Wer die zwei ersten Filme “Der Vorname” und “Der Nachname” gesehen hat, kann das ungefähre Konzept des nun dritten Films “Der Spitzname” von Sönke Wortmann wohl schon erahnen. Eine Familie bekommt sich, ganz zeitgeistgemäß, in die Wolle und setzt damit ihre bisherigen Diskussionen fort. Diesmal jedoch nicht konzentriert in nur einer Szene, sondern in mehreren Tagen vor der Hochzeit von Anna und Thomas. Es kommt mal wieder einiges auf den Tisch. Ob die Beziehung bis zum Traualtar bestehen kann?
Mit Cajus und Antigone, den Kindern vom nun Ex-Hochschulprofessor Stephan Berger (Christoph Maria Herbst) und Elisabeth Berger-Böttcher (Caroline Peters), kommen zudem zwei neue Charaktere ins feste Ensemble der Familie hinzu.
Der Höhepunkt des Films liegt zwar hoch in den Alpen, aber eher tief, wenn es um seine Dramaturgie geht
Im Film ist Tochter Antigone auch schnell mit dabei, wenn es darum geht, den anderen Dinge an den Kopf zu werfen. Sie soll wohl so etwas wie den woken Zeitgeist darstellen, der ausschließlich und nur über Themen wie Empowerment, Benachteiligung und das Patriarchat spricht. Das ist zwar ein bisschen sehr eintönig, aber die Rollen sind auch hier fester denn je im Vorhinein verteilt. An Tiefgründigkeit mangelt es deshalb leider.
Wie üblich kommt während der gemeinsamen Zeit einiges auf den Tisch. Viele der Konflikte sind für den Zuschauer entweder direkt ersichtlich oder entstehen im Laufe der ersten Stunde, um schließlich in einem Höhepunkt in der Seilbahn zu enden. So viel nehme ich direkt vorweg, lasse die genauen Ereignisse aber unerwähnt.
Diese Szene, in der die Dramaturgie in gewisser Weise gipfelt, ist jedoch zu kurz und nutzt ihr Potenzial nicht. Dafür, dass sich vorher alles hochsteigert, fliegen nicht wie erwartet die Fetzen, sondern das höchste der Gefühle ist ein aus dem Lift fliegendes Smartphone. Gerade weil der Film auf diese Szene hinausläuft, erwartet man einfach mehr als das.
Einige Gags sitzen, viele aber auch nicht
In “Der Spitzname” sitzen zwar einige Gags, viele tun es aber auch nicht. Wer die Zielgruppe ist, kann man durch den Humor jedenfalls gut feststellen – damit verspielt er als Familienfilm Potenzial und auch für seinen Langzeiterfolg. Ohne die ersten zwei Teile ist “Der Spitzname” jedenfalls nicht vorstellbar, allein wegen der vorherigen Geschichte, auf die hier kompliziert aufgebaut wird.
Das ist etwas, was Christoph Maria Herbst und die üblichen Verdächtigen mit “Ein Fest fürs Leben” durchaus besser hinbekommen hat. Doch wie schon “Alter weißer Mann”, versucht sich “Der Spitzname” eher an Identitätspolitik. Natürlich auch ein bisschen Cancel Culture und eine Prise Aktivismus. Einfach etwas von allem, aber ohne eine wirklich neue Perspektive aufzubringen oder diese Konflikte auf einer Metaebene zu entschärfen oder zumindest weiterzudenken.
Vorname, Nachname, Spitzname: Wie geht es denn noch weiter?
Der literarische Anspruch bleibt so einzig und allein beim Ex-Hochschulprofessor Berger hängen, der hier und da eine schlaue Phrase einmischt. Jeder spielt seine feste Rolle, ob Influencer, Aktivistin, Vermittlerin oder wasauchimmer. Die Gagdichte nimmt gleichzeitig ab, was dafür sorgt, dass man sich fragt, wofür es den dritten Teil denn dann überhaupt gebraucht hat.
Denn “Der Spitzname” beschäftigt sich nicht einmal mehr wirklich außer oberflächlich und maximal im Hintergrund mit einem Spitznamen. Zwar ging es auch in den anderen Filmen um mehr als nur Namen, aber immerhin waren diese die Basis. Irgendwie scheint dieses Konzept aber am Ende zu sein und eine neue Idee hat es nicht gegeben.