährt dann Micky im zweiten Kapitel, wobei es sich hier um eine der in der Topolino erschienenen Nebenschauplätze handelt. Insgesamt hätte das Material inklusive Hauptlinie wohl über 300 Seiten enthalten.
Im Deutschen haben wir deshalb die Hauptlinie wie gehabt aufgespalten bekommen, die Geschichte rund um Micky wurde aber als zweiter Teil zwischengeschoben. Da Micky später noch auftaucht und ein wichtiger Teil der Hauptlinie wird, war das auch wichtig, irritiert aber, weil es der einzige Einschieber ist. Und wir auf einmal Zeichnungen von Casty und Michela Frare und nicht mehr von Stefano Intini und Roberta Zanotta sehen. Die Story ist aber weiterhin von Marco Nucci.
Die Wunderlampe und ihre Auswirkungen: Eine Welt ohne das Schwarze Phantom
Im zweiten Kapitel realisiert dann Micky von einer Nacht auf die andere, dass das Schwarze Phantom keiner mehr kennt und Weihnachten genauso vergessen ist. Er hält es erst für einen Scherz, aber bemerkt dann, dass der 25. Dezember im Kalender nicht mehr existiert. Und damit auch Goofy und das Schwarze Phantom nicht mehr, weil Vorfahren der beiden diesem Tag geboren wurden. Nichtmal Kommissar Hunter kennt ihn noch, seine Arbeit bei der Polizei hat es nie gegeben.
Wieso weiß Micky aber noch von der Existenz von Weihnachten? Das ist auf eine vorherige Geschichte (auch LTB 575, siehe oben) zurückzuführen, in der Micky mit den Gedanken des Phantoms verbunden wurde. Wir wollen jetzt aber nicht den Rahmen sprengen. Nur so viel: Das Phantom scheint in seinem Unterbewusstsein auch hier noch zu existieren und die Erinnerungen aufrechterhalten zu haben – auch, um sich selbst zu retten.
Über den Zeitungsartikel über Dagobert, der in der Stadt durch seine Verwirrung für Chaos sorgte, wird Micky dann darauf aufmerksam, dass er nicht der einzige ist, der diese komische Realisation erlebt hat. Er sucht daraufhin Dagobert auf, der jedoch in der neuen Welt bereits einige Zeit mit anderen Dingen verbracht hat.
Und wenn diese neue Welt ohne Weihnachten in Entenhausen die bessere wäre?
Denn Dagobert fliegt zuvor bei Klaas Klever aufgrund des Zeitungsartikels raus und trifft dann auf Nelly, die in Entenhausen wohnt. Und ja, hier ist sie schon wieder. In dieser Welt kennt sie ihn nicht, ihr kommt ihr aber seltsam vertraut vor. Durch seine Begeisterung für Blumen kann er sich mit ihr verabreden und einige Zeit mit ihr verbringen – bei seinen Neffen sorgt er hingegen für Verwirrung, weil er zuvor in der Parallelwelt wohl eher zurückgezogen lebte.
Als Micky aber auftaucht, ist klar, dass er sein altes Leben inklusive Talerchen zurück haben möchte. Bei Primus informieren sie sich über die Wunderlampe und Dr. Feder, der jedoch, weil es Weihnachten nie gab, auch nie zum Händler wurde und nur auf der Spitze des Monte Golems (Monte Guglielmo) in Italien zu finden ist. Für die beiden geht es also nach Italien.
Doch ein Reiseführer für den Berg ist schwer zu finden und allein wäre das Unterfangen zu risikoreich. Nach einer Weile treffen sie durch einen Einheimischen auf Gundel, die ebenfalls einen ganz anderen Lebensweg beschritten hat.
Die Rückkehr in das alte Entenhausen
Mit ihrer Hilfe ist es den zweien möglich, am Ende auch durch viel Glück, zum “Haus am Ende der Welt”, in dem Dr. Feder leben soll, zu gelangen. Am Ende muss Gundel sogar nachhelfen, um auf die letzten Sekunden zu schaffen, dass die Rückkehr in die alte Welt möglich sein wird. Denn es stellt sich heraus, dass Klever auch schuld daran ist, dass Dagobert sein Talent in der Welt ohne Weihnachten nie ausleben konnte.
Das sei jetzt aber an dieser Stelle zu viel verraten, insofern lassen wir das Ende einmal offen (man kann es sich aber vielleicht denken), aber wie das gelingt, kann man ja noch selbst herausfinden.
Eine Hommage an die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens?
Eine gewisse Ähnlichkeit zur Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens (ich empfehle ja gerne die Disney-Version mit den Muppets*) fällt hier und da dann bei “Die Wunderlampe” schon auf. Es gibt zwar nicht mehrere Geister, aber am Ende besinnt sich dann bei Dagobert doch die Freude auf Weihnachten – und eine für ihn schöne Überraschung, bei der mir wieder viele Fragezeichen kamen – und am Anfang ist er umso unglücklicher darüber, dass das Fest ansteht.
Vielleicht ist es auch gerade dieser Handlungsverlauf, der Geschichten gut macht. In diesem Fall ist das sicher gelungen, auch wenn die deutsche Version mit einigen Mängeln dann eben doch zu kämpfen hat. Das Potenzial, die gesamte Geschichte mit allen Nebensträngen in ein Buch zu bekommen, wird wohl realistisch gesehen nicht mehr wiederkommen. Dabei hätte man das gut machen können.
Man muss den Entscheidern aber zugutehalten, dass sie die Geschichte mit Micky in Gänze eingebaut haben. Lediglich eine kleine Erklärung, bevor Micky auftritt, innerhalb des Hauptstrangs wäre ja möglich gewesen, wenn auch dann vollends unelegant. Schöner wäre es natürlich gewesen, das ganze Material auf zwei LTBs aufzuteilen (was definitiv drin gewesen wäre) und zwei zusammenhängende Bände zu gestalten.
So landet die Geschichte im LTB Nikolaus*, das weder die Hauptreihe, noch die Weihnachten-Nebenreihe mit dreißigjähriger Tradition ist. Im LTB Weihnachten gibt es zwar auch eine ähnlich lange Geschichte in diesem Jahr, diese reicht aber nicht an “Die Wunderlampe” heran.
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