Mittlerweile ist es keine Seltenheit mehr, dass Deutschland schlecht beim Eurovision-Song-Contest abschneidet. In den letzten Jahren gab es immer wieder den letzten oder vorletzten Platz für die deutschen Songs – doch das hat auch dafür gesorgt, dass man in Deutschland generell zu pessimistisch an den ESC und seinen Vorentscheid herangeht, meint unser Autor.
Ja, Deutschland hat zuletzt oft einstecken müssen beim ESC. Mitunter hatte man den Eindruck, es liegt nicht mal nur an den Songs, sondern man mag Deutschland generell nicht so gerne. Oft wurde auch hinterfragt, ob der NDR weiterhin den Vorentscheid quasi in Eigenregie durchführen sollte – diese Frage sollte und muss man sich durchaus stellen. Doch nicht alles ist gleich schlecht.
Isaak begeisterte das ESC-Publikum und bescherte Deutschland einen mehr als souveränen Platz
Im Jahr 2018 feierte man Michael Schulte fast ausufernd dafür, dass er den vierten Platz beim ESC geholt hatte. Tatsächlich kam nach Lenas Sieg im Jahr 2010 nicht mehr viel Gutes in der Punkteplatzierung, auch ihren zweiten Auftritt 2011 konnte man nicht wirklich als Erfolg verbuchen.
Immer wieder schickte Deutschland in den Folgejahren auch skurrile Acts, die teilweise drüber waren oder einfach zu “Standard”. Im Jahr 2022 schoss man dann den Vogel ab, als man die vielversprechende Band Electric Callboy gar nicht erst für den Vorentscheid zuließ.
Alles wird direkt madig geredet, wenn jemand beim ESC-Vorentscheid gewinnt
Mit einer gewissen Euphorie wird seitdem wirklich alles in Grund und Boden “gehated”, was beim ESC-Vorentscheid gewinnt. In diesem Jahr hatte man mit Isaak und seinem Song “Always on the run” allerdings zwar einen Popsong, aber einen starken Sänger, der vor allem durch seine Stimme mächtig Eindruck machen konnte in Malmö. Nach seinem Auftritt im Halbfinale feierte man ihn quasi.
Die Stimmung nach seiner Wahl beim Vorentscheid war aber mehr als verhalten. Dabei hatte er bereits Erfahrungen bei anderen Castingformaten und war als Sympathieträger schon zuvor aufgefallen. Trotzdem redeten viele ihn madig – oft im Hintergrund zu ihrer Kritik am Vorentscheid generell. Doch die Kritik am Durchführen des Vorentscheides ist ein anderes Blatt.
Man kann den Vorentscheid auch falsch finden und trotzdem zumindest ein gutes Haar an den Künstlern lassen, die durch ihn gewählt werden. Insbesondere dann, wenn sie sich eben doch als vielversprechend herausstellen.
Deutschland hat durchaus gute Chancen beim ESC
Der 12. Platz dieses Jahr liegt im besseren Mittelfeld, und wie von uns vorausgesagt in der Nähe einer Top 10-Platzierung. Hier gibt es nichts zu Meckern, die Konkurrenz in diesem Jahr war durchaus stark. Und es hat sich einmal ganz klar gezeigt – hier wird nicht gegen Deutschland gevotet, sondern durchaus auch für uns. Auffällig war natürlich, dass die meisten Punkte von den Jurys kamen – nur 18 gab uns das Publikum.
Es gibt zu Recht auch viel Kritik an den Jurys und ihrer Macht in der Punktevergabe, doch dieses Signal darf man durchaus einmal positiv aufnehmen. Solide Performance und eine gute Stimme können eben doch gut ankommen. Auf der Bühne hätte man zwar durchaus mehr machen können, möglicherweise mit dem Ergebnis, dann auch mehr Punkte aus dem Publikum zu bekommen, aber beschweren kann man sich da eher weniger!
Vielleicht ist es abseits der Forderungen nach einer Veränderung des Vorentscheids auch mal an der Zeit den ewigen Pessimismus in Bezug auf den ESC beiseite zu legen. Den eigenen Kandidaten permanent zu shittalken, auch wenn er gut ist, macht die Sache nämlich nicht besser. Und hinterlässt übrigens in den internationalen Kommentarspalten auch für andere Länder den Eindruck, dass hier ein schlechter Song antreten würde.