Nachdem es vergangene Woche in der Silvesternacht insbesondere in Berlin zu Ausschreitungen kam, diskutierte man darüber am heutigen Tag auch im ARD Presseclub. Hierbei kam jedoch eine recht kuriose These auf, die an Diskussionen aus alten Tagen erinnert, die schon fast ganz vergessen gewesen waren. Nun kommt sie jedoch wieder hoch: Die Killerspiel-Debatte.
Welche kuriosen Erklärungen, so weit hergeholt sie auch sein mögen, für die Ausschreitungen in Berlin herangezogen werden, ist in der vergangenen Woche bereits einigen aufgefallen. Medial wurde das Thema heiß diskutiert, während sich die Fronten zunehmend verhärteten. Die neueste Theorie hat es jedoch indessen in sich.
Eva Quadbeck vom Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) im ARD Presseclub
Im auf Phoenix ausgestrahlten ARD Presseclub erklärt Eva Quadbeck aus dem Hauptstadtstudio des RND jetzt nämlich, man dürfe, wenn man von „Enthemmung“ spricht, nicht außer Acht lassen, „welche Videospiele gespielt werden“, „und mit welchem Realismus Menschen sich dort gegenseitig abschlachten“. Das würde auch dafür sorgen, dass man in der Realität nicht mehr den Realismus sähe, wenn man auf der Straße auf Polizei und Rettungskräfte losgeht.
Für Quadbeck ist das, laut eigener Aussage, keine Entschuldigung, aber eine Erklärung. Sie bringt damit die lange für verschollen geglaubte Killerspiel-Debatte über Videospiele wieder hoch, die bereits seit den 1990er-Jahren immer wieder in einigen Medien zu finden war. Ihr Einwurf ist jedoch nicht ganz unproblematisch und längst widerlegt.
Videospiele sind gefährlich, haben diese mit der Silvesternacht in Berlin zu tun? – Die Killerspiel-Debatte
Besonders junge Männer würden demnach oft solche Spiele spielen, wie auch solche, die ja in der Nacht sehr aufgefallen waren, als sie Raketen auf Passanten schossen, die Einsatzkräfte behinderten und auch ansonsten für einige Menge Probleme im ganzen Land sorgten. Unabhängig von den Tätern ist es jedoch relativ einfach, diese These schnell wieder auszuschließen – denn sie ist bekannt. Steigern Videospiele tatsächlich die eigene Aggression und lassen Täter den Realismus verlieren?
Wie bereits der Standard berichtete, ist die Aggressionsbereitschaft in Ländern prozentual, in denen Killerspiele sehr verbreitet sind, aber weitaus geringer. Nutzer, die solche Killerspiele spielen, fielen demnach weniger auf als solche, die dies nicht taten. Trotzdem ist das Killerspiel-Argument, zuletzt wohl, als das Spiel „Fortnite“ extrem populär wurde bei jungen Spielern, gerade in der Politik immer noch extrem beliebt, wie sich nun auch erneut zeigte.
Dass es kaum Widerspruch für eine derartig aus der Zeit gefallene These gibt, verwundert deshalb. Wie der Standard 2018 schrieb, wäre dieses Argument nicht selten ein „Ablenkungsmanöver“ bei der eifrigen Suche nach Ursachen. Bei Quadbeck handelt es sich natürlich jedoch um eine Journalistin, keine Regierungssprecherin. Deshalb verwundert es fast noch mehr, dass sie diese Erklärung in den Ring wirft.
Killerspiel-These für Silvesternacht nicht haltbar
Die aufgestellte These, Videospiele könnten ein möglicher Grund sein für die Ausschreitungen, ist entsprechend von der Hand zu weisen. Natürlich können Videospiele in einzelnen Fällen zu Problemen führen, jedoch nicht in diesem Ausmaß und auch nicht als tatsächlich ernsthafter Grund. Damit sind Videospiele auch keine mögliche Erklärung.
Wieso man sich auch heute noch festfährt in Theorien, die seit Jahrzehnten widerlegt sind und bereits aberhunderte Male durch die Presse gewandert sind, dürfte jedoch erst einmal unklar bleiben. Ganz zu Anfang war diese Meinung noch der Konsens, mittlerweile sah es so aus, als hätte sie sich ausgebürgert – kommt es jedoch zu Problemen und Situationen wie in Berlin an Silvester, scheint man die Debatte doch immer wieder gerne aufzufahren. Das macht sie jedoch nicht richtiger.