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LTB Maus-Edition 6 – Einsatz für Micky und Gamma 9

LTB Maus-Edition 6 – Einsatz für Micky und Gamma


LTB Maus-Edition 6 – Einsatz für Micky und Gamma 10

EVT: 10.4.2015, 332 S., EVP: 6,50 €

Das Cover stammt von Carlo Limido und gehört zur ersten Geschichte. Das ist gar nicht schlecht, allerdings hätte mir persönlich das Casty-Cover zu “Tutors Welt” noch besser gefallen: Limidos Bild ist aber wohl reißerischer als das Bild einer UN-Vollversammlung und wurde daher wohl als verkaufsfördernder betrachtet.

 

Der Multi-D-Drucker (EV)

 

Ein Schwerverbrecher aus der Zukunft namens Omega Omikron flieht vor der Polizei in die Vergangenheit. Dort stößt er bei einer Messe über 3D-Druck mit Gamma zusammen und setzt ihn außer Gefecht. Micky riskiert alles, um seinen Freund zu retten. Die beiden erhalten schließlich den Auftrag, Omikron im Entenhausen der Jetztzeit zu stellen. Der Kerl ist aber äußerst gerissen.


Verglichen mit dem, was noch kommt, mag die Eröffnungsgeschichte etwas untergehen, aber das sagt nichts über ihre Qualität aus. Alessandro Sisti hat eine für ihn sehr typische spannende Geschichte mit Sci-Fi-Elementen geschrieben, wie man sie auch von seinen Geschichten rund um den neuen Phantomias kennt, nur dass hier mit Micky und Gamma ganz andere Charaktere im Mittelpunkt stehen, was schon einen Großteil des Charmes ausmacht. Bedrückende und lustige Momente halten sich die Waage, und Carlo Limidos Zeichnungen – knallig wie immer – bringen das Ganze schön lebendig rüber.

Mittlerweile ist in Italien übrigens eine etwas kürzere Fortsetzung erschienen: https://inducks.org/story.php?c=I+TL+3269-6 Falls in der Maus-Edition ein weiterer Band über Gamma geplant ist, wäre die Geschichte ein (sorry für den Anglizismus) “No-Brainer”!

 

Ansturm der Erdler (EV)

 

Micky wird von Gamma besucht, der eine ganze Menge Außerirdischer im Schlepptau hat. Alles “Erdler”. Also nicht Erdlinge, sondern Mitglieder eines Erden-Fanclubs. Dieser Fanclub veranstaltet auch so etwas wie Schatzsuchen. In diesem Jahr ist der Sieger derjenige, der ein Dreirad von 1960 vorzuweisen hat. Micky und Gamma machen sich auf die Suche. Goofy will hilfreich sein, hat aber zunächst nur Chaos anzubieten…


Für mich eher eine Art Lückenfüller, wenn auch charmant und natürlich von Giorgio Cavazzano gut gezeichnet. Die Grundprämisse erscheint mir etwas weit hergeholt und letztlich auch ein bisschen langweilig. Interessanter sind die vielen kleinen Gags (besonders Goofy ist für ein paar Lacher gut – z.B. die Schneeschuhe). Andererseits habe ich von Cavazzano auch schon schönere (vor allem detailliertere) Zeichnungen gesehen, und die Außerirdischen gefallen mir optisch gar nicht.

 

Schneetreiben in Wildenbrunn (EV)

 

Micky, Gamma und Fips machen Urlaub in einer Berghütte oberhalb von Wildenbrunn. In dem Ort kennt jeder jeden und Micky ist auch bei allen wohlgelitten. Allerdings geschieht Seltsames: Trotz Sommer schneit es nachts über dem Bergdorf. Der Schnee ist noch dazu quittengelb. Und das Schlimmste: Wer damit in Berührung kommt, der mutiert zum unzivilisierten Höhlenmenschen! Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, schneit es in der Nacht erneut. Nun lernen die Menschen die Weltgeschichte neu, aber nicht so, wie wir sie kennen…

Abgründige Geschichte von Casty, der damit zum vorerst letzten Mal einen von ihm selbst erfundenen Superschurken eingesetzt hat, der von Geschichte zu Geschichte machthungriger wurde und hier seinen Zenit erreicht hat: Das Gedächtnis aller Menschen zu löschen und sich selbst durch diese Neuerfindung der Weltgeschichte zum Alleinherrscher zu krönen, ist ein wahrlich ungeheuerlicher Plan. Es ist so bedrückend, dass von einer lustigen Geschichte eigentlich keine Rede mehr sein kann. Dass der Comic dennoch unterhält, ist Castys Talent zu verdanken, Gags (auch auf der zeichnerischen Ebene) in großen Mengen abzufeuern. Dennoch tut es mir am Ende wirklich leid für die Dorfbewohner, die ihre gesamte persönliche Geschichte verloren haben (für den Bösewicht weniger).


Interessanterweise war es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in Italien Castys vierter selbstgezeichneter Disney-Comic und sein erster mit Gamma, das Epos “Die Welt der Zukunft” (LTB 427) war aber bereits vorher entstanden.

 

Der entführte Komet

(ursprünglich aus LTB 182)

 

Nur zwei Nachdrucke in diesem Buch – und zwar sehr gute, die noch dazu zusammenhängen und hier daher schön vereint werden.


Los geht es mit einem Überraschungsbesuch von Gamma bei Micky. Aber Mickys Freund ist traurig: Er hat sein kleines Kometenmädchen verloren. So erzählt er erst mal Micky die Geschichte davon, wie er nach einem Unfall in die Spiralwolke geriet und dort die kleinen Kometen in der Kometenschule kennen lernen durfte. Nachdem die kleine Beta sich allerdings eher als Störenfried erwies, durfte Gamma sie mitnehmen.

Tatsächlich findet die im Titel enthaltene Entführung zunächst gar nicht statt, und so dürfen auch Micky und Pluto Beta kennenlernen. Leider bekommt auch eine ziemlich gefährliche Person mit, was für Fähigkeiten der kleine Komet hat. Und so wird Beta dann tatsächlich entführt. Die Antagonistin ist so gerissen, dass sie Micky, Gamma und Pluto – die sofort zu Hilfe eilen – um ein Haar den Garaus gemacht hätte.

Fabio Michelini setzt gerne auf fantastische, übernatürliche Elemente, was man nicht unbedingt mögen muss. Hier funktioniert es aber sehr gut, und Massimo De Vitas Zeichnungen sind einfach nur perfekt. Gamma ist hier wieder Außerirdischer, aber das tut der Geschichte keinen Abbruch. Die Handlung ist spannend und gut aufgebaut. Kurioses Detail ist, dass man die Schurkin nie beim Namen kennenlernt. (Gleiches gilt aber auch für die Prinzessin aus “Der große Schlaf”, dem letzten Teil der Asgardlandsaga, ebenfalls von Michelini und De Vita…)


 

Der mysteriöse Doktor Ticktack (EV)

 

Im Park treffen Micky und Gamma einen verängstigten Jungen. Kurz darauf empfängt Gammas Hund Fips einen Notruf. Beide Spuren führen zu einem gewissen “Doktor Ticktack”. Nach außen hin präsentiert er sich als Arzt, der Verjüngungskuren anbietet. Allerdings gehen einige merkwürdige Dinge vor, und alle hängen mit dem “Immergrün” zusammen…

Für Castys Verhältnisse eine recht getragene Geschichte, was wohl daran liegt, dass er hier in erster Linie Zeichner war und als Autor lediglich den Plot von Enrico Faccini etwas umgeschrieben hat. Castys Zeichnungen werten das Ganze aber so stark auf, dass der Unterschied zu den Comics, bei denen die beiden umgekehrte Rollen eingenommen haben (z.B. “Entfesseltes Unglück” oder “Der Club der Gespenster”) umso stärker wirkt.

Insgesamt durchaus interessant. Aber das etwas arg gebremste Erzähltempo und auch die Tatsache, dass ein moralisches Problem am Ende gar nicht geklärt ist (die Filmstars etc. müssten ja eigentlich auch ihre Lebenszeit denen zurückgeben, denen sie gestohlen wurde) sorgen dafür, dass ich “Der mysteriöse Doktor Ticktack” nicht zu meinen Lieblingsgeschichten zähle.


Übrigens: Casty behauptet hier (und auch gleich in der nächsten Geschichte wieder), dass Gamma nicht verlobt ist. Frage mich dann aber, was das hier soll? https://inducks.org/character.php?c=EB%27s+fiancee

 

Der verschwundene Mond (EV)

 

Abstruses ereignet sich: Bei einer Mondexpedition stellen die Astronauten fest, dass der Mond aus Gummi ist. Na ja, nicht ganz. Offenbar handelt es sich um eine Kopie. Mit dem flugs von Gamma zum Raumschiff umgebauten Auto gehen Micky und Gamma auf die Suche nach den Monddieben. Dabei stoßen sie auf ein verzweifeltes Volk, das mit dem Mond den schrecklichen Planetenfresser Happs einfangen will, der bereits in ihrem Planetensystem gewütet hat…

Casty zum Dritten. Verglichen damit wirken Michelinis Kometenplots beinahe geerdet. Andererseits ist es leicht nachzuvollziehen, wieso die Geschichte in den USA (mit einem extra dafür von Casty angefertigten, ziemlich spektakulären Cover) so gut angekommen ist: Der spielerische, fast naive Umgang mit außerirdischen Themen (Micky wirkt hier deutlich kindlicher als bei De Vita) erinnert doch stark an die Zeitungsstrips aus den 1940ern, also die Ära, in der Gamma einst von Bill Walsh und Floyd Gottfredson eingeführt wurden. Da darf man sich dann auch nicht zu viele Gedanken rund um die genaue Umsetzung des “Happs-Konzepts” Gedanken machen, oder um die Tatsache, dass der Monddiebstahl ganz zufällig kurz vor einer neuen Mondmission stattgefunden hat. Sympathische und ebenso gezeichnete Geschichte, mit rührender Schlusssequenz – deutlich ernster werden dieselben Themen in “Tutors Welt” (s.u.), das in Italien nur wenige Wochen vorher erschienen war, behandelt.


Ein bisschen herummäkeln will ich aber am arg generischen deutschen Titel. Gegen das italienische Original “Eta Beta e il Buz pappapianeti” oder auch die US-Übersetzung “Plan Dine from Outer Space” stinkt “Der verschwundene Mond” doch ziemlich ab.

 

Kometenstreit im All

(ursprünglich aus LTB 201)

 

Micky und Pluto sind zu einem großen Fest eingeladen: Beta trifft endlich wieder die Kometen aus ihrer Klasse. Gamma bekommt aber mitten im Fest plötzlich Schüttelfrost. Offenbar droht Gefahr. Und zwar von einem anderen Kometenmädchen, der ziemlich zerrupft aussehenden Delta. Diese macht Beta für ihr ruiniertes Aussehen verantwortlich. Aber das ist nicht das einzige Problem: Der Lichtplanet YZ hat seine komplette Vegetation verloren. Kann Beta mit ihrem Zauberpulver da etwas ausrichten? Und was ist Deltas wahre Absicht?


Geschichten wie diese sind es, die für mich – lange vor Casty – die Faszination des Maus-Universums ausgemacht haben. Niemand zeichnet so herrliche Außerirdische wie Massimo De Vita, und auch an Michelinis vielschichtigem Plot gibt es wenig zu meckern. Die Vielzahl der beteiligten Figuren (auch Fips kommt wieder vor) macht es so lebendig und spannend, während viele kleine Details (z.B. Pluto, der seinen Rucksack voller Knochen füllt – was auch später noch mal aufgegriffen wird – oder ein Flöte spielender Komet) die Szenerie bereichern und zeigen, mit wie viel Liebe zum Detail die Künstler hier tätig waren.

Das Einzige, was mir negativ auffällt, ist die Tatsache, dass Micky und Gamma nach der Kollision in einem offenen Raumschiff durchs Weltall fliegen – was aber auch nicht so sehr ins Gewicht fallen würde, wenn nicht gerade das bei “Der verschwundene Mond” thematisiert worden wäre.

Ein paar Worte noch zur Namensgebung: Gamma heißt im englischen Original ursprünglich “Eega Beeva” (und futtert auch keine Mottenkugeln, sondern Kumquats – so viel zur falschen Übersetzung in anderen Ländern). Die Italiener machten daraus “Eta Beta”, was ziemlich ähnlich aussieht, allerdings kein US-Slang (“eager beaver”) mehr ist, sondern einfach zwei ausgeschriebene Buchstaben. Wie man dann darauf kam, daraus auf Deutsch “Gamma” (ebenfalls ein griechischer Buchstabe) zu machen, ist mir eher schleierhaft.


Nun erklärt sich aber auch die Namenswahl der Kometen: “Cometa Beta” klingt Gammas italienischem Namen ja sehr nahe.

Eine dritte, zugegebenermaßen etwas schwächere Geschichte rund um Kometenmädchen Beta (“Modische Kometenschweife”) ist auch schon im LTB erschienen, wäre also geeignetes Füll- bzw. Nachdruckmaterial für eine weitere Maus-Edition. Michelini hat Beta auch noch in einer Jubiläumsgeschichte verwendet, die aber offenbar leider nicht sinnvoll ins Deutsche übertragbar ist (es geht um die Suche nach der nie erschienenen Topolino-Ausgabe 1370).

 

Tutors Welt (EV)

 

Schlimme Zeiten für die Menschheit: Eine Tierart nach der anderen verschwindet komplett vom Planeten. Gamma kann sich dank seiner Sprachminze mit Tieren unterhalten, aber die wollen nicht mit ihm sprechen. Als Micky und Gamma erfahren, worum es geht, ist es schon beinahe zu spät. Beide riskieren ihr Leben bei einer abenteuerlichen Reise, und machen eine furchtbare Entdeckung…


Die Zusammenfassung fällt mir nicht leicht, weil die Geschichte erstens mit mehreren Rückblenden erzählt wird und ich zweitens nicht allzu viel spoilern will. Nur so viel: Spätestens hiermit hat Casty den Olymp der Disney-Autoren erklommen. Nach “Die Welt der Zukunft” und “Die Insel Niemalsnie” (LTB 495) war es sein drittes großes Epos, und auch wenn es ähnliche Themen behandelt, tut es das auf eine direktere und unmittelbarere Weise, die eindringlicher kaum sein könnte.

Dass ein paar Dinge etwas arg übertrieben (Micky spricht mit Pluto) bzw. vereinfacht wirken, will ich Casty nicht vorhalten, denn hier geht es um das große Ganze. Und das wird (leider) wohl in absehbarer Zeit nicht an Relevanz verlieren.

Fazit:


Es gibt auch schlechte Geschichten mit Gamma. Die fehlen hier aber vollständig. Die durchgehend hohe Qualität der Comics zeichnet dieses Buch aus. Mit Casty (gleich viermal!), Massimo De Vita und Giorgio Cavazzano (leider nicht mit einer seiner stärksten Arbeiten) dominieren drei Top-Künstler den Band. Insgesamt ein heißer Kandidat für mein Insel-LTB.

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Spectaculus

Ich lese Comics, seit ich denken kann - oder vielleicht sogar noch länger.
Ansonsten bin ich ein großer Musikfan und mache mir ständig Gedanken über alles und jeden.

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