Zwischen Ende Mai und Anfang Juni fand für wenige Tage in Erlangen der beliebte Comic-Salon Erlangen statt. Unser Autor Julian war dabei und hat in einem Nachlese-Bericht die Ereignisse der Tage Revue passieren lassen.
Wie im Vorfeld angekündigt, habe ich mich nach langem Überlegen auf die Reise zu meiner ersten Comic-Convention gemacht. Die Aussicht darauf, sowohl Zeichnerlegenden als auch einige meiner Comicfan-Freunde zu treffen, war am Ende zu verlockend.
Um die Kosten nicht allzu sehr in die Höhe zu treiben, entschied ich mich, nur drei der eigentlich vier Comicsalon-Tage mitzumachen, also den 31. Mai, 1. Juni und 2. Juni. An der Stelle ein Tipp an alle Lesenden – früh Hotel buchen heißt sparen! Aber die Entscheidung fiel halt relativ spät.
Freitag – Zu viel Stress
Das Wetter war die ganze Zeit über ziemlich schlecht, was die Stimmung zunächst aber nur ein bisschen trüben konnte. Bereits bei der Anfahrt nach Erlangen sah man Comicfiguren auf Taschen, Shirts und so weiter. Das Ereignis wurde auch groß beflaggt:
Mein Hotel war ein Stück weit abseits vom Gelände, und da ich zuerst meine verschwitzten Kleider wechseln musste, dachte ich, dass ich ein wenig Zeit dort verbringen könnte. Allerdings merkte ich bald, dass diese drei Tage tatsächlich einiges an Stress bedeuten würden. Denn der Bus, den ich eigentlich hätte nehmen müssen, um noch rechtzeitig zur Signierstunde von Giorgio Cavazzano da zu sein, war abgefahren und der nächste ließ auf sich warten. Also hieß es zu Fuß gehen, und als ich dann am Gelände ankam, waren bereits alle Signiertickets vergeben. Und damit nicht genug: Ich hatte bereits entschieden, mich am Samstag einfach möglichst früh in die Warteschlange zu stellen.
Doch am Egmont-Stand wurde mir mitgeteilt, dass man sich entschieden habe, den Modus zu ändern, weil der Andrang eben so riesig war. Anstatt dass einfach diejenigen, die zuerst in der Schlange standen, die Tickets bekamen, sollte stattdessen GEWÜRFELT werden! Ich sah bereits meine Chancen auf ein Cavazzano-Autogramm dahinschwinden. Für LTB-Coverzeichner Andrea Freccero gab es noch Tickets, also holte ich mir stattdessen von ihm ein paar Unterschriften und eine Zeichnung eines Evronianers. Leider auch hier ein Wermutstropfen: Zwar hatte ich in weiser Voraussicht einen Edding mitgebracht und Freccero sogar angeboten, der signierte aber lieber mit seinem eigenen Stift – der auf einem mit Folie beschichteten Heft und einem Poster, welches ich von meinem lokalen Kioskbesitzer geschenkt bekommen hatte, nicht haftete.
Positiv dagegen die vielen Begegnungen mit befreundeten Fans wie Luis Bärenfaller (der mir eine Ausgabe seines selbst gestalteten Comics “Rocky & Pebbles” schenkte!), Entenfan & Lucky vom Podcast “Die Drei Comic-Caballeros”, David Bühring und Bertel-Express-Gründer Karsten Bracker. Mit Luis und David ging ich dann auch abends noch einen Happen essen. Zudem durfte ich am Egmont-Stand auch u.a. die Bekanntschaft von Christoph Bergholz (Ehapa-Marketing) und Fabian Gross machen. Der Redakteur der Egmont Comic Collection, für tolle Veröffentlichungen wie die Floyd Gottfredson Library verantwortlich und ein sehr angenehmer Mensch, posierte auch gerne mit dem jüngst erschienenen Donald-Jubiläumsband für ein Foto:
In der Halle gab es auch einen Stand der Sammlerecke, bei dem ich ein paar gebrauchte 100-Seiter erstand, und Originalzeichnungen von Zeichnern wie Alessandro Gottardo oder Don Rosa – mir dann doch deutlich zu teuer, aber zumindest einen signierten Druck von Rosa wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Was ich auch bereits an diesem Tag merkte, war, wie unglaublich groß das Angebot beim Comicsalon doch ist. Ich hatte fast die ganze Zeit in Halle A verbracht, am oder in der Nähe des Egmont-Standes. Aber es gab ja noch so viel mehr: Halle B, Halle C, Schlossgarten, und dann noch Ausstellungen in mehreren Locations.
Samstag – Ein pickepackevoller Tag
Da ich den eigentlich für Freitag geplanten Cavazzano-Termin jetzt unbedingt am Samstag erledigen musste – immerhin die letzte Chance bei diesem Comicsalon, eine Zeichnung vom Großmeister aus Venedig zu ergattern – war ich so früh vor Ort, dass die Türen von Halle A noch gar nicht geöffnet waren. Zudem war der Zeitplan sagenhaft absurd gelegt: Um Signiertickets für die Disney-Zeichner zu bekommen, musste man mindestens eine Stunde vorher am Stand anwesend sein. Nur lief ja ab 11 Uhr im Kollegienhaus die Gesprächsrunde mit den vier italienischen Zeichnern, die Luis und ich daher nur teilweise verfolgen konnten, bevor wir uns wieder durch den vom vielen Regen aufgeweichten Schlossgarten zurück zu Halle A machten.
Das Gespräch zu 90 Jahren Donald Duck war durchaus interessant, aber leider nicht ganz so erhellend wie möglich. Bei den vorgefertigten Fragen lief es noch gut, aber bei der Übersetzung der Antworten oder auch Fragen aus dem Publikum merkte man, wie die Moderation mit dem Italienischen kämpfte. Einige Witze der Zeichner, die von den italienisch sprechenden Publikumsteilnehmern mit Lachern quittiert wurden, gingen gleich völlig unter. Nicht ohne Grund meinte Luis, dass er das besser hätte machen können. Irgendwann ergriff dann Giada Perissinotto die Initiative und unterhielt sich stattdessen mit dem Moderator auf Englisch, sie dolmetschte dann für ihre drei männlichen Kollegen. Das lief dann tatsächlich ein bisschen besser.
Und ich hatte erstaunlicherweise Glück: Mein lieber Freund Enti, der bereits am Donnerstag eine Zeichnung von Cavazzano ergattert hatte, würfelte für mich mit und warf doch tatsächlich eine Sechs! Dass er mir das so erspielte Ticket gab, war wirklich nett. Cavazzano gab mir die Hand und erklärte, dass er nur in Bücher zeichnen würde. Zum Glück hatte ich meinen “Micky Maltese”-Band dabei und nach ein paar zu ausgefallenen Wünschen (Tabea Trifftig, Spectaculus) bekam ich einen herrlichen Goofy in das Buch gezeichnet.
Auch wenn es zeitlich knapp wurde, schaffte ich es auch noch an ein Ticket für Lorenzo Pastrovicchio, der mir einen tollen Plünderer zeichnete, und später auch noch dessen Partnerin Giada Perissinotto (die sich bei ihrem Bild von Donald und Marbella besonders viel Mühe gab). Damit hatte ich entgegen meiner Befürchtungen doch noch alle vier Italiener am Egmont-Stand abgearbeitet. Blieben nur noch die beiden deutschen Urgesteine, die am Sonntag (im Gegensatz zu den Italienern) noch anwesend waren.
Eines der beiden Urgesteine war der omnipräsente Ulrich Schröder, der zwei Mal seine Präsentation hielt. Thema: Wie zeichnet man Donald, Dagobert, Micky & Co.? Schröder versetzte uns in Staunen angesichts seiner bemerkenswerten Schnelle beim Zeichnen, und ich war vermutlich nicht der Einzige, der Schwierigkeiten hatte, mitzuhalten. (Bleistifte wurden kostenlos ausgegeben.) Die Schwierigkeiten nahmen aber auch noch andere Formen an. Der Schlossgarten ist eigentlich eine schöne Location – aber nicht bei dem Wetter. Als der Regen loslegte, drängelten wir uns alle auf die Bühne und versuchten, im Stehen zu zeichnen. Man kann nur hoffen, dass niemand Platzangst hatte…
Den Abend beschloss ein Film – immerhin hatte ich ja die Eintrittskarte mit Kino gebucht, und so ging es in den japanischen Zeichentrickfilm “Lupin III.: Das Schloss des Cagliostro” von 1979. Fantasievoll, actionreich und natürlich hervorragend gezeichnet, dürfte mir der Streifen noch lange in Erinnerung bleiben.
Sonntag – Entspannt bis zur Erschöpfung
Am letzten Tag des Comicsalons wollte ich nun endlich mal den Rest der Ausstellungsorte besuchen und mir noch einen etwas besseren Eindruck der Stadt machen. Erlangen ist ja schon ziemlich schön, aber dadurch, dass es die meiste Zeit regnete und ich fast dauernd in Halle A stand, hatte ich bis dahin sehr wenig davon gesehen.
Zu den Nicht-Disney-Künstlern, die ich treffen durfte, gehört Franci Nevada mit den markanten zweifarbigen Haaren – zufällig im gleichen Hotel wie ich und wir kamen am Frühstück ins Gespräch. Später landete ich dann zufällig vor ihrem Stand und konnte nicht umhin, etwas bei ihr zu kaufen.
Der Zeichenworkshop wurde sinnvollerweise vom Schlossgarten in das Kollegienhaus verlegt. Ironischerweise war das Wetter zu diesem Zeitpunkt wieder deutlich besser geworden. Die Idee sprach vor allem Kinder an, aber auch ich hatte meinen Spaß mit der Herausforderung, einen Comic in vier Panels zu erfinden.
Am Disney-Stand konnte ich Ulrich Schröder breitschlagen, dass er mir neben einem Micky (für den Goofy-Band der Egmont Comic Collection) noch eine Dagobert-Zeichnung für meinen italienischen Freund Simone Cavazzuti anfertigte. Von Jan Gulbransson ließ ich mir Daniel Düsentrieb zeichnen.
In Halle C traf ich schließlich auch noch einen Disney-Künstler abseits des Egmont-Standes, nämlich Francesco Barbieri. Bislang hat er zwar wenig für Disney gezeichnet (hauptsächlich Einseiter wie in LTB 497, 500 oder Halloween 3), aber ein Blick auf sein Portfolio zeigte, was für Qualitäten dieser Zeichner besitzt. Und so kam ich endlich auch noch dazu, eine Zeichnung von meinem Lieblingsschurken Spectaculus zu bekommen. Der Vorteil davon, dass er seinen eigenen Stand hatte, lag darin, dass es keinerlei Zeitdruck gab und er über die ganze Zeit der Ausstellung für Zeichnungen zur Verfügung stand. Bezahlt wurden diese in bar, nicht dadurch, dass man ein Buch kauft – was irgendwie auch Sinn ergibt. Und weil mir seine Arbeit so gut gefiel, habe ich auch noch eine ausgestellte Zeichnung von ihm erstanden.
Zu den eher kuriosen Funden auf diesem letzten Tag gehörten Stände mit ziemlich expliziten Bildern und – besonders interessant – der Buchrollen-Verlag. Es gibt offenbar nichts, das es nicht gibt. Von den Ausstellungen konnte ich zumindest eine zu “Katzenjammer Kids” (einer der ältesten Comics überhaupt) und dem Krieg gegen die Ukraine besuchen. Außerdem verbrachte ich noch ein wenig Zeit im Botanischen Garten und schaute die Frösche an. Ein drohendes Gewitter hielt mich von weiteren Spaziergängen ab. Aber auf die Comicbörse musste ich natürlich auch noch gehen, um ein paar Löcher in meiner LTB-Sammlung zu stopfen. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits ziemlich erschöpft und hatte auch definitiv genug zu schleppen.
Die Rückreise schließlich gestaltete sich äußerst schwierig. Meine DB-Navigator-App informierte mich fast eine Stunde vor der geplanten Abfahrt, dass meine Zugverbindung ausfallen würde und ich stattdessen eine Alternative nehmen müsste, die später abfuhr. Soweit, so gut – auch wenn damit meine Sitzplatzreservierung hinfällig wurde, bedeutete es immerhin, dass ich den schönen Abend noch ein wenig länger in Erlangen genießen konnte. Die Züge waren natürlich heillos übervoll und mit meiner Reisetasche und mehreren weiteren Taschen voller Comics wurde die Fahrt zu einer Herkulesaufgabe. Aber nach drei Umstiegen schließlich war die Fahrt dann zu Ende, weil ein Teil der Strecke durch die Regenmassen unterspült wurde und daher gar keine Züge mehr fuhren.
In meinem Kopf ratterte es. Hotelzimmer für eine Nacht? Ergab für mich wenig Sinn, weil ich nicht wusste, ob die Strecke denn am nächsten Tag wieder befahrbar sein würde. Zudem hatte ich bereits zwei Nächte im Hotel zugebracht und wenig Lust auf noch eine. Nein, ich musste irgendwie den defekten Streckenabschnitt überbrücken. Es fanden sich zum Glück ein paar weitere Mitfahrer und so nahmen wir uns zusammen ein Taxi. Der Taxifahrer verlangte Vorauszahlung in Bar, weshalb sowohl ich als auch einer meiner Mitfahrer zunächst an einer Bankfiliale Halt machen mussten. Außerdem war einer der Mitfahrer offenbar ein Geflüchteter mit nicht genug Geld in der Tasche, ein weiterer war so betrunken, dass er weder uns verstand noch wir ihn, und der Taxifahrer hatte kein Navigationsgerät und musste prompt auf der Straße wenden! Aber irgendwie ging am Ende doch alles halbwegs gut und ich war vor Mitternacht zu Hause. Drei Stunden später als geplant, aber besser so, als irgendwo in einer fremden Stadt gestrandet.
Im Eifer des Gefechts habe ich dann auch noch vergessen, den Taxifahrer nach einer Quittung zu fragen, was nicht gerade hilfreich war beim Geltendmachen meines Anspruchs bei der Bahn; einen Teil des Kaufpreises bekam ich schließlich trotzdem erstattet.
So endete ein eigentlich erfreuliches Wochenende schließlich mit einer ziemlich verkorksten Rückreise und einem mächtigen Muskelkater.
Trotz allem: Die Reise war den Aufwand durchaus wert. Werde ich in Zukunft wieder auf eine Convention gehen? Das hängt davon ab. Es müssten schon wieder einige Schwergewichte anwesend sein. Besonders würde ich mir natürlich wünschen, Casty treffen zu können. Christoph Bergholz äußerte mir gegenüber Schuldgefühle, da er Casty versprochen hatte, dass er die meisten Maus-Cover für deutsche LTBs zeichnen dürfe (siehe LTB Premium 36 oder Maus-Edition 19), deren Zahl aber sehr spärlich ausfällt – und nach der Einstellung der Maus-Edition wird es noch weniger davon geben wird als ohnehin schon.