Mit schillernden Fanfaren, viel Pompon und einer vermeintlich selbsterfüllenden Prophezeiung startete „Deadpool & Wolverine“ diese Woche in den deutschen Kinos. Vieles steht auf dem Spiel, denn die aktuellen Zahlen für Marvel sind sicherlich nicht so rosig, wie es sich so manch Disney-Doktrinär wohl wünschen würde. Wird es dem selbsternannten Marvel-Messias gelingen, das Blatt zu wenden und dem MCU neues Leben einzuhauchen?
Wer hoch steigt, kann auch tief fallen
Was war das nur für eine Meldung? Gleich binnen der ersten 24 Stunden generierte der Trailer zu „Deadpool & Wolverine“ 365 Millionen Aufrufe: ein Rekord! Dementsprechend erwartungsvoll fiebern Fans seit Monaten auf den Kinostart der beiden Popikonen hin, doch nun hat das Warten ein Ende.
Bereits innerhalb der ersten Sekunden zaubert einem die Comic-Adaption mit seiner selbstironischen Manier ein breites Grinsen ins Gesicht. Diese Gangart erhellt das Klima über die gesamte Laufzeit des komödiantisch aufbereiteten Epos und bereitet eine subtil heitere Grundatmosphäre.
Fans werden feucht bei Deadpool & Wolverine
Auch jenseits des für Deadpool üblichen wortwitzigen Jargons und der nahezu konstant niederprasselnden Pointen brilliert der Film vor allem durch seinen Fan-Service. Doch das hat seinen Preis. Gefühlt an jeder Ecke der Geschichte erkennt man Handlungselemente, die mehr oder minder in den Film „hineingeschoben“ wurden, nur um den nächsten Schock-Moment der Die-Hard-Fans herauszukitzeln. Teilweise klappt das, teilweise auch nicht. Fakt ist, viele Jünger des Satire-Superhelden und des personifizierten Bienenstichs werden mit Garantie ins Nirvana befördert.
Andere könnten hierbei allerdings auf der Strecke bleiben. Insbesondere zur Mitte des Bewegtbild-Spektakels zeichnet sich eine nahezu melodramatische Monotonie ab, die immerhin zum Glück von nur äußerst kurzer Dauer ist.
Die Inszenierung und die visuellen Effekte sind gewohnt auf hohem Niveau. Man merkt, dass Marvel für den Antihelden-Blockbuster den Geldhahn großzügig laufen gelassen hat, zumindest wirkt das so. In puncto Kinematografie steht „Deadpool & Wolverine“ seinen Vorgängern in nichts nach und bietet das erwartete Upgrade, das man durch die Disney-Übernahme erhofft hatte.
„Deadpool & Wolverine“ – Fazit
„Deadpool & Wolverine“ ist die erfrischende Oase in der langen Durststrecke der MCU-Phase 4. Nach vielen herben Enttäuschungen schafft es Marvel endlich wieder einen grundsoliden Film auf die Kinoleinwand zu bringen, wobei markante Makel trotzdem klar ersichtlich sind. Oft fragt man sich während der Spieldauer, was denn überhaupt das übergeordnete Narrativ sei, abgesehen von der obligatorischen Einführung der beiden ehemaligen Fox-Figuren ins MCU. Ich sag’s euch: Es gibt keins.
Trotz eines kongruenten, logischen Handlungsstrangs wirkt die Fassade meist lose und bedeutungslos. Fast so als würde systematisch eine Bucketlist abgearbeitet werden, um in einem ziemlich überwältigenden Finale zu enden.
Im Kontrast dazu stehen Action und Humor, die in nahezu jeder Sekunde zweifellos unterhalten und das Highlight der Happy-Reunion widerspiegeln. Allemal die spontanen Bereicherungen des ADHS-Akolythen sind kreativ und abwechslungsreich und vermögen einen zum Lachen zu bringen.
Summa summarum ist „Deadpool & Wolverine“ ein amüsanter Kinofilm, der das verstaubte Marvel seit langer Zeit wieder mal glänzen lässt. Nichtsdestotrotz zeigt dieser eindeutige Schwächen und eine vergessenswerte Story, die abgesehen von Fan-Service kaum was zu bieten hat. Der Marvel-Messias schert aus und fängt das Publikum. Für die Kinokassen sicherlich eine Punktlandung. Auch für das MCU? Mit etwas Biegen und Brechen – ja.