Vor etwa zwei Wochen publizierte das ZDF Magazin Royale am 05. November 2021 statt einer normalen Folge ein Musical, das die Ereignisse des 10. Mai 1991 in Halle darstellen sollte. In rund 30 Minuten präsentiert man damit etwas, das man sonst selten bis gar nicht im ZDF sehen darf: Ein satirisches Musical. Eine Seltenheit, im Fernsehen, aber auch Internet – Was hatte man zu bieten?
Ich muss hierbei zugeben, dass ich mir das ganze Musical jetzt schon mehrfach angesehen habe, das macht meine Meinung jetzt nicht valider als andere, trotzdem zeigt es vielleicht etwas, wie begeistert ich von dieser hohen Kunst bin. Denn etwas anderes kann man gewiss nicht sagen, wenn man dieses politische Musical, das sich selbst nicht allzu ernst nimmt, schaut. Etwas, das ich mir lange gewünscht habe und das nun tatsächlich in einer Form umgesetzt worden ist.
Mehrere Storylines verfeinern das Erzählte
Vor allem interessant fand ich den Ansatz eine Liebesgeschichte mit dem Musical zu verbinden – denn damit parodiert man in einem auch noch andere Musicals, kann aber auch gleichzeitig Ost und West repräsentieren, die trotz der teilweise nicht optimalen Vorfälle zusammenwachsen. Ein Bodyguard von Helmut Kohl und ein Juso aus der DDR ist schließlich auch eine spannende Geschichte. Zusammen mit den feschen Texten sorgt das für eine schöne Hintergrundgeschichte, die das Erzählte zusätzlich ausschmücken.
Wenn man dem Team Vertrauen schenkt, erfuhr man zudem, dass man sogar lieber ein noch längeres Musical gemacht hätte, die Sendezeit aber eben nur 30 Minuten betragen würde, weshalb man es auf etwa 27 Minuten beschränken musste. Vielleicht liegt es genau daran, dass man sich keine Sekunde langweilen muss, es immer etwas zu sehen gibt und einem das gesamte Projekt damit schon fast zu kurz erscheint, aber schon noch im positiven Sinne. Hier wurde nichts künstlich gestreckt.
Musik und Texte sind Ohrwürmer
Schon beim ersten Hören fällt jedoch auch auf, wie musikalisch genial das Musical aufgebaut ist. Es gibt zwar ein paar kleinere Audio-Probleme, die man wahrnehmen kann, wenn man ganz genau hinhört und ein gutes Ohr hat, um diese soll es aber gar nicht gehen, denn alles in allem wurde hier etwas beeindruckend gutes abgeliefert.
Besonders gefallen haben mir hier die Szenen mit Helmut Kohl, die von Sebastian Krumbiegel gespielt und gesungen worden sind, den man auch kaum wiedererkannt hat. Hier haben aber auch die Juso-Szenen einen großen Anteil an einigen Liedern, die im Kopf hängen bleiben.
Der Eierwurf von Halle nimmt sich selbst nicht so ernst – und profitiert dadurch ungemein
Einen großen Vorteil erlangt der Eierwurf von Halle aber dadurch, dass er ironisch bleibt und sich von dieser Ebene, auch wenn später mit Moral unterstrichen, nicht weit weg bewegt. Natürlich ist der Vorfall allein schon durchaus als witzig zu bewerten, da man es Ereignisse wie dieses nicht alle Tage gibt, schließlich ist Politik darauf ausgelegt ernsthaft zu sein und Fehler nicht vorkommen zu lassen – darauf sind Politiker wie Helmut Kohl schließlich auch eigentlich geschult.
Trotzdem zeigt der Eierwurf von Halle mit einigen Sprüchen auch, dass man hier kein normales Musical vor sich hat. Mit Zitaten wie “Scheiß Kapitalist! Ich kriege übrigens noch Geld für die Eier!” kritisiert man einerseits durch die Blume die Juso-Bewegung, sorgt andererseits auch für einen auflockernden Witz.
Auch, nachdem vorher gesungen worden ist, dass ein Juso sogar für rot morden würde, wird die Szene danach mit einem “Ich bin der Zottel und bin 2,04 Meter groß, bin nur wegen kostenloser Cola hier – bin überall dabei ‘und auch ein bisschen high'” wieder gelockert. Da es in diesem Fall auch “nur” um einen Eierwurf geht und einen Kanzler, der danach auf die Demonstranten losläuft, um sich ihrer persönlich anzunehmen, machen die Witze auch alle Spaß beim Zuschauen.
Fazit
Insgesamt kann ich nur zu dem Ergebnis kommen, dass hier ein wirklich gelungenes Musical herausgekommen ist, von dem man sich nur mehr wünschen kann. Auch wenn so eine Produktion natürlich ewig dauert, weil alles vorher komponiert, produziert oder sogar aufwendig gefilmt werden muss (einige Szenen waren das ja deutlich), ist es das, was der deutschen Medienlandschaft leider oft noch fehlt.
Wer sich das Musical einmal in voller Länge anschauen möchte, kann das auf YouTube oder in der ZDF-Mediathek kostenlos tun, da das ZDF Magazin Royale zu den Öffentlich-Rechtlichen gehört. Da die YouTube-Version wahrscheinlich länger online sein wird, habe ich diese hier auch verlinkt.